Historical Weihnachtsband Band 4
sie liebte, zu wählen.
Es musste einen anderen Weg geben, und sie würde ihn auch finden.
Streng sah sie Rafe an. „Also. Glaubst du, du könntest es ertragen, Ralph genannt zu werden, und zwar nur Ralph, solange du unter diesem Dach wohnst?“
Rafe runzelte die Stirn, schien kurz zu überlegen und nickte dann.
„Sehr vernünftig von dir, mein Lieber.“ Sie wandte sich wieder an die Mayhews.
„Schön, ihr könnt ihn Ralph nennen. Er wird überall so heißen, außer in meinem Zimmer.“
„Er wird dich uns fortnehmen. An einen Ort, von wo du nie zu uns zurückkehren wirst. Wir werden dich nie wiedersehen“, beschwerte sich Halbert.
Claire sah Rafe an. „Wirst du das tun?“
Einen Moment lang blickten sie sich in die Augen und wussten beide, dass sie einander vertrauen konnten. Zu ihrer Freude schien Rafe zu verstehen, wie wichtig ihr ihre Familie war, und zeigte sich bereit, ihr zuliebe nachsichtig zu sein. Diese Liebe gab ihr den Mut, ihm eine Frage zu stellen, die jedem Anwesenden auf der Seele brannte.
„Wohin werden wir gehen?“
„Zunächst nirgendwohin“, antwortete er liebevoll. „Nur in unser eigenes Haus in London. Ich habe eingewilligt, die Arbeit, die hier in England anfallen wird, zu übernehmen, und überlasse die Verträge und den Einkauf am anderen Ende meinen indischen Partnern. Natürlich wird gelegentlich eine Reise nach Indien und in den Fernen Osten erfolgen müssen. Und wir werden auch Kontakte auf dem Kontinent knüpfen. Doch das alles kann warten, bis wir von unserer Hochzeitsreise zurück sind.
Ich dachte da an Paris oder vielleicht Rom.“
In ihrem Lächeln lag all ihre Liebe für ihn. Rafe erhob sich und nahm sie in die Arme.
Sie sahen so glücklich und hoffnungsvoll aus, dass sich auch das letzte bisschen Groll, das die Familie noch empfunden haben mochte, in Luft aufzulösen schien.
„Wartet.“ Onkel Abner setzte sich auf und zog seine Weste zurecht. „Wenn ihr in London bleiben wollt, warum dann die Unkosten für ein eigenes Haus auf euch nehmen? Warum wohnt ihr nicht bei uns? Wir könnten irgendwie Platz machen, damit ihr eure eigene abgeschiedene Zimmerflucht habt. Und du wärst nicht allein, Claire, während Ralph sich auf Reisen begibt.“
Rafe zwinkerte Claire unauffällig zu, und sie wandte sich mit einem schelmischen Blick an Onkel Abner. „Welche Zimmer?“
An diesem Abend wurde noch viel diskutiert. Die alten Herrschaften verstanden sich sehr gut aufs Feilschen, aber Claire stand ihnen in nichts nach. Obwohl manche Klage geäußert wurde und alte Wunden zum Vorschein kamen, blieb alles in erfreulich freundschaftlichen Grenzen, und am Ende einigte man sich auf eine neue, aufgeklärtere Art des Zusammenlebens.
Es war ein günstiger Umstand, dass die Pläne für die Hochzeit und den Umbau für die Zimmerflucht des Paars zur selben Zeit voranschritten. So hatte jeder etwas zu tun.
Am Hochzeitstag war alles vollkommen – das elfenbeinfarbene Kleid der Braut, der makellose Frack des Bräutigams, der prächtige Blumenschmuck, den Tillie ausgesucht hatte, und der Ring, den Rafe mit Cousin Halberts Hilfe entworfen, verarbeitet und poliert hatte.
Am Abend betraten Braut und Bräutigam zum ersten Mal ihre eigene Zimmerflucht, hielten den Atem an und fanden auch hier alles vollkommen.
Rafe nahm Claire in die Arme. „Endlich. Wir sind verheiratet und allein. Ich kann es kaum erwarten, das Bett auszuprobieren.“
„Hast du dich überhaupt umgeschaut? Hast du gesehen, was sie alles für uns getan haben?“, rief sie begeistert.
„Oh ja, alles.“ Er drückte einen heißen Kuss auf ihren Hals, und Claire schmiegte sich fester an ihn. Doch dann löste er sich von ihr und drehte sie zum Tisch herum, wo eine grinsende kleine Skulptur in Häkelkluft hockte.
„Als Allererstes morgen früh werde ich diesen armen Buddha von seinen Kleidern befreien.“ Er schenkte Claire ein verführerisches Lächeln. „Und als Allererstes heute Abend werde ich meine Frau von ihren Kleidern befreien.“
Er hob sie schwungvoll auf die Arme, und Claire lachte glücklich. Plötzlich hatte sie das seltsame Gefühl, außer ihr und Rafe sei noch jemand im Zimmer. Und einen kurzen Moment lang glaubte sie, etwas ganz Weiches berühre ihr Gesicht ... etwas Leichtes, Zartes wie eine Feder oder wie Flügel. Und einen winzigen Moment hätte sie schwören können, den Schatten eines Engels vorbeihuschen zu sehen.
- ENDE -
JACQUIE D'ALESSANDRO
MEIN ENGEL DER WEIHNACHT
Zum Fest der
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