Historical Weihnachtsband Band 4
ihn züchtig bis zum obersten Knopf geschlossen hatte. Sebastian gelang es nicht, auf seine innere Stimme zu hören, die ihn davor warnte, wie falsch er sich verhielt, wie unangemessen und gefährlich.
Und dann hatten sie den Mistelzweig entdeckt. Sebastian hätte schwören können, dass bei seinem Hereinkommen keiner da gewesen war, aber er musste sich offensichtlich geirrt haben. Impulsiv hatte er beschlossen, den seltsamen Umstand als gutes Omen zu deuten. Es verlangte ihn so sehr danach, Addie zu küssen, und plötzlich entdeckte er die vollkommene Ausrede dafür genau über ihren Köpfen. Und wieder hatte er sich belogen – eine wirklich üble Angewohnheit – ein Kuss unter dem Mistelzweig sei lediglich eine alte Weihnachtstradition. Sicher war es für Addie auch wirklich nicht mehr als das, und woher sollte sie auch wissen, dass dieser Kuss ihm alles bedeuten würde.
Ein bitteres Gefühl erfüllte ihn beim Gedanken an ihren halb entsetzten, halb bekümmerten Gesichtsausdruck, kurz bevor sie davonlief. Hatte er es doch nicht so gut geschafft, seine Gefühle zu verbergen? Hatte sie schließlich erkannt, wie sehr er sie begehrte? Alles deutete darauf hin, und dennoch war sie heute den ganzen Tag freundlich zu ihm gewesen. Nichts in ihrem Verhalten ließ ihn fürchten, sie könnte verunsichert oder böse auf ihn sein. Insgeheim hoffte er, dass ihre plötzliche Flucht von gestern Abend nur von ihrem unziemlichen Aufzug herrührte, aber sein Gefühl sagte ihm, dass mehr dahintersteckte. Sehr wahrscheinlich würde er die Antwort darauf nie erfahren.
Die Tür zum Salon wurde geöffnet, und ein Diener trug den traditionellen Plumpudding auf einem silbernen Tablett herein. Alle schnappten entzückt nach Luft und applaudierten, als das herzhafte Dessert vor Lord Gresham gestellt und flambiert wurde. Sobald die Flammen erloschen waren, sprach der Earl einen Segen über all jene, die den Pudding zubereitet hatten. Dann schnitt er ihn in Scheiben und servierte feierlich, während alle gespannt darauf warteten, wer in seinem Stück den Ring, die Münze und den Fingerhut finden würde, die, der Tradition folgend, in den Teig gemischt worden waren.
Kurz darauf verkündete James triumphierend: „Ich habe die Münze!“
„Das bedeutet, dass dir Reichtum beschieden sein wird“, sagte der Earl.
„Großartig“, meinte Addie, „da er mir drei Pfund schuldet nach seiner Niederlage beim Billardspiel heute Morgen.“
„Du meine Güte, Addie, du hast aber auch ein solches Glück“, beschwerte sich James. „So was habe ich noch nie erlebt.“
„Das ist kein Glück, lieber Bruder“, teilte ihm Addie mit einem neckenden Lächeln mit, „sondern Können.“
„Die Tatsache, dass James nicht einmal Wasser treffen würde, wenn er aus dem Boot fiele, hat gewiss auch zu deinem Sieg beigetragen, Addie“, warf Sebastian trocken ein.
Alle lachten gutmütig, nach kurzem Zögern sogar James. Gleich darauf rief Evan: „Ich habe etwas gefunden ... den Fingerhut.“ Er verzog den Mund zu einem kläglichen Lächeln. „Ein glückliches, aber einsames Leben also.“
Sebastian glaubte, echten Kummer in seinem Ton mitschwingen zu hören, doch gleich darauf fuhr Evan übertrieben pathetisch fort: „Irgendeine arme Frau wird sich doch wohl hoffentlich meiner erbarmen und mich nehmen.“
Unwillkürlich blickte Sebastian zu Addie hinüber und presste die Lippen zusammen, als er sie erröten sah. Er wusste sehr gut, wer diese Frau war. Evan würde sich keine Sorgen darüber machen müssen, dass er Junggeselle bleiben könnte. Und wieder wunderte Sebastian sich, wann sein Bruder beabsichtigte, um Addie anzuhalten.
Zum Teufel, das Warten auf die Bekanntgabe der Verlobung war so, als hielte ihm jemand eine Pistole an die Schläfe und er wartete darauf, wann der Schuss kommen würde.
„Jede Frau, die dich zum Mann bekommt, muss sich glücklich schätzen, Evan“, sagte Grace leise und senkte den Blick. „Sehr glücklich.“
Von den anderen Gästen kamen zustimmende Worte, und Sebastians Vater fragte:
„Was ist mit dem Ring? Wer hat den gefunden?“
Man beugte sich über die Teller, und kurz darauf rief Addie verwundert: „Der Ring.
Ich habe den Ring. Das heißt ja ...“
„Dass du heiraten wirst“, fuhr Evan fort und tätschelte ihr die Hand. „Was für ein Glückspilz dich wohl bekommen wird.“
Addie errötete wieder heftig, und Sebastian wandte abrupt den Blick ab. Er aß seinen Pudding auf, ohne wirklich etwas zu
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