Homo ambrosius (Die Organhändler) (German Edition)
verbranntes Etwas, das mal Lisa gewesen war.
Er blätterte weiter und blieb an der Bilderserie eines ausgebrannten Kastenwagens hängen – dem Fluchtfahrzeug der Mörder. Er überflog den Text:
„Das Fluchtfahrzeug, ein schwarzer Kastenwagen der Marke Mercedes, wurde am Mittwoch, 6. März, von einem Abstellplatz des Lieferservices UPS in Düsseldorf gestohlen.
Bei dem Schusswechsel in der Schillerstraße wurden aus dem wegfahrenden Kastenwagen vier Feuerstöße aus einer Maschinenpistole des Typs Uzi mit insgesamt neunundzwanzig Schuss abgegeben. Lediglich einer der vier Feuerstöße, vermutlich der erste, mit sieben Schuss, traf Objekte in unmittelbarer Umgebung des Autos von Jakob Schell. Ein Schuss streifte Schells linken Oberschenkel und blieb in der Motorhaube stecken.“ Tobias hatte gar nicht mitbekommen, dass Jakob verletzt worden war, er erinnerte sich an keinen Schrei oder Schmerzenslaut.
„Ein weiterer Schuss traf die Motorhaube, zwei durchschlugen auf der Höhe des Lenkrads die Windschutzscheibe und blieben im Polster des Rücksitzes stecken. Die restlichen drei Schuss trafen auf der linken Fahrzeugseite die Fahrertüre und das Heck des Fahrzeuges.
Schell gab aus seiner P30 zwölf Schuss ab. Zwei Schuss verblieben beim Magazinwechsel im Magazin, einer in der Waffe. Schell traf mit hoher Wahrscheinlichkeit das andere Fahrzeug acht Mal, vier Schuss wurden in Schussrichtung in diversen Objekten sichergestellt.
Das vollständig ausgebrannte Fluchtfahrzeug wurde drei Tage nach der Tat in der Nähe von Hannover von Kindern in einer stillgelegten Kiesgrube gefunden. Blutspuren im Laderaum weisen darauf hin, dass Schell einen der Täter getroffen hat. Die DNA-Analyse hat bisher keinen Treffer ergeben.“
Jakob hat also einen der Drecksäcke erwischt, dachte Tobias.
Und was schreiben sie zu meinem Notebook? Er blätterte weiter. Ah, hier.
„Am Tatort wurde auf der Beifahrerseite des Fahrzeugs von Jakob Schell ein Notebook sichergestellt. Gemäß dem Zeugen Tobias Feist handelte es sich um das private Notebook von Jakob Schell. Schell habe ihm das Notebook im Oktober 2012 zur Verfügung gestellt, und Feist habe es Schell im Januar 2013 wieder zurückgegeben. Die Seriennummer stimmt mit einer Internetbestellung Schells vom September 2012 überein. Die Übergabe des Notebooks an Feist wurde von Elisabeth Schell bestätigt.
Die Festplatte des Notebooks wurde vollständig durch einen Überspannungsstoß zerstört. Wie dieser Sicherheitsmechanismus ausgelöst wurde, ist unklar. Es ist nicht auszuschließen, dass dies zufällig beim Sturz des Gerätes aus dem Auto geschah.
Puh, Glück gehabt, kein Bezug zu mir. Er blätterte weiter, fand aber nichts mehr, was ihn interessierte. Er rief die Suchfunktion auf und gab seinen Namen ein. Alle Stellen, die er so fand, hatte er bereits gelesen. Er war lediglich ein Zeuge.
Die haben Hunderte von Details aufgenommen, wahrscheinlich brauchen sie Monate für die Auswertung. Der einzige brauchbare Hinweis sind die Blutspuren. Und der Schlüssel ist die Chinesische Europäische Investmentbank, von der kein Wort im ganzen Bericht steht, dachte er. Er wusste, was zu tun war.
Vier Wochen lang saß er bis zu achtzehn Stunden am Tag vor dem Computer. Das Haus verließ er nicht mehr, das Essen ließ er sich von einem Online-Lieferdienst an die Wohnungstür bringen. Wenn er reden wollte, fand er Gesprächspartner im Netz. Was in der Welt ansonsten passierte, interessierte ihn nicht.
Für ihn drehte sich alles um die Chinesische Europäische Investmentbank, die CEI, um Ao Chen und Dérúgo Feng. Inzwischen war er überzeugt, dass Dérúgo Feng und Ao Chen gemeinsame Sache machten. Den ersten Hinweis fand er in Ao Chens Personalakte. Chen hatte gleichzeitig mit Dérúgo Feng bei der CEI angefangen. Chens Lebenslauf entnahm er, dass Chen eine Zeitlang für Wei Feng, den Vater von Dérúgo Feng, tätig gewesen war. In einem als privat gekennzeichneten Verzeichnis auf Ao Chens Computer stieß er auf neun eingescannte Bilder, sieben davon zeigten Dérúgo Feng zusammen mit Ao Chen.
Chen war im Organigramm der CEI als Abteilungsleiter Interne Sicherheit aufgeführt. In den letzten Jahren war er zu einigem Wohlstand gekommen, er hatte in der Frankfurter City eine kleine möblierte Firmenwohnung und war verheiratet. Fotos ließen darauf schließen, dass Ao Chen mindestens zwei Kinder hatte, die Familie schien jedoch in China zu leben.
Über Dérúgo Feng gab es jede Menge
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