Homo ambrosius (Die Organhändler) (German Edition)
wollten. Die Auftraggeber von Martin Polinski konnten bisher nicht identifiziert werden. Brauchbare Ermittlungshinweise in diese Richtung liegen derzeit nicht vor.
Wir gehen davon aus, dass Polinski für seine Dienste mit einer Niere bezahlt werden sollte. Offensichtlich war eine Transplantation in London bereits vorbereitet. Gemäß den sichergestellten Unterlagen wollte Polinski am Tag seines Todes hierfür nach London fliegen.
Denkbar wäre somit, dass nach dem unerwarteten Tod Polinskis dessen Auftraggeber kalte Füße bekam und Lisa Schlattmann ebenfalls ausschaltete – da er befürchten musste, dass Lisa Schlattman über Informationen verfügte, die zu seiner Identifikation führen konnten.
Für diese These spricht, dass Polinski am Vormittag des Tages verstarb, an dem Lisa Schlattmann getötet wurde. Sein eventuell auch für seinen Auftraggeber überraschender Tod könnte bei diesem eine Kurzschlussreaktion ausgelöst haben.
Die dritte These und die für uns wahrscheinlichste ist, dass Lisa Schlattmann im Laufe ihrer letzten Ermittlungen auf eine wichtige Spur stieß, ohne deren Brisanz zu erkennen. So wissen wir, dass Schell und Schlattmann am Montag, dem 4. März, der Spurensicherung den Auftrag gaben, Dokumente und Fotografien auf Fingerabdrücke zu untersuchen. Außerdem bat Schell noch am gleichen Tag um einen Termin beim Staatsanwalt.
Der Mitarbeiter der Spurensicherung erinnert sich nicht an den Inhalt, versichert aber, sowohl die eingescannten Dokumente auf dem Abteilungsserver abgelegt zu haben als auch die Originaldokumente per Hauspost zurückgeschickt zu haben, was von der Hauspost bestätigt wurde.
Diese Dokumente sind verschollen. Weder auf dem Server noch im Mailsystem wurden Hinweise auf die neuen Ermittlungstätigkeiten von Schell/Schlattmann gefunden. Wir gehen davon aus, dass Martin Polinski diese entfernt hat, können dies aber nicht belegen. Das Notebook von Lisa Schlattmann wurde bei der Explosion vollständig zerstört, vermutlich befanden sich darauf noch Kopien der Daten.
Es liegt nahe, dass Martin Polinski die Ermittlungsunterlagen an seinen Auftraggeber weitergeleitet hat und dieser dann die Aktion auslöste.
Die in der Abteilung beschäftigte Hilfskraft Tobias Feist bestätigte ebenfalls die neuen Ermittlungsaktivitäten, weiß aber nicht, worum es inhaltlich ging, in diesem Zeitraum war er auch zwei Tage krankgemeldet.
Fraglich ist in diesem Zusammenhang die tatsächliche Todesursache von Martin Polinski. Es konnte zwar kein Fremdeinfluss nachgewiesen, aber auch nicht vollständig ausgeschlossen werden.
Jakob Schells Rolle ist aus unserer Sicht eindeutig: Er wurde an diesem 8. März zufällig zum Opfer, da er auf den Hilferuf seiner Kollegin reagierte. Vermutlich hat Jakob Schell die Mörder von Lisa Schlattmann überrascht. Offensichtlich hatten sie mit seinem schnellen Erscheinen am Tatort nicht gerechnet.
Allerdings gehen wir davon aus, dass auch Jakob Schell getötet werden sollte, da er mit Sicherheit auf dem gleichen Ermittlungsstand wie Lisa Schlattmann war.
Die ebenfalls in die Ereignisse vom Donnerstag, dem 8. März, involvierte Hilfskraft Tobias Feist konnte uns, insbesondere über den Verlauf des Donnerstagabends, wertvolle Detailinformationen liefern. Er wurde bei der Explosion des Hauses leicht verletzt. Ansonsten sehen wir keinen Bezug seiner Person zu der Sache. Seine Ausführungen und sein Kenntnisstand wurden vollständig dokumentiert.“
Tobias starrte zum Fenster hinaus. Er musste nicht weiterlesen, die Ermittler waren in einer Sackgasse gelandet. Mit ihren Schlussfolgerungen waren sie zwar auf dem richtigen Weg, aber sie hatten zu wenige Hinweise. Die Sache würde sich totlaufen und der Fall nach einigen Monaten ungelöst im Archiv verschwinden.
Sollte er dem BKA doch Informationen über Ao Chen zukommen lassen? Nein, er blieb bei seiner Entscheidung. Denn seine Rache würde weitaus effektiver ausfallen.
Er blätterte im Bericht weiter, überflog die geplanten nächsten Ermittlungsschritte, kam zum Bericht der Spurensicherung. Und fand einige Informationen, die er noch nicht kannte.
Die Spurensicherung hatte ganze Arbeit geleistet, soweit Tobias das beurteilen konnte. Das Bildmaterial war umfangreich und zum ersten Mal realisierte Tobias, wie gewaltig die Explosion gewesen war.
Die Fotos der Leichen setzten ihm zu. Diese Bilder würden ihn sein Leben lang nicht mehr loslassen. Jakob, nachdem man ihn aus dem Schutt geborgen hatte. Ein
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