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Hitzeflimmern

Hitzeflimmern

Titel: Hitzeflimmern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthea Bischof
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das Bett. Seine Möglichkeiten zur Unterhaltung waren höchst eingeschränkt.
    Es war heisser August und die Bandagen, in die Karl gehüllt war, beengten ihn sehr. Das Liegen war beschwerlich, Sitzen noch schlimmer und Stehen und Gehen belasteten seinen Kreislauf noch zu sehr, so dass er unerträgliche Kopfschmerzen bekam. Zunächst zog er es deshalb vor zu liegen und versuchte zu lesen. Doch oft strengte ihn auch das an und Karl starrte in die Zimmerecke und wartete auf das Verstreichen der Zeit, so dass er dahin zurückkehren konnte, wo er es gewohnt war.
    Vereinzelt stiegen seltsame Traumbilder in ihm auf und im Halbschlaf sah er immer wieder dieses Mädchen Viola. Sie war jung und trug ein langes Kleid, das eng am Körper lag und bei dem unter der Brust ein buntes Band sass. Hätte sie nicht die Haare in einem Vielerlei von Zöpfen getragen, so hätte man sie für ein Hippiemädchen halten können.
    Etwas rührte ihn an dem Anblick. In den unklaren Momenten zwischen Traum und Wachen fühlte er eine vertraute Liebe zu der Kleinen. Fast wie zu Leandra. Vielleicht würde sie dem Mädchen gleichen, wenn sie einmal gross war.
    Seine Familie. Christelle hatte angerufen und sich besorgt erkundigt, wie es ihm gehe. Karl war durch die Medikamente etwas langsam gewesen und hatte ihr nur mangelhaft Auskunft geben können. Jedoch hatte er ihr zugestimmt, als sie den nächsten Besuch der Kinder absagte, bis er sich erholt hätte. Ihre Stimme hatte mehr Anteil gezeigt, als er sich seit langem erinnern konnte und es hinterliess ihm ein Gefühl der Wärme. Er wünschte, sie wäre da gewesen. Zusammen mit den Kindern, und sie alle hätten ihm Gesellschaft geleistet. Doch, das erkannte er mit jedem Tag in unumstösslicher Klarheit, diese Zeiten waren vorbei.
     
    „Hallo Karl“, sagte Fayna. „Was machst du denn mit dir?“
    „ Fayna, wie schön, dass du gekommen bist!“
    Karl lag in seinem angestammten etwas altmodischen Bett, als Fayna hereintrat. Es war Sonntag und Wochenende, was für ihn zur vollkommenen Bedeutungslosigkeit geworden war. Sie blickte kurz durchs Zimmer, öffnete das Fenster, um die stickige Luft zu vertreiben und setzte sich an seinen Bettrand.
    „Wie geht’s dir denn?“ fragte sie.
    „Nicht besser als es aussieht“, erklärte er und verzog das Gesicht. „Hast du schon mal versucht, nicht zu Atmen, weil es schmerzt?“
    „Nein, aber ich glaube, du solltest es nicht zu lange probieren“, erwiderte sie.
    „Und ich habe die seltsamsten Träume. Ich träume sonst nicht. Aber plötzlich tauchen seltsame Bilder auf. Von zwei jungen Mädchen. Und ich fühle mich wie eine von beiden. Die andere erinnert mich an dich. Verstehst du, ich habe noch nie einen so intensiven Traum erlebt. Es ist, als würde ich es wirklich erleben. Ich denke selbst wie ein Mädchen aus einem anderen Jahrhundert, kannst du dir das vorstellen?“ erzählte er.
    „Ich kann mir nicht vorstellen, dass du dich wie ein Mädchen fühlst, nein“, sagte Fayna trocken. Doch als Karl das Gesicht verzog, sagte sie sanfter: „Was denkt denn das Mädchen? Ist es immer dieselbe?“
    „Sie heisst Viola. Viola und Louise. Sie sind Freundinnen. Ziemlich gute Freundinnen. Die kleine Louise küsst ihre Freundin gerne – hm, unschwesterlich“, erklärte Karl.
    „Das sind sicher ganz schreckliche Träume für dich“, sagte Fayna ironisch.
    „Ich sage dir doch, ich kann es nicht beeinflussen. Plötzlich taucht es wieder auf wie eine Erinnerung, die du nicht willst“, widersprach er.
    „Was passiert denn mit den knutschenden Mädchen?“ fragte sie höflich.
    „Viola hat einen Freund. Einen blonden Kriegshelden“, sagte Karl. Er sah Ferenc vor sich. Die Uniform, die hellbraunen Augen. Doch sie verschoben sich in ein paar andere hellbraune Augen. „Immer getrennt“, sagte er versonnen. „Wie ich und Christelle. Wir haben während der ganzen Zeit kaum je zusammen gewohnt. Verstehst du? Meine Exfrau war immer in Zug, während ich im Nordatlantik auf einer Bohrinsel war. Dann wollte sie mal weg von dort, das war kurz nach der Zeit, als ich fand, wir sollten uns trennen. Aber sie war dagegen und dann kam Bastian.“
    „Ist das dein Kind?“ fragte Fayna.
    „Das ist der ältere, ja“, bestätigte er. „Hier in Kiew war eigentlich das erste Mal seit fast zehn Jahren, dass wir die gleiche Adresse hatten. Und das sieht diese Viola genauso. Ihr Freund ist immer bei der Armee. Und sie bleibt allein und wartet. So muss sich Christelle gefühlt

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