Hoellentrip
Teilnehmerzahl.
Doch sie waren alle da – die hübsche Ärztin und Mutter, die gleichfalls hübschen, aber bockigen Kinder zwischen zehn und achtzehn Jahren und der rebellische Onkel, der aussah wie George Clooney in Mokassins.
Ach, und nicht zu vergessen der liebende neue Ehemann, der Anwalt aus Manhattan in seinen schicken Hosen. Was ist los, Peter Carlyle – segelst du nicht gerne? Angst, die Frisur zu zerzausen?
Devoux lächelte in sich hinein. Dieser Teil seiner Arbeit interessierte ihn normalerweise nicht – die Überwachung. Sie war zwar absolut notwendig, aber langweilig. Eine Verschwendung seiner beeindruckenden Fähigkeiten.
Doch heute hatte Devoux sogar Spaß daran; er genoss den Moment, freute sich aber noch mehr auf das, was ihn noch erwartete. Was das sein würde, wusste er haargenau.
Dies war keine gewöhnliche Arbeit, sondern sein größtes, kühnstes und schwierigstes Unternehmen überhaupt. Dazu musste er alle seine Fähigkeiten aufbieten und noch eins draufsetzen. Nicht mehr lange, dann würde er das Meisterstück seiner Planung in die Tat umgesetzt haben.
Devoux blickte nach unten auf seine Uhr aus gebürstetem Stahl. Wasserdicht bis tausend Meter, passte sie hervorragend zum Rest seiner Seglerverkleidung. Allerdings war diese Uhr das Einzige, was ihm wirklich gehörte. Devoux liebte Uhren, aber nur die allerbesten. Er kaufte sie, wie Carrie Bradshaw in Sex and the City ihre Schuhe kaufte. Zehntausend, zwanzigtausend, fünfzigtausend Dollar – der Preis spielte keine Rolle. Was zählte, war die Präzision, das perfekte Zusammenspiel vieler verschiedener komplexer Bewegungen, das zu unschlagbarer Genauigkeit führte. Etwas Schöneres gab es nicht. Jedenfalls nichts, das er kannte.
Vierzehn Uhr eins zeigte sie an.
Bald würde Devoux aus dem Hafen huschen, sich ähnlich in Nichts aufösen wie der Mittagsnebel. Vorerst aber musste er hier ausharren und die Augen offen halten, bis die Familie Dunne am Horizont verschwunden sein würde.
Auf Nimmerwiedersehen.
Weil sich Gerard Devoux, alias der Magier, auf einen ganz besonderen Trick spezialisiert hatte.
Er ließ Menschen verschwinden.
7
Ich stehe am Bug wie Kate ohne Leo in Titanic und hole so viel Luft, wie meine Lungen aufnehmen können. Mit geschürzten Lippen lasse ich sie langsam wieder entweichen, als würde ich in Zeitlupe eine Kerze auspusten.
Ich werde nass bis auf die Knochen, aber das fühlt sich verdammt gut an.
Die ganze Reise kommt mir bisher – o Wunder – ziemlich gut vor. Wer hätte das gedacht? Vielleicht bin ich doch nicht so durchgeknallt. Oder vielleicht bekomme ich nur zu viel Sauerstoff. Einen Meeresrausch, sozusagen.
Wir haben eben erst abgelegt, doch jetzt, da sich das Land hinter unseren vom Wind verfolgten Rücken immer weiter entfernt, habe ich zum ersten Mal ein eindeutig positives Gefühl bezüglich unserer Reise.
Ich glaube, man könnte es Hoffnung nennen.
Jakes Sinn für Humor hat den Kindern tatsächlich ihre Nervosität genommen – zumindest bei Mark und Ernie hat es funktioniert. Um Carrie allerdings mache ich mir Sorgen, weil sie immer noch übler als übel aussieht.
Jake versteht sich so gut mit ihnen. Warum schaffe ich das nicht? Schließlich liebe ich sie mehr als alles andere.
Lass dir Zeit, Katherine. Hab Geduld.
Allerdings bemerke ich eine kleine Veränderung an ihm. An Jake, meine ich. Normalerweise ist er die Ruhe in Person, was er auch jetzt zum größten Teil ist. Aber da schwingt noch etwas mit, das ich nicht greifen kann. Vielleicht hat es damit zu tun, dass wir auf Stuarts Boot fahren.
Was auch immer der Grund sein mag, er wirkt konzentrierter. Oder sollte ich nach einem anderen Wort suchen? »Verantwortungsbewusst«, vielleicht?
Natürlich hat er als unser Kapitän die Verantwortung, was er gleich beim Ablegen klarmachte. Er ließ den Kindern einen Moment Zeit, damit sie ihre Sachen auspacken und sich an das Schwanken gewöhnen konnten. »Dann gehen wir die Regeln durch«, sagte er.
Regeln?
Ich hätte nicht gedacht, dass Jake Dunne die Bedeutung dieses Wortes kennt.
Schließlich hat er sich bisher selten an irgendetwas orientiert außer am Wind. Er hat noch nie ein Auto oder ein Haus besessen, war nie wählen gegangen und hat, soweit ich weiß, noch nie Einkommensteuer bezahlt. Er besitzt nur zwei Dinge auf der Welt: einen Matchbeutel mit Kleidern und eine 68er Harley Davidson. Das Motorrad kaufte er an dem Tag, als er beschloss, sein zweites Jahr in Dartmouth nicht
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