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Hörig (German Edition)

Hörig (German Edition)

Titel: Hörig (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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in eine Richtung weiterging, geradewegs auf das Ende zu. Sie stolperte ihm entgegen. Als sie ihn erreichte, nahm er sie in die Arme und wiegte sie, als ob er sie beruhigen wolle. Immer noch leise lachend, erklärte er: «Da sieht man mal wieder, wie man sich täuschen kann.»
    Während er sie zur Kellertreppe führte, sprach er weiter in beruhigendem Ton auf sie ein. «Packen wir zusammen, Püppi. Wird Zeit, dass wir von hier verschwinden. Brauchst dich nicht länger mit dem Kram abzuquälen. Es war ein Versuch. Damals war ich überzeugt, dass es hinhaut auf die Weise. Aber jetzt …»
    Wieder schüttelte er den Kopf. «Es hat sich zu viel verändert.» Ein Seufzer, ein Achselzucken. «Aber was soll’s. Ich hab einen, der mir das Zeug abnimmt. Ich mach noch einen ganz guten Schnitt dabei. Hatte mich schon vor ’ner Woche nach einem umgesehen, weil ich keine Ahnung hatte, wie und wo ich dich auftreiben sollte. Und als ich gestern Abend das Ding hier in deinem Koffer fand …» Er strich ihr mit dem Lauf der Waffe über die Wange. «… da dachte ich, ist vielleicht besser, wenn ich mit einem zuverlässigen Partner arbeite.»
    Er seufzte noch einmal. Und als sie die Werkstatt erreichten, zog er sie fester an sich. «Schade», sagte er. «Ich hatte es mir so schön vorgestellt. Wir beide, unsere erste, heiße Nacht. Da wird nun leider nichts draus. Meinst du, wir sollten wenigstens einmal? Nur damit du den Unterschied kennenlernst? Aber du hast so laut gebrüllt eben! Wenn das jemand gehört hat …»
    Den Rest ließ er offen, hielt sie mit einem Arm an sich gepresst, schaute ihr ins Gesicht. Da war fast so etwas wie Mitleid in seinem Blick. Aber nur fast. Ed hatte immer gesagt, dass ein Mann wie Rasputin kein Mitgefühl kannte, für nichts und niemanden. Dass Männer wie Heiko Schramm nur sich selbst kannten und für den eigenen Vorteil über Leichen gingen.
    Leichen, dachte sie. Zwei in dem Doppelbett da oben. Eine auf dem Gang vor der Schlafzimmertür. Und wenn Eddi eines Tages begriff, was sie für ihn aufgeschrieben hatte, wenn er dann herkam, würde in der Werkstatt eine vierte Leiche liegen und stinken. Dabei wollte sie doch nicht stinken.
    «Musst keine Angst haben, Püppi», hörte sie ihn flüstern. Er küsste sie, leicht und sanft, nicht so leidenschaftlich wie vor gut einer Stunde noch. «Es tut nicht weh, geht ganz schnell. Du hörst es, dann ist es auch schon vorbei.»
    Im selben Moment spürte sie einen heftigen Schlag in die Seite, hörte einen scharfen Knall.
Du hörst es
, dachte sie. Und das Blut rauschte so laut in ihren Ohren wie ein Wasserfall. Trotzdem hörte sie auch noch den zweiten Knall, gedämpfter als der erste und begleitet von Glasklirren. Dann heulte die Alarmanlage los. Er hörte das ebenso, und er wusste wie sie, dass jemand ins Haus eingedrungen sein musste, zumindest war die Terrassentür zu Bruch gegangen.
    Sein Gesicht war immer noch dicht vor dem ihren. Sie wollte die Augen schließen, um ihn nicht länger ansehen zu müssen. Aber es wurde auch so dunkel. Sie spürte noch, dass die Beine unter ihr nachgaben. Fühlte sogar noch den Schmerz in der Schulter, als er sie unvermittelt losließ und sie auf dem Boden aufschlug. Und den anderen Schmerz, scharf, heiß und sehr heftig. Nicht in der Schulter, etwas tiefer, hinter den Rippen. Dann war alles vorbei.
    Es war gut so, es war kalt und dunkel, fast wie Schwimmen im Atlantik. Untertauchen, auftauchen. Über ihr schwebte ein Gesicht, verschwommen, jung und schmal, mit einem Bartschatten auf den Wangen. Sie mochte gar nicht hinschauen, glaubte, dass er sich über sie beugte, weil er sehen wollte, wie ihre Augen brachen. Ed hatte doch gesagt, Heiko wolle das sehen.
    Aber die Stimme war ihr fremd, befahl ihr, still zu liegen. Nicht zu reden, gar nichts zu tun. Es war auch angenehmer, gar nichts zu tun. Nur so daliegen, schaukeln im kalten Wasser und den Stimmen lauschen. Zwei, drei, vier verschiedene fremde Stimmen, dazwischen eine bekannte.
    «Ich habe einen Schuss gehört und hab selbst durch die Terrassentür geschossen, um ins Haus zu kommen. Er kam die Kellertreppe hinauf, hatte eine Waffe in der Hand und zielte auf mich, mir blieb gar nichts anderes übrig, als noch einmal abzudrücken.»
    Dorothea? Merkwürdig. Das musste ein Traum sein. Ein hässlicher Traum. Diese Schmerzen. Als sei in ihrer Brust etwas in Brand geraten. Und Ed war nicht mehr da, um es zu erklären. Ed würde auch nie mehr da sein.
    Jemand schluchzte: «Wie

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