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Home Run (German Edition)

Home Run (German Edition)

Titel: Home Run (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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verspätet. Warren ist völlig erschöpft, und ich will ihn ins Flugzeug zurück zu Agnes setzen, bevor es einen Notfall gibt, was ich nicht gebrauchen kann. Aufgrund der vielen Verspätungen ist der kleine Flughafen von Little Rock völlig überfüllt, und wir verbringen die nächsten Stunden mit den profanen Dingen, die man tut, wenn man auf den Abflug seiner Maschine wartet.
    Am Nachmittag, als Warren wach und zum Reden aufgelegt war, haben wir über unverfängliche Themen gesprochen. Er hat kein Wort über Joe verloren. Obwohl ich nicht so viel Zeit mit ihm verbracht habe, um einschätzen zu können, wie er sich fühlt oder was er denkt, ist klar, dass ihm vieles durch den Kopf geht. Ich bin sicher, dass das Thema Tod an erster Stelle steht, wie für jeden anderen in seinem Zustand. Und dass er vieles bereut. Aber darüber will keiner von uns reden. Warren kann nicht kurz vor Torschluss mit ein paar Entschuldigungen ankommen, was uns beiden klar ist. Ich bin nicht sicher, ob er es überhaupt versuchen will, aber ich weiß, dass ich nichts dergleichen hören möchte.
    Sein Appetit kommt und geht, und als er sagt, er habe Hunger, suchen wir uns einen kleinen Tisch in der überfüllten Lounge. Die Kellnerin fragt, ob wir etwas trinken möchten, und Warren erwidert lächelnd: »Ich hätte gern ein großes Bier vom Fass.« Ich bestelle das Gleiche. »Ich bin seit zehn Jahren trocken«, sagt er, als die Kellnerin gegangen ist. »Ich habe nur noch zwei Monate zu leben. Warum nicht?«
    »Warum nicht?«
    »Abstinenz wird überschätzt«, meint er mit einem Grinsen. »Ich war viel glücklicher, als ich noch getrunken habe.«
    Ich kann darüber nicht lachen, weil ich daran denken muss, dass er dann meine Mutter geschlagen hat, wenn er betrunken war. »Was soll ich dazu sagen?«
    In der Bar sind drei große Fernseher, die alle auf die World Series geschaltet sind, Yankees gegen Marlins. Das Bier kommt, wir stoßen an, prosten uns zu und trinken. Warren schluckt, als wäre er kurz vorm Verdursten. Dann schmatzt er mit den Lippen. »Oh, wie habe ich das vermisst.«
    Wir bestellen Sandwiches und sehen uns das Spiel an. Es dauert nicht lange, bis er sein Missfallen äußert. »Sieh dir die Spieler an«, knurrt er. »Sieh dir an, wie fett sie sind, vor allem die Pitcher.« Eine Minute später: »Sieh dir den Kerl da an, in der World Series, verdient Millionen im Jahr und ist so langsam, dass er nicht mal an einen Pop Fly rankommt.«
    Wieder einmal fällt mir auf, wie absurd das, was ich gerade tue, doch ist. Ich trinke ein Bier mit meinem Vater und sehe mir mit ihm zusammen ein Baseballspiel an – zum ersten Mal in meinem Leben! Und das nur, weil er stirbt.
    Die Sandwiches werden serviert, und wir richten unsere Aufmerksamkeit auf das Essen. Warren hat ein paar abfällige Bemerkungen über »diese modernen Spieler« gemacht, was darauf schließen lässt, dass er kein großer Fan von ihnen ist.
    »Und? Schreibst du noch eine Geschichte? Über unsere kleine Reise?«, fragt er, als er in sein Club Sandwich beißt.
    »Nein, das ist nicht geplant.«
    »Du solltest aber. Ich finde, du solltest die erste Geschichte nehmen, ein zweites Kapitel hinzufügen und das Ganze drucken lassen. Und tu es jetzt, vor meinem Tod. Es macht mir nichts aus. Du willst, dass die Öffentlichkeit die Wahrheit erfährt. Ich auch. Veröffentliche die Geschichte.«
    »Das haben wir nicht vereinbart.«
    »Ist doch egal, was wir vereinbart haben. Ich würde es gut finden, wenn die Leute wüssten, dass ich zu Joe Castle gegangen bin und mich nach all den Jahren entschuldigt habe. Das habe ich in meinem Leben nicht oft getan.«
    »Da bin ich mir sicher.«
    »Lass es drucken. Es ist mir egal.«
    »Ohne die Einwilligung der Castles kann ich das nicht tun. Du hast gesehen, wie sehr sie Joe abschirmen.«
    »Dann hol dir ihre Einwilligung. Schreib die Geschichte, zeig sie ihnen, und ich wette, du kannst sie überzeugen.«
    »Ich werde mit ihnen reden.« Die Idee gefällt mir. Wir bestellen noch eine Runde Bier und essen unsere Sandwiches auf. »Die Mets sind doch ätzend«, sagt ein Mann, der an unserem Tisch vorbeigeht. Als uns klar wird, dass es an Warrens Mütze liegt, lachen wir.
    Eine Verspätung führt zur nächsten, und schließlich ist es fast einundzwanzig Uhr, als Warrens Flug aufgerufen wird. Sein Flugsteig ist ganz in der Nähe von meinem, und wir laufen langsam den Korridor entlang. Als wir das Gate erreicht haben, gehen die Passagiere bereits an

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