Honor Harrington 19. Der Schatten von Saganami
halten, und die anderen Offiziere des Stabes hatten sich bereits verabschiedet.
»Ich fragte, was Sie von ihm halten«, erwiderte Khumalo. Der Konteradmiral wandte ihr den Rücken zu und blickte in die kühl leuchtenden Tiefen eines Hologobelins. »Captain Terekhov natürlich.«
»Ich hatte eigentlich noch keine Gelegenheit, mir eine Meinung über ihn zu bilden, Sir«, sagte sie nach einem Augenblick. »Er macht auf mich einen durchaus angenehmen Eindruck.«
»Ja, das stimmt, nicht wahr?«, fragte Khumalo in recht geistesabwesendem Ton. »Trotzdem ist er nicht ganz so, wie ich erwartet hatte.«
Shoupe erwiderte nichts. Sie stand am Tisch und wartete geduldig. Sie war bei Khumalo, seitdem man den Konteradmiral nach Talbott beordert hatte, und fast gegen ihren Willen mochte sie ihn mittlerweile recht gern. Er konnte frustrierend sein, wankelmütig und eitel, und eindeutig war er einer der >politischen< Admiräle in der RMN. Doch er arbeitete bis in die Nacht - ein Grund, weshalb er gegen Abend gern etwas schlummerte -, und welche Fehler er sonst auch haben mochte, er war aufrichtig entschlossen, den Anschluss des Sternhaufens zu einem erfolgreichen Ende zu führen.
»Ich habe die Berichte über die Schlacht von Hyacinth gelesen, wissen Sie«, fuhr der Konteradmiral nach kurzem Schweigen fort. »Es muss entsetzlich gewesen sein.« Er wandte sich ihr zu und sah sie an. »Kennen Sie die Berichte, Loretta?«
»Nein, Sir. Das kann ich nicht behaupten.«
»Hyacinth sollte eigentlich in unserem Besitz sein«, sagte Khumalo, während er langsam zu seinem Schreibtisch ging und sich setzte. »Genauer gesagt war das sogar so, als Terekhovs Geleitzug dorthin in Marsch gesetzt wurde. Das System sollte in ein vorgeschobenes Nachschubdepot für die Achte Flotte umgewandelt werden, aber das Wachgeschwader, das es schützen sollte, fiel einem havenitischen Gegenangriff zum Opfer. Das Geschwader hatte keinerlei neue Schiffstypen, und die Havies kamen mit überwältigender Stärke. Dem Kommandeur des Wachgeschwaders blieb keine Wahl, als sich zurückzuziehen, und als Terekhov eintraf, lief er direkt in einen Hinterhalt.«
Der Konteradmiral schwieg. Eine Hand spielte mit einem reich verzierten Dolch, den er als Briefbeschwerer verwendete.
»Die Havies forderten ihn zur Kapitulation auf, müssen Sie wissen«, fuhr er nach einigen Sekunden fort. »Er weigerte sich. Ihm stand keinerlei Gondeltechnik zur Verfügung, aber er hatte die neuste Elektronik einschließlich der aktuellsten ECM und das Überlichtcom, und die Frachter in seinem Konvoi hatten neueste Technologie geladen, einschließlich der Ersatzteile und Mehrstufenraketen als Nachschub für die Achte Flotte. Er konnte das nicht in Feindeshand fallen lassen, deshalb versuchte er sich herauszukämpfen um wenigstens die Frachter wieder über die Hypergrenze zu bringen.
Zwo von ihnen haben es tatsächlich geschafft. Aber Terekhov verlor sechs von ihnen, seine komplette Division Leichter Kreuzer und drei Viertel seiner Leute. Die meisten Mitglieder der Frachterbesatzungen überlebten; sie aktivierten die Selbstvernichtungsladungen und gingen in die Rettungsboote. Aber Terekhovs eigene Leute wurden massakriert.«
Er starrte auf den juwelenbesetzten Dolchgriff und zog die Waffe blank. Die scharfgeschliffene Schneide funkelte, und er drehte langsam den Dolch und beobachtete die Reflektionen.
»Was hätten Sie an seiner Stelle getan, Loretta?«, fragte er leise, und sie versteifte sich. Einen Augenblick lang schwieg Shoupe, und Khumalo blickte auf.
»Das ist keine Fangfrage«, sagte er. »Ich hätte Sie wohl eher nach Ihrer Meinung zu der Entscheidung fragen sollen, die Terekhov dann getroffen hat.«
»Ich denke, sie erforderte großen Mut, Sir«, sagte sie nach kurzem Nachdenken. Sie klang noch ein wenig steif.
»Oh, daran besteht überhaupt kein Zweifel«, stimmte Khumalo ihr zu. »Aber reicht Mut allein aus?« Sie sah ihn still fragend an, und er hob leicht die Schultern. »Der Krieg war fast vorüber, Loretta. Zu der Zeit, als Terekhov bei Hyacinth überfallen wurde, stand eigentlich schon fest, dass die Havies nichts hatten, womit sie die Achte Flotte aufhalten konnten, was auch immer geschah. War es also eine Entscheidung, die auf gutem Urteilsvermögen beruhte, oder auf schlechtem? Hätte er seine Schiffe übergeben und zulassen sollen, dass den Havies die Technologie in die Hände fiel, denn er wusste ja, dass ihnen die Zeit fehlte, sie sich zunutze zu
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