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Homo ambrosius (Die Organhändler) (German Edition)

Homo ambrosius (Die Organhändler) (German Edition)

Titel: Homo ambrosius (Die Organhändler) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Karer
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Hauptkommissar bin ich wohl unterbeschäftigt.“
    „Du bist enttäuscht?“
    Bevor er ihr antwortete, drehte er nachdenklich die halbvolle Kaffeetasse in der Hand. Er horchte in sich hinein. Enttäuscht? Er fand nur Leere, keine Emotion, es war ihm egal, oder doch nicht?
    „Ich weiß nicht, irgendwie schon. Andererseits bin ich auch ein Risiko. Ein Aussetzer im falschen Moment, und was dann? Ich würde mich selbst nicht einsetzen. Enttäuscht, ja, aber vor allem über mich selbst, Afghanistan ist jetzt vier Jahre her. Langsam sollte ich es verdaut haben.“
    Er schaute Elisabeth an und bekam nicht mit, was sie antwortete. Ihr Mund bewegte sich, doch er sah ihren Körper. Er begehrte sie immer noch. Er wollte ihre Brüste anfassen, die sich unter dem Nachthemd abzeichneten. Aber sie würde ihn abweisen, und auf dieses kalte Gefühl der Zurückweisung konnte er verzichten. Er verschluckte seine Lust mit dem Kaffee und konzentrierte sich auf das, was sie sagte.
    „Sieh es als eine Prüfung Gottes, Jakob. Ich bin überzeugt, dass du es schaffst, du musst daran glauben.“
    Er nickte nur. Er war nicht gläubig, dafür hatte er zu viel gesehen und erlebt. Aber er respektierte den Glauben seiner Frau, ärgerte sich nur immer über die oft allzu menschlichen Seiten einer Religion. Insbesondere, wenn sich ein gewisser Fanatismus einstellte. Er hatte gesehen, wohin es führen konnte, wenn Menschen ihre Aktivitäten mit Gottes Willen rechtfertigten.
    „Und was machen die Kinder heute?“, fragte er.
    „Max büffelt fürs mündliche Abitur, Vera hat ganz normal Schule.“
    „Du hast unsere Kinder gut erzogen, ihr seid alle so selbstständig und zielstrebig. Ich bin stolz auf euch“, sagte er.
    „Das hast du früher auch oft gesagt und mir damit Angst gemacht“, antwortete sie.
    „Angst? Was habe ich denn gesagt?“
    „Bevor du in einen Einsatz gegangen bist, hast du immer angedeutet, dass wir auch gut ohne dich zurechtkommen. Das eben klang genauso.“
    Er stellte seine leere Kaffeetasse auf dem Tisch ab. „Ehrlich, Elisabeth, das ist mir nie aufgefallen. Nein, ihr seid einfach ein gutes Team, das ist alles, was ich sagen wollte. Und schau mich doch an, für was will man einen Krüppel wie mich noch einsetzen? Es wird keine Einsätze mehr geben.“

Sein Büro befand sich in einer Außenstelle des BKA, außen wies nichts auf die Funktion des Gebäudes hin, es war neutral und unauffällig in die Umgebung eingebettet. Als er das erste Mal sein neues Büro betreten hatte, war es ein Versprechen für die Zukunft gewesen – es war nicht zu klein, es war hell und modern eingerichtet und auf dem Schild neben der Tür stand sein Name: Jakob Schell, Kriminalhauptkommissar. Doch was brachten ihm das Büro und sein Titel, wenn der Job nicht stimmte.
    Die Stelle zur Aufklärung von Straftaten von Bundeswehrangehörigen in ihren Einsatzgebieten war speziell für ihn geschaffen worden, wie er erst später erfuhr. Und das war das Problem. Als die Stelle eingerichtet wurde, gab es noch offene Fälle und die Politik machte Druck, dass sie schnell erledigt wurden. Seine Kontakte zu den Feldjägern , sein Insiderwissen, seine Erfahrung, all das war wertvoll gewesen, keine Frage. Und für die Bundeswehr war es eine hervorragende Lösung, um einen altgedienten Offizier zu versorgen – oder zu entsorgen, wie er es zynisch formulierte.
    Aber nun gab es keine Fälle mehr, die ein externes Eingreifen rechtfertigten. Wenn etwas geschah, konnte die Militärpolizei, konnten die Feldjäger, seine Feldjäger, das selbst regeln.
    In den letzten Monaten hatte er kaum noch Arbeit gehabt und gleich gar keine, die ihn herausforderte.
    Er war kein Büromensch. Er musste raus, er brauchte Bewegung. Die Kollegen saßen vor ihrem Computer, eine Welt, die ihm zwar nicht fremd, aber von der er doch weit entfernt war. Ja, er war flexibel, er lernte schnell. Alles, was von Nutzen war, eignete er sich an. Als ein Kollege eine wichtige Spur fand, dabei eine Adresse via Google Street View überprüfte und rein zufällig auch eine gesuchte Person identifizierte, hatte er sich mehrere Tage mit Street View beschäftigt.
    Als Fahnder war er über die Möglichkeiten begeistert, als Privatperson schockiert. Vor allem als er feststellte, welche Möglichkeiten es heute gab, Daten über eine Person zusammenzuziehen und daraus ein Persönlichkeitsprofil zu erstellen. Gestern hatte er fasziniert und mit schlechtem Gewissen das Bewegungsprofil seines Sohnes verfolgt,

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