Historical Weihnachtsband Band 4
die Dinge liefen nicht gut. Ganz und gar nicht gut. Dabei war sie überzeugt gewesen, sie bräuchte Addie und Sebastian nur dazu zu bringen, sich noch ein einziges Mal zu küssen, damit sie ihre Liebe zueinander erkannten. Und fast hätte sie es auch geschafft! Ihre Idee mit dem Mistelzweig war ein Geniestreich gewesen, wenn sie so unbescheiden sein durfte, das selbst von sich zu behaupten. Nur leider hatte Addie genügend Kraft aufgebracht, der Versuchung zu widerstehen und in ihr Zimmer zu fliehen, wo sie sich jetzt im Bett hin und her wälzte.
„Ich wollte es nicht so weit kommen lassen, Addie“, flüsterte Rose, während sie die Ärmel ihres Kleids hochkrempelte, „aber du lässt mir keine Wahl.“ Sie schwebte herab, ließ sich auf der Matratze nieder und klopfte Addie entschlossen auf die Schulter.
Addie hatte einen sehr seltsamen Traum. Sie war irgendwo draußen und flog durch die kühle Nachtluft. Neben ihr sah sie ein winziges Geschöpf, das wie ein rosiger kleiner Engel mit Brille aussah.
„Keine Sorge, meine Liebe. Du bist in Sicherheit“, meinte das zierliche Wesen mit einem strahlenden Lächeln.
„Was ... wer bist du?“
„Ich heiße Rose, und ich bin ein Engel ... oder vielmehr der Geist der gegenwärtigen Weihnacht.“
Addie sah sie verblüfft an. „Wie in Mr Dickens’ Geschichte?“
„Genau.“
Furcht und Verwirrung erfüllten Addie. „Aber was willst du von mir? Ich bin nicht wie Scrooge. Ich habe keine schweren Missetaten verbrochen, für die ich Buße tun müsste.“
„Nein. Aber da gibt es etwas, das ich dir zeigen möchte. Schau.“
Addie erkannte, dass sie vor dem Fenster eines bescheidenen Hauses angekommen waren, das sich in einem ihr unbekannten Dorf befand. „Wo sind wir hier?“
Rose wies auf das Fenster und wiederholte: „Schau.“
Addie blickte durch die Scheibe. Ein junger dunkelhaariger Mann und eine blonde Frau standen in einem kleinen Vorraum. Gedämpfte Stimmen, Gelächter und Pianoklänge deuteten auf ein Fest hin, das in einem anderen Teil des Hauses stattfand.
„Es war schön, dich wiederzusehen, Martin“, sagte die junge Frau und reichte ihm Hut und Handschuhe. „Ich bin froh, dass du kommen konntest.“ Sie sah zu ihm auf, und Addie stockte der Atem bei dem Ausdruck unverhohlener Sehnsucht in ihren Augen. Noch nie hatte sie so viel Liebe und Verlangen im Blick eines Menschen gesehen.
„Vielen Dank für die Einladung, Lily.“
„Ich ... ich hoffe, du kommst sicher zu Hause an.“
„Danke.“ Er blieb mit dem Hut in der Hand stehen, als könnte er sich nicht dazu entschließen, sie zu verlassen. Addie spürte förmlich die Spannung zwischen ihnen ebenso wie Lilys Herzklopfen. Hoffnung spiegelte sich in den Gesichtern der beiden wider, bis Martin sich schließlich räusperte. „Lily, ich wollte dir sagen ...“
„Ja, Martin?“
„Ich wollte ... frohe Weihnachten. Und ... leb wohl.“
Der hoffnungsvolle Ausdruck auf Lilys Gesicht erlosch. „Frohe Weihnachten“, flüsterte sie, doch Martin hatte bereits die Tür hinter sich geschlossen.
Addie sah voller Entsetzen, wie Lily das Gesicht in den Händen vergrub und weinend die Treppe hinauflief. Sie wandte sich an Rose und fragte: „Wer ist das?“
„Einfach zwei junge Menschen.“
„Sie liebt ihn sehr.“
„Das hast du bemerkt?“
Addie nickte. „Es war nur allzu offensichtlich.“
„Vielleicht für dich. Nicht für Martin. Wenn er wüsste, dass sie ihn liebt, würde er morgen nicht nach Amerika abreisen.“
„Wie ist es möglich, dass es ihm nicht bewusst ist?“, rief Addie ungläubig. „Es war so deutlich zu sehen.“
Rose zuckte die Achseln. „Sie hat es ihm niemals gesagt. Er liebt sie ebenfalls, hat vor einigen Jahren sogar versucht, um sie zu werben. Doch damals war Lily in einen anderen Mann vernarrt und wies Martin ab. Du kennst gewiss das Sprichwort vom gebrannten Kind, das das Feuer scheut. Ich fürchte, es trifft genau auf Martin zu. Er hat Angst, ein zweites Mal von ihr zurückgewiesen zu werden.“
„Das ist sicher verständlich, aber ihre Gefühle haben sich doch eindeutig verändert.“
„Eindeutig für dich, nicht für ihn.“ Rose seufzte betrübt. „Es ist wirklich sehr traurig.
Dass zwei Menschen, die sich lieben, nicht zueinander finden können. So ein Jammer.“
„Warum sagt sie ihm nicht einfach, was sie für ihn empfindet?“, fragte Addie mit einer seltsam bangen Dringlichkeit, noch dazu für ein Paar, das sie nicht einmal kannte.
„Sie sieht
Weitere Kostenlose Bücher