Hoellenengel
Randver, dass ich das ohne deine Hilfe nie
hätte herausfinden können.«
»Nein, erwähn mich nicht«, sagte Dagný.
»Du darfst die gesamte Ehre für diesen Einfall für
dich beanspruchen.«
»Natürlich sage ich, dass du mich auf die Fährte
gebracht hast. Unter der Sonne ist genug Platz für uns
beide.«
*****
Sogar der Gentleman Randver konnte grantig werden.
»Was willst du damit eigentlich andeuten?«, fragte er
und schaute Terje erbost an. »Wir haben hier mehr Morde und
Totschläge als jemals zuvor in der Geschichte der
isländischen Polizei um die Ohren, und du, was machst du? Du
kommst mit irgendwelchen Spinnereien, dass ein Selbstmord, der
bereits als solcher bestätigt wurde, kein Selbstmord gewesen
sein soll, sondern Mord. Damit erweist du uns doch einen
Bärendienst.«
»Du hast mir doch selbst den Auftrag gegeben, mich der Sache
anzunehmen«, sagte Terje. Ihm war völlig egal, dass
Randver gerade schlechte Laune hatte. Er wollte recht
bekommen.
»Das habe ich nicht gesagt«, widersprach
Randver.
»Ich habe dir nicht gesagt, dich hineinzusteigern und aus
einem Selbstmord einen Mord zu machen. Ich habe dir klar und
deutlich gesagt, genau zu untersuchen, wie es passieren konnte,
dass niemand Magnús' Leiche identifiziert hat, und wie es
dazu kam, dass seine Mutter ihm bei der Autopsie
begegnete.«
»Das lief wie jeder andere Murks auch«, sagte
Terje.
»Menschliches Versagen und so weiter. Keiner hat etwas davon,
wenn ich jetzt irgendwelche Berichte darüber schreibe, welche
Polizisten Dienst hatten und zuerst den Leichnam sahen.
Irgendwelche Sündenböcke zu benennen, ist einfach nicht
mein Ding. Gewiss bist du mein Vorgesetzter und ich tue ja auch,
was du mir sagst innerhalb vernünftiger
Grenzen.«
»Innerhalb welcher Grenzen?«, fragte Randver und war
überrascht, wie unverfroren der Kerl war.
»Bis du mir sagst, dass ein Mord kein Mord ist und wir es auf
sich beruhen lassen sollen.«
»Und was willst du dann machen?«, fragte
Randver.
»Ich kann zum Beispiel mit Víkingur sprechen. Er
würde nicht lange brauchen, um zu sehen, dass ich recht
habe.«
»Er ist beurlaubt«, sagte Randver.
»Ich weiß, wo er wohnt«, sagte Terje. »Ein
guter Polizist ist nie im Urlaub, wenn es um Mord geht.«
»Du lässt Víkingur in Frieden«, sagte
Randver. »Seine Frau hat sich das Leben genommen. Verstehst
du das, Junge?«
Randver war vom Schreibtisch aufgestanden, sodass Terje es vorzog,
einen geordneten Rückzug anzutreten.
»Deswegen glaube ich ja, dass er Interesse hätte, der
Sache auf den Grund zu gehen.«
»Kümmere du dich nur darum, das zu tun, worum du gebeten
wirst«, sagte Randver.
»Das ist ja akkurat das, was ich versuche«, sagte
Terje.
»Findest du es wirklich nicht seltsam, dass der Kerl sich am
selben Tag, an dem er aus dem Ausland nach Hause kommt, in ein
Zimmer im Playboy-Club einschließt und das Leben aus sich
herausquetscht, indem er sich an einer Türklinke
erhängt?«
Randver konnte nie lange wütend sein. »Von wo kam
Magnús denn?«
»Er kam mit der Abendmaschine aus Kopenhagen und war
während seiner Auslandsreise sowohl in Holland als auch in
Estland gewesen.«
»Woher weißt du das?«
»Ich hab das einfach überprüft.« Das war
allerdings übertrieben. Ein Angestellter eines Reisebüros
erinnerte sich daran, dass ein Mann, der Magnús gewesen sein
könnte, nach den Kosten einer Reise nach Tallinn und Amsterdam
über Kopenhagen gefragt hatte. Der Grund, weshalb der Mann
sich daran erinnerte, war, dass er sich dafür schämte, so
bequem gewesen zu sein, dass er dem Mann gesagt hatte, er
könne ja selbst im Internet nach billigen Flügen
suchen.
»Da sagst du was.«
»Mit dem Zeitpunkt, zu dem Ársæll auf dem
Flughafen Schiphol getötet wurde, stimmt das überein.
Magnús war zur selben Zeit im Ausland. Bei der Leiche in
Rotterdam ist es schwieriger zu sagen. Wir wissen nicht exakt, wann
sie im Hafen gelandet ist. Dennoch halte ich es für
wahrscheinlich, dass Magnús auch da am Werk
war.«
»Jetzt warte erst mal ab. Erst kommst du und behauptest,
Magnús habe keinen Selbstmord begangen, sondern sei ermordet
worden, und kaum hast du das begründet, behauptest du, dass
Magnús selbst zwei Morde in Holland begangen haben
könnte.«
»Und eine Menge Menschen in Estland hat er auch
umgebracht«, fügte Terje hinzu. Er war erfreut, dass er
Randvers Interesse hatte wecken können.
»Jetzt bin ich aber baff«, sagte Randver. »Machst
du das alles daran fest, dass
Weitere Kostenlose Bücher