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Hoellenpforte

Hoellenpforte

Titel: Hoellenpforte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Horowitz
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aufgelöst hatte. Aber dann sah sie ihn, schon am Ende der Straße, wo er an den Geschäften vorbeieilte. Er erreichte den Friseursalon an der Ecke, aus dem gerade eine Frau kam, drängte sich an ihr vorbei und dann war er weg.
    Warum? Er war nicht einmal so lange geblieben, dass sie sich bei ihm bedanken konnte.
    Danach lief alles viel langsamer ab. Ein Krankenwagen kam, den Scarlett nicht brauchte, aber der Lieferwagenfahrer wurde auf eine Trage gelegt und weggebracht. Auch Scarlett wurde untersucht, aber da nichts gebrochen war, durfte sie nach Hause gehen. Aidan ging mit ihr und eine Polizistin begleitete sie. Scarlett fragte sich, was Mrs Murdoch wohl dazu sagen würde. Sie wusste aber schon jetzt, dass es ganz sicher nicht auf Gelächter und übermütiges Auf-den-Rücken-Klopfen zur Schlafenszeit hinauslaufen würde.
    Tatsächlich hatte der Unfall mehrere Konsequenzen. Als Paul und Vanessa Adams am Abend erfuhren, was passiert war, und den ersten Schrecken, dass ihr einziges Kind beinahe überfahren worden wäre, überwunden hatten, fingen sie sofort an, darüber zu streiten, wessen Schuld es war: ihre eigene, weil sie Scarlett zu viel Freiheit gegeben hatten, Aidans, weil er sie abgelenkt hatte, oder Scarletts, die einfach auf die Straße gelaufen war – und das mit dreizehn Jahren. Schließlich entschieden sie, dass Mrs Murdoch in Zukunft wieder am Schultor auf Scarlett warten sollte. Es vergingen neun Monate, bis Scarlett wieder allein von der Schule nach Hause gehen durfte.
    Wer ihr Retter gewesen war, blieb ein Rätsel. Woher war er gekommen? Wie hatte er erkannt, was gleich passieren würde?
    Warum war er so schnell verschwunden? Mrs Murdoch vermutete, dass er ein illegaler Einwanderer gewesen sein musste, der angesichts des herannahenden Polizisten die Flucht ergriffen hatte. Scarlett tat es nur leid, dass sie sich nicht bei ihm hatte bedanken können. Und wenn er in irgendwelchen Schwierigkeiten gewesen wäre, hätte sie ihm gern geholfen.
    In dieser Nacht hatte sie den ersten Traum.
    Scarlett hatte eigentlich nie lebhafte Träume. Normalerweise kam sie von der Schule, aß, machte ihre Hausaufgaben, spielte noch eine halbe Stunde mit ihrer Playstation und fiel dann in einen tiefen, traumlosen Schlaf, der immer viel zu schnell zu Ende war, wenn Mrs Murdoch sie für den Start in einen neuen Schultag wach rüttelte. Aber dieser Traum war mehr als lebhaft.
    Er war so realistisch und detailliert, dass es fast so war, als sähe sie einen Film. Und da war noch etwas Merkwürdiges. Soweit sie es beurteilen konnte, hatte er nicht das Geringste mit ihrem Leben oder den Ereignissen dieses Tages zu tun.
    Sie träumte, dass sie in einer matt erleuchteten Welt war, vielleicht auf einem anderen Planeten – dem Mond? In der Ferne sah sie einen riesigen Ozean, der sich zum Horizont und noch darüber hinaus erstreckte – aber da waren keine Wellen. Die Wasseroberfläche hätte auch eine riesige Metallplatte sein können. Alles war tot. Sie war von Dünen aus Staub umgeben, die irgendwie dorthin geweht worden waren und – wie der Staub auf dem Mond – dort bis in alle Ewigkeit unverändert bleiben würden. Scarlett ging los, doch es blieben keine Fußabdrücke zurück.
    Ein Stück entfernt standen vier Jungen.
    Sie suchten nach ihr. Wenn sie genau hinhörte, konnte sie sogar hören, wie sie ihren Namen riefen. Sie versuchte zurückzurufen, aber obwohl kein Wind wehte, nicht einmal eine Brise, wurden ihr die Worte vom Mund weggerissen.
    Die Jungen waren nicht echt. Das konnten sie nicht sein. Scarlett hatte sie noch nie gesehen. Aber trotzdem war sie überzeugt, ihre Namen zu kennen.
    Scott. Jamie. Pedro. Und Matt.
    Sie kannte sie von irgendwoher. Sie waren sich schon begegnet.
    Dies war das erste Mal, dass sie diesen Traum hatte, aber im Laufe der nächsten zwei Jahre kam er immer wieder. Allerdings veränderte er sich allmählich. Es kam ihr vor, als wären die Jungen jedes Mal ein Stück weiter weg, bis sie sich mit dem Gedanken vertraut machen musste, dass sie ganz allein war. Sie stellte fest, dass sie abends vor dem Schlafengehen immer darauf hoffte, sie zu sehen. Nein, es war mehr als das. Sie musste sie treffen.
    Sie sprach nie über ihre Träume, nicht einmal mit Aidan. Aber irgendwo in ihrem Hinterkopf wusste sie, dass es die wichtigste Sache in ihrem Leben geworden war, diese vier Jungen zu finden.

DIE TÜR
    Zwei Jahre später, als Scarlett gerade fünfzehn geworden war, wurde sie zum zweiten Mal in ihrem

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