Hoellenfeuer
weiter auf. Die Gestalt eines Engels kann ich in der realen Welt nur annehmen, wenn ich das bewusst tun will.“
„Aber ohne Gottes Nähe wurdest du depressiv und konntest seinen Auftrag, die Menschen zu verführen, nicht ausführen “, folgerte Eleanor. „Du warst gewissermaßen 'arbeitsunfähig' und daher erscheinst du allen als einfacher Mensch.“
„So könnte man es ausdrücken “, stimmte Raphael zu. „Aber nicht alle von uns verfielen in Agonie. Es gab andere, die Gottes Auftrag nur allzu bereitwillig auszuführen bereit waren. Auch sie litten unter der Trennung von Gott, aber sie gehen anders damit um. Sie werden einzig durch den Hass vorangetrieben, den sie für die Menschen empfinden, denn in ihren Augen ist die Existenz des Menschen die Ursache für ihre Lage. Diese gefallenen Engel sind im wahrsten Sinne Teufel. Sie versäumen keine Gelegenheit, die Menschen mit ihrer dunklen Seite zu konfrontieren und ins Verderben zu ziehen. Ihr Menschen nennt sie Dämonen oder Teufel aber diese Engel nennen sich selbst Satan, denn Satan ist hebräisch und bedeutet 'Ankläger'. Sie sehen sich selbst als die anklagende Instanz, welche die göttliche Aufgabe hat, das Gleichgewicht zwischen Engeln und Menschen wieder herzustellen und dem Menschen ein für allemal seinen wahren Platz im Universum zuzuweisen: als wertlosestes Lebewesen in Gottes Schöpfung.“
Eleanor schauderte. „Warum erzählst du mir das?“, flüsterte sie.
„Weil es einen unter ihnen gibt, der bösartiger und grausamer ist, als alle anderen. Unter allen gefallenen Engeln ist er der mächtigste und finsterste. Es ist Samael, der Fürst der gefallenen Engel, der Herr der Finsternis. Und er weiß, dass es dich gibt!“
Eleanor schnappte erschrocken nach Luft. „Woher weiß er das?“, flüsterte sie voll Angst.
„Wir Engel können spüren, ob ein Mensch für Verführungen besonders empfänglich ist. Es zieht uns dann unwiderstehlich zu diesen Menschen. Ob ein Mensch für Verführungen seiner Seele empfänglich ist oder nicht, hängt aber nicht allein von seinem Wesen ab. Auch seine Lebenssituation ist entscheidend. Wenn du ausgeglichen und fest im Leben stehst, ist es viel schwerer, dich zu verführen. Jemand, der labil und unsicher ist, kann sehr viel leichter auf die dunkle Seite gezogen werden.“
„Was hat das mit mir zu tun?“, fragte Eleanor verunsichert.
„Du hast einen Selbstmordversuch hinter dir“, stellte Raphael nüchtern fest. „Du sitzt hier in einer Nervenheilanstalt fest und zu allem Überfluss hast du einen gefallenen Engel kennengelernt. Aber nicht etwa einen, der dir Böses will. Glaub mir – das ist eine Konstellation, die jedem finsteren Engel höchst verführerisch erscheinen muss. Ich würde sagen, es ist nur eine Frage der Zeit, bis Samael oder einer seiner Diener auf dich aufmerksam wird...“
„Was... was kann ich tun?“, stammelte Eleanor.
„Das weiß ich noch nicht. Aber einstweilen musst du auf der Hut sein. Geh nicht davon aus, dass ein gefallener Engel sich dir in der Gestalt eines Engels nähert. Du musst damit rechnen, dass sie dir als Mensch begegnen. Je unauffälliger sie dir erscheinen, desto weniger wirst du bemerken, dass sie dich zu manipulieren versuchen. Wenn sie dir aber als Engel erscheinen, dann sei umso mehr auf der Hut. Dann haben sie ein besonderes Interesse an dir und du bist wichtig für sie.“
„Was werden sie tun?“
„Sie werden sich dein Vertrauen erschleichen“, erwiderte Raphael. „Und dann werden sie dir einen Weg aufzeigen, deiner Sorgen und Probleme Herr zu werden. Aber du darfst ihnen nicht folgen! Unter keinen Umständen darfst du glauben, dass sie auf deiner Seite stehen und nur dein Bestes wollen!“
…
Es war finster und kalt. Samael saß auf seinem Thron aus verkohlten Knochen und Menschenschädeln und starrte über die Erde, die in Dunkelheit lag. Aus seinem Toten Palast konnte er Gottes gesamte Schöpfung überblicken. Er sah Länder, Kontinente und Ozeane. Er spürte die Seelen der Menschen und fühlte, ob sie in Bedrängnis und dadurch leichte Beute für ihn waren. Abertausende von Lichtern glühten dort draußen in der Dunkelheit und ein jedes davon stand für eine menschliche Seele. Leuchteten sie stetig und hell, waren diese Seelen beständig und stark. Flackerten sie jedoch und leuchteten nur schwach, so waren diese Seelen in innerer Not und leicht zu verführen. Solche Seelen waren ein leichtes Vergnügen für Samael.
Es kam jedoch auch
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