Eine kostbare Affäre: Roman (German Edition)
A us der Plastikkiste zu ihren Füßen kam ein kläglicher Laut, und Flora riskierte einen ängstlichen Blick nach unten. Bekam Imelda gerade ihre Kätzchen, oder jammerte sie nur, weil sie an einem heißen Sommertag in einem Katzenkäfig eingesperrt war?
»Nicht jetzt, Süße, bitte!«, flehte Flora mit zusammengebissenen Zähnen. »Halt einfach durch, bis ich diese Sitzung hinter mich gebracht habe. Dann suche ich dir eine hübsche Frühstückspension, in der die Leute Katzen mögen.«
Im klaren Bewusstsein ihrer eigenen Ohnmacht in dieser Angelegenheit nahm Flora den Käfig mit der greinenden Imelda in die Linke, hängte sich ihre Handtasche über die Schulter, schnappte sich ihre Reisetasche und taumelte die Treppe hinauf. Ein ganz klein wenig bereute sie es, ihre neuen Schuhe angezogen zu haben. Sie waren einfach gottvoll hübsch, mit einer himmlischen, falschen Pfingstrose zwischen den Zehen, aber sie waren nicht eingelaufen und daher mörderisch unbequem. Da sie nicht dazu neigte, Schönheit der Bequemlichkeit unterzuordnen, ignorierte Flora die ersten sich bildenden Blasen, stellte oben auf dem Treppenabsatz ihre Reisetasche wieder ab und drückte auf den Klingelknopf. Der Anblick ihres eigenen Nachnamens auf dem Messingschild darüber elektrisierte sie auf seltsame Weise. Die Familienfirma, und sie stand im Begriff, dieser Firma beizutreten.
Die Tür wurde von einer hochgewachsenen Frau geöffnet, die eine Menge Dunkelblau trug. Sie war ein wenig älter als Flora und verströmte eine Nüchternheit, die in Flora unausweichlich den Gedanken an Pfadfinderinnen heraufbeschwor. Meine Schuhe mögen nicht ganz passend sein, überlegte Flora, um sich ein wenig Mut zu machen, aber Dunkelblau ist bei dieser Hitze auch nicht gerade angemessen. Unter anderen Umständen hätte es sie in allen Fingern gejuckt, der Dame einen Vortrag in Sachen Mode zu halten.
»Hallo«, sagte die Frau mit einem professionellen Lächeln, »Sie müssen Flora sein. Kommen Sie doch herein. Wir freuen uns ja so darauf, Sie kennen zu lernen. Besonders Charles.«
Flora lächelte ebenfalls. »Ich hoffe, es macht Ihnen nichts aus, aber ich habe meine Katze mitgebracht. Ich kann sie bei dieser Hitze nicht im Wagen lassen. Abgesehen von allem anderen ist sie auch noch hochträchtig.«
Eine kleine Falte erschien zwischen den Augenbrauen der Frau, während sie nun den Blick auf den Tragekorb senkte. »Oh, hm, nun ... nein, für eine kurze Zeit wird es wohl gehen. Obwohl ich schrecklich allergisch bin, fürchte ich.«
»Ach herrje. Ich könnte sie wohl draußen vor der Tür lassen ...« Flora biss sich auf die Unterlippe, um anzudeuten, dass sie sich in Wahrheit keinen anderen Platz für Imelda vorstellen konnte als den direkt zu ihren Füßen. »Aber sie könnte jeden Moment ihre Kätzchen zur Welt bringen.«
»Sie kommen am besten erst einmal rein«, meinte die Frau, deren professionelles Gehabe langsam ins Wanken geriet. »Wir sind hier drin.« Sie öffnete die Tür zu einem Raum, der fast zur Gänze von einem Tisch mit mehreren leeren Stühlen darum ausgefüllt wurde.
Die einzige Person in dem Raum, ein hochgewachsener, auf konventionelle Weise gut aussehender Mann in einem dunklen Anzug und mit einer sehr konservativen Krawatte, stand auf. Offensichtlich Charles, ihr Vetter fünfzehnmillionsten Grades.
Nicht sehr vielversprechend. Flora verließ sich ganz auf ihren Charme, um sich den Weg durchs Leben zu erleichtern, und sie hatte gelernt, die wenigen Menschen, bei denen das nicht funktionierte, sehr schnell zu erkennen. Er war ein klassisches Beispiel, das spürte sie sofort; er hatte nicht viel übrig für Frauen mit hübschen Schuhen, fast schulterfreien Kleidern und witzigem Schmuck. Er mochte vernünftige Frauen, die Sportschuhe oder schlichte Lederpumps mit mittelhohen Absätzen trugen. Seine Vorstellung von gutem Geschmack war eine einreihige echte Perlenkette mit dazu passenden Ohrringen und vielleicht - zu besonderen Anlässen - ein Armreif.
Die Frau, die sie hereingeführt hatte (und all diese Zeichen eines angemessenen Bekleidungsstils aufwies), berührte ihn am Arm und erklärte: »Darling, das ist Flora.« Flora war nicht im Mindesten überrascht, einen Verlobungsring aus Diamanten und Saphiren an ihrer linken Hand zu entdecken. Die beiden waren das ideale Provinzpaar.
»Flora«, sagte Charles und hielt ihr die Hand hin. »Wie nett, Sie nach all diesen Jahren einmal kennen zu lernen.« Er klang ganz und gar nicht
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