HISTORICAL WEIHNACHTEN Band 02
Frau ihres Cousins ihren Verpflichtungen nicht nachkam, war es jetzt Julianas Aufgabe, hier im Haushalt nach dem Rechten zu sehen. Honoria kümmerte sich kaum darum, ihre Leute zu beaufsichtigen, nachdem sie ihnen ihre Aufgaben zugeteilt hatte. Sie war eine reizende Dame, aber einfach zu nachlässig.
Würden ihre Verwandten Juliana doch nur genauso wenig Aufmerksamkeit schenken wie ihrer Dienerschaft! Aber nein, sie hatten es sich zum Lebensziel gemacht, die englische Anverwandte zu verheiraten! Und zu diesem Zweck hatten sie den Grobian Gray hierher eingeladen.
Gott im Himmel, wenn man diesen Mann sah, musste man glauben, dass die Schotten wohl jeden zum Ritter schlugen. Sein schwarzes Haar hatte sicher noch nie eine Schere gesehen. Er trug sogar Zöpfe an den Schläfen, um sich die Haarfülle aus dem Gesicht zu halten.
Nun gut, sein Gesicht verdiente Aufmerksamkeit. Träge braune Augen von der Farbe dunklen Biers, ein Mund, der zu schnell lächelte und dabei glatte, ebenmäßige Zähne enthüllte. Die Nase überraschte sie. Sie hätte vermutet, dass ein so dreister Mann wie er sie mehr als einmal gebrochen hätte. Stattdessen sah sie vollkommen aus. Zu vollkommen.
Und er war absolut zu groß und zu breit in den Schultern, um ihr zu gefallen. Derb, ohne Manieren und gekleidet wie ein Stallbursche. Aber wenn man ihr genügend Zeit gäbe und freie Hand, könnte sie vielleicht …
Verärgert stieß Juliana die Luft aus. Warum dachte sie überhaupt an ihn? Wieso sollte es sie kümmern, was er hier tat? Natürlich war er gekommen, um nach einer Frau zu suchen. Nach ihr. Eine hübsche Menge Mitgift, das wäre nach seinem Geschmack. Selbst wenn es möglich gewesen wäre, würde sie ihn nie heiraten.
Die kleine Kit hatte ihr anvertraut, ihre Eltern hätten gerade diesen Mann eingeladen, damit er ihre Tante Jules treffen konnte.
Juliana verabscheute es, wenn irgendjemand sie Jules nannte. Alan tat es regelmäßig, und das Kind war die geborene Nachahmerin. Sie sprach fließend das Französisch ihrer Mutter und Schottisch genauso gut wie Englisch. Juliana fragte sich, ob das Mädchen verzaubert oder für sein zartes Alter nicht mit zu viel Wissen ausgestattet war.
Wie sonst konnte ein fünf Jahre altes Kind überhaupt etwas darüber wissen, wie man einen Heiratsantrag machte. Aber Kit wusste es und hatte mit Wonne die Neuigkeit mitgeteilt. Ihrer Aussage nach betrachteten Alan und Honoria diesen Gray als voraussichtlichen Be werber .
Gott schütze sie vor voraussichtlichen Bewerbern. Denn die waren doch die Ursache für all das hier gewesen. Juliana verfluchte König Edward für den Ausflug von Berkeley Castle den Severn hinauf nach Freymouth. Sie verfluchte ihn dafür, dass er ihr die Einladung geschickt hatte, die sie nicht hatte ablehnen können, ohne schreckliche Konsequenzen fürchten zu müssen. Bei Gott, die Konsequenzen waren schrecklich genug gewesen, wie sich herausgestellt hatte.
Der König war mit Fischen beschäftig gewesen, dem Fischen nach Frauen für seine liebsten Speichellecker. Gemahlinnen von edler Geburt – so hoffte er zumindest – würden seinen Lieblingen schon die Akzeptanz der übrigen Adligen einbringen. Hatte er denn nichts aus seinen früheren Schwierigkeiten gelernt? Seine eigene Nichte an Piers Gaveston zu verheiraten, hatte dem Schurken gewiss nicht den Kopf gerettet.
Juliana schauderte. Lieber wäre sie sofort gestorben, als Oden Fitz Simons Frau zu werden. Und wie es sich traf, wäre sie es auch beinahe.
Alans Plan, sie zu verheiraten, konnte sich als ebenso katastrophal erweisen, aber auf eine ganz andere Art. Selbst wenn sie so verrückt wäre, Ian Gray heiraten zu wollen, konnte sie niemals seinen Antrag annehmen.
Eine Frau, die ohne Mitgift in den Stand der Ehe trat, betrog ihren Gatten. Auch wenn dieser Umstand gewiss nichts mit ihrer Weigerung, den trügerischen Fitz Simons zu heiraten, zu tun hatte, so schloss sie doch eine Verbindung mit diesem ungehobelten Ian Gray aus. Selbst wenn er vielleicht die ehrenvollsten Absichten haben mochte.
Juliana tröstete sich mit der Tatsache, dass sie keine Lust hatte zu heiraten, weder Sir Ian noch sonst irgendjemanden. Seit sie Kind war, hatte sie sich nicht erlaubt, sich solch einem Traum hinzugeben.
Was würde ihr Cousin tun, wenn sie ihm Grays Antrag ins Gesicht schleuderte, wie sie es beim König getan hatte? Sie rauswerfen? Sie ins Kloster schicken?
Wenn sie auf ihre Vernunft hörte, sollte sie tatsächlich den Eintritt in
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