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Hoellenengel

Hoellenengel

Titel: Hoellenengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thráinn Bertelsson
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etwas
zugestoßen sein.
    Er hatte das Hotel kurz verlassen und seine Nase in ein paar
Restaurants und Bars gesteckt. Dabei war ihm bewusst geworden, wie
zwecklos es war, ziellos nach einer einzelnen Person im
pulsierenden Nachtleben Amsterdams zu suchen. Er eilte deswegen ins
Hotel zurück, setzte sich aufs Sofa in der Lobby und
ließ sich nicht davon beeindrucken, dass den Angestellten am
Empfang seine Anwesenheit offenbar unangenehm war.
    Er spielte sogar kurzzeitig mit dem bizarren Gedanken, die Polizei
zu kontaktieren.
    Wenn ein isländischer Polizist die Kollegen bäte, nach
seiner Frau zu fahnden, die seit wenigen Stunden abwesend war,
würde man sich davon lange erzählen.
    Gleichermaßen versuchte er, den Gedanken zu verdrängen,
dass Þórhildur einen Unfall gehabt haben könnte.
Sie trug ihren Ausweis und den Namen des Hotels im Geldbeutel, also
wäre er bestimmt benachrichtigt worden, wenn sie bewusstlos in
die Notaufnahme gebracht worden wäre.
    Die Untätigkeit war unerträglich.
    Willem von der Rezeption fragte, ob er Víkingur irgendeine
Erfrischung, Kaffee, Tee oder Bier, bringen dürfe. Ja, danke,
eine Flasche Mineralwasser.
    In dem Moment, als Willem ihm das Wasser brachte, fuhr ein Taxi
vor. Leider schien der Fahrer allein zu sein.
    Er stieg aus und ging in Richtung Eingang, klein und
beleibt.
    Der Taxifahrer öffnete die Tür des Hotels halb und
streckte den Kopf herein, entdeckte Willem und sagte etwas auf
Holländisch. Willem sah Víkingur an und antwortete dem
Fahrer, der wieder zu seinem Auto zurückkehrte.
  
     
    »Was will der Fahrer?«, fragte
Víkingur.
    »Er hat einen Fahrgast auf dem Rücksitz, der behauptet,
hier zu wohnen, sich aber weigert, auszusteigen«, sagte der
junge Mann. »Könnte es vielleicht Ihre Frau
sein?«
    »Ist sie krank?« Víkingur wartete die Antwort
nicht ab, sondern lief los. Der Fahrer hatte die
rückwärtige Autotür geöffnet und betrachtete
die Person, die auf dem Rücksitz auf dem Bauch lag.
Víkingurs Herz machte einen Sprung, als er sah, dass es
Þórhildur war.
    »Was hat sie denn?«, fragte er den Fahrer auf
Englisch.
    »Ist sie krank?«
    »Betrunken«, sagte der Fahrer. »Sturzbetrunken.
Sie hat mein ganzes Auto vollgekotzt.«
    Das war nicht übertrieben. Der Geruch von Alkohol und
Erbrochenem erschlug Víkingur fast, als er sich ins Fahrzeug
beugte und den Arm seiner Frau umfasste, um ihr beim Aufstehen zu
helfen.
    Ohne sich umzusehen, schlug sie mit der Hand nach hinten, als er
sie berührte.
    »Fass mich nicht an«, rief sie mit rauer Stimme.
»Siehst du nicht, dass ich versuche, mich
auszuruhen?«
    »Liebling, Þórhildur, komm aus dem Auto«,
sagte Víkingur. »Du bist im Hotel
angekommen.«
    Sie wandte ihren Kopf und schaute ihn über die Schulter hinweg
an.
    »Ach, du bist das, Schatz, was machst du hier?«, lallte
sie.
    »Ich habe darauf gewartet, dass du wiederkommst.
    Komm jetzt, Þórhildur, Liebling.«
    »Ich hab dem Fahrer Bescheid gesagt. Jemand hat hier auf den
Boden von diesem verdammten Auto gekotzt.
    Wie kann man seinen Kunden so etwas Ekliges
anbieten?«
    »Jedem kann einmal schlecht werden«, sagte
Víkingur.
    »Komm jetzt.«
    »Ich komme nicht«, murmelte Þórhildur.
»Wir reden morgen weiter.« »Es ist schon Morgen.
Komm jetzt.«
    Víkingur fühlte sich, als stünde er neben sich und
verfolgte ein unwirkliches Ereignis, wie im Traum. Er hatte seine
Frau nie in diesem Zustand gesehen, zerzaust, die Augen stumpf und
feucht, die Stimme heiser und unfreundlich. Er hätte nie
gedacht, dass Þórhildur jemals wieder Alkohol anfassen
könnte, und schon gar nicht, dass sie sich um den Verstand
trinken würde. Ihm schoss durch den Sinn, dass er gehört
hatte, dass Alkoholiker, die wieder zu trinken anfingen, schnell
wieder da landeten, wo sie waren, bevor sie aufgehört hatten.
Offensichtlich war Þórhildur schon weiter abgerutscht,
als er sich klargemacht hatte.
    Sie standen an der hinteren Tür des Autos, Víkingur,
Willem vom Empfang und der Taxifahrer. Willem und der Taxifahrer
schauten abwechselnd Víkingur und Þórhildur an
und warteten allem Anschein nach darauf, dass er zur Tat schritt.
Er, der ungewöhnliche Situationen gewohnt war, wusste nicht,
wie er sich verhalten sollte.
    Die Frau lag bäuchlings auf der Rückbank, brabbelte
irgendeinen zusammenhanglosen Unfug und weigerte sich
hartnäckig, auszusteigen.
             
    Víkingur war ratlos. Er fühlte seinen Puls rasen. Er
hatte einen Kloß im Hals und seine

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