HISTORICAL WEIHNACHTEN Band 02
bloße Bittstellerin ihrer Cousine nicht dankbar genug zeigte, diente ihr die langweilige und einsame Arbeit als Buße.
Alan und Honoria wollten sie hier nicht so, wie sie war. Sie musste sich ändern und demütiger werden. Als es Zeit zum Abendessen wurde, waren ihre Nerven so dünn wie der Schleier, den sie über ihre kupferfarbenen Zöpfe legte.
Juliana überzeugte sich davon, dass das Gewand, das sie trug, ihrem Cousin und seiner Gattin keine Schande bereitete. Dass sie in dem hellgelben Kleid mit dem bernsteinfarbenen Surkot aus Brokat vielleicht einen weiteren bewundernden Blick des Ritters auf sich zog, der hier zu Besuch weilte, spielte bei ihrer Wahl jedoch keine Rolle.
Sie schlang einen flachen, bestickten Ledergürtel um ihre Hüften und schlüpfte in ihre weichen, braunen Schuhe. Als letzten Schmuck steckte Juliana sich ihre geliebte, von allen bewunderte Smaragdbrosche an, das einzige Erinnerungsstück, das ihre Mutter ihr hinterlassen hatte.
Wenn sie sich so gut wie möglich kleidete, half es ihr, ihren verletzten Stolz wieder aufzurichten. Jedenfalls redete Juliana sich ein, dass dies allein der Grund dafür war. Allerdings besaß sie außer feinen und teuren Kleidern nichts. Die aufpolierten Hofgewänder ihrer Mutter, nur drei an der Zahl, und das filigrane Schmuckstück aus Gold und Smaragden war alles, was ihr geblieben war, um ihre Würde zu wahren.
Tatsächlich war es alles, was ihr überhaupt geblieben war.
2. KAPITEL
Sehr zu Julianas Bestürzung zog ihr spätes Erscheinen beim Abendessen die Aufmerksamkeit aller auf sich. Sie hatte gehofft, sich unbemerkt in den Saal stehlen zu können. Stattdessen erhob sich Ian Gray und begrüßte sie überschwänglich.
„Ah! Wie böse von Euch, uns so lange auf Euren Anblick warten zu lassen! Kommt und setzt Euch neben mich. Ich trinke Eure Schönheit. Ihr mögt allen Wein haben.“
„So viel Witz wie eine getrocknete Bohne“, murmelte Juliana leise, während sie Platz nahm und hastig ihre Röcke an sich raffte, damit kein Teil ihrer Robe mit Ian in Berührung kam.
Gegen ihren Willen nahm sie doch Notiz von seinem gestärkten Leinenhemd und dem grünen Wappenrock aus weicher Wolle, der seine breite Brust bedeckte. Hatte sie nicht noch vor drei Tagen an beiden Teilen für ihren Cousin genäht? Ob er sich von Alan die Kleider geliehen hatte, um sie heute Abend zu beeindrucken? Oder hatte er sie nur angezogen, weil die anderen Sachen, die er zuvor getragen hatte, nass gewesen waren?
Prompt beugte Gray sich zu ihr hinüber und unterlief dabei ihre Bemühungen, dass er sie nicht am Ärmel berührte. „Sagt Eure Komplimente offen heraus, meine Liebe, so wie auch ich es halten will. Ihr seid also eine Liebhaberin von Bohnen?“
Juliana konnte ein Lächeln kaum unterdrücken. Seine Keckheit hätte ihren Ärger noch steigern müssen. Aber stattdessen fand sie sie drollig.
„Ihr erinnert mich an eine Katze, die ich einmal besaß“, erklärte sie trocken.
Er verschränkte die Hände ineinander, stützte die Ellbogen auf dem Schragentisch auf und sah sie von der Seite an. „Gerissene Kreaturen, diese Katzen.“
„Sie neigen zum Übermut, würde ich sagen“, fügte sie hinzu. „Diese spezielle Katze erkannte sofort, wenn jemand keine Katzen mochte. Und sprang unfehlbar genau auf dessen Schoß.“
„Sie schloss leicht Freundschaft, nicht wahr?“ Spöttisch hob er eine der dunklen Brauen.
„Meistens schien sie es fast darauf anzulegen, dass man sie quer durch das Gemach warf“, erwiderte Juliana süß.
Das tiefe Lachen des Ritters jagte ihr einen Schauer über den Rücken. Zu allem Überfluss zwinkerte er ihr auch noch vielsagend zu. „Ich wette, sie landete auf den Pfoten, um sofort wieder auf den Schoß zu springen.“
Sie konnte ihm nicht widersprechen. Juliana senkte den Kopf und gönnte ihm den kleinen Sieg.
Mit schief gelegtem Kopf nahm er seinen Sieg an und meinte: „Kommt schon, gebt zu, dass für einen bohnenwitzigen Rattenfänger …“
„Ist ja schon gut“, unterbrach sie ihn. „Ich gebe zu, dass Euer Witz ein wenig größer ist als eine Bohne. Und vermutlich könnt Ihr auch ganz reizend schnurren.“
„Ah, vielen Dank! Habt Ihr keine Angst, solch ein Lob könnte meiner Demut schaden? Ein Ritter ohne Demut könnte glauben, er sei Eurer wert.“
Sie beugte sich zu ihm hinüber, betrachtete das kleine Stück Käse, dass er ihr auf der Spitze seines Messers anbot, und zupfte es dann mit spitzen Fingern ab. „Ich sage es
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