Hogan, S: Steampunk-Saga: Episode 4
Franzose immer mehr in den Hintergrund gedrängt wurde. Außerdem saß er an der Speisetafel so weit von Kate entfernt, dass er seine Stimme stärker hätte erheben müssen, um von ihr gehört zu werden. Und das wäre eine grobe Unhöflichkeit gewesen.
Selbst der sonst so zurückhaltende Benson gab sich alle Mühe, ein für Kate fesselndes Gesprächsthema zu finden.
„Äh, Cousine Kate, wusstest du schon, dass die Franzosen Elektrizität viel stärker als Dampfkraft benutzen? Das habe ich neulich irgendwo gelesen. Ein Platz in Paris, die Place de la Concorde, soll sogar komplett mit elektrischen Lampen beleuchtet werden. Stell’ dir das nur einmal vor!“
Kate nickte automatisch. Die Place de la Concorde war ihr momentan herzlich gleichgültig. Zwar wusste sie es zu schätzen, dass Benson sie von diesem Roger Leclerc abzuschirmen versuchte. Aber gleichzeitig musste sie sich auch eingestehen, dass sie den Bohemien faszinierend fand.
Aber was war mit James, ihrem Verlobten?
Wäre er an ihrer Seite gewesen, dann hätte Kate keinen zweiten Gedanken an den Franzosen verschwendet. Daran zweifelte sie nicht. Sie konnte es kaum erwarten, endlich nach Paris zu gelangen und mit ihrer Mission zu beginnen. Das würde sie gewiss von dummen Gedanken abbringen.
Endlich näherte sich das Luftschiff der Stadt, die vom breiten glitzernden Band der Seine durchschnitten wurde. Das Napoleon Flugfeld lag genauso außerhalb der Stadt wie es in London mit dem Victoria Flugfeld der Fall war.
Beim Aussteigen aus der Passagierkabine gelang es Roger Leclerc dann doch noch, in Kates Nähe zu kommen.
„Ich würde Ihnen zu gern diese beeindruckende Stadt zeigen, Miss Fenton.“
„Dazu wird wohl kaum Gelegenheit sein“, entgegnete Kate hochnäsig. „Und außerdem würde es mein Verlobter gewiss nicht gerne sehen.“
„Wie Sie meinen, Miss Fenton. Ich wünsche Ihnen und den Gentlemen auf jeden Fall eine schöne und anregende Zeit in Paris.“
Der Bohemien lüpfte seinen Hut auf eine Art und Weise, die Kate nur als ironisch auffassen konnte. Was für ein frecher Kerl! Aber sie war stolz auf sich, weil sie ihn so eiskalt hatte abblitzen lassen.
Benson hatte schon die Zollkontrolle passiert und begab sich zum Morse-Büro, um dem Verbindungsmann Horace Lindsay eine Nachricht zukommen zu lassen. Kate und Phineas Fletcher mussten sich bei der Zollabfertigung noch etwas gedulden. Der Zöllner sprach leidlich Englisch, hatte aber eine unglaublich laute Stimme. Außerdem war er kurzsichtig und konnte sich anscheinend keinen Kneifer leisten. Er beugte sich tief über das Visum.
„Was steht hier?“, schrie er. „Sie sind im Hotel Savoy untergebracht, Miss?“
„Ja, genau.“ Kate errötete vor Ärger. Nun wusste Roger Leclerc, der in der Passagierschlange ein Stück hinter ihnen stand, auch noch ihre Hoteladresse. Er hätte schon taub sein müssen, um die Worte des Zöllners nicht zu verstehen. Kate tröstete sich mit der Vorstellung, dass es in Paris gewiss mehr als genug Frauen gab, die sich gerne mit so einem gewissenlosen Abenteurer abgeben würden. Dafür hielt Kate den Bohemien jedenfalls. Doch andererseits war ihr auch bekannt, dass sie durch ihre schroffe Art bei manchen Männern den Jagdtrieb erst recht befeuerte.
Bensons angespannte Miene hatte sich aufgeheitert, als er wieder zu Kate und dem Erfinder stieß.
„Horace Lindsay hat mein Morse-Telegramm auf der Stelle beantwortet“, raunte er. „Wir können ihn heute Mittag an der Place de la Bastille treffen, in einem Café namens Chez Hugo. Dort werden wir in Ruhe alle Einzelheiten mit ihm besprechen können.“
„Gut gemacht, David“, lobte Kate. Sie wollte sich weiterhin daran gewöhnen, ihren angeblichen Cousin mit dem Vornamen anzusprechen. Ansonsten freute sie sich darüber, endlich wieder aktiv werden zu können. Tatendurstig steuerte Kate auf den Teil des Flugfeldes zu, wo die Pferdedroschken und die Dampfkutter auf Passagiere warteten. Irritiert bemerkte Kate, dass es hier auch Dampf-Automobile gab. Von solchen Maschinen hatte sie gehört, sie wurden aber in London nicht zur Personenbeförderung eingesetzt.
Kate bemerkte sofort, dass die französischen Drehflügler etwas windschnittiger und graziler gebaut waren als ihre englischen Gegenstücke. Aber die Grundkonstruktion war sehr ähnlich. Am liebsten hätte sie einen der Piloten in eine Fachsimpelei verwickelt. Aber sie führte sich vor Augen, dass sie ja im Ausland war. Und sie sprach kein Wort
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