Hot Summer
mich heftig, vergrub eine Hand in meinem Haar. Sein Mund drückte sich hart gegen meinen, und ich wimmerte.
„Rate mal!“ Er antwortete, bevor ich Zeit hatte, zu einer Erwiderung anzusetzen. „Alex’ Unternehmen wurde von einem größeren Konzern aufgekauft. Er ist jetzt wohl so ein verdammter Millionär.“
Was ich über Alex Kennedy wusste, passte auf ein Blatt Papier. Ich wusste, dass er in Übersee arbeitete, genauer in Asien, und dort schon gewesen war, bevor ich James kennenlernte. Er hatte nicht zu unserer Hochzeit kommen können, aber uns ein schönes Geschenk geschickt, das unglaublich teuer gewesen sein musste. Ich wusste, dass er seit der achten Klasse James’ bester Freund gewesen war und dass sie sich verkracht hatten, als beide einundzwanzig waren. Ich hatte immer das Gefühl, die Kluft zwischen ihnen sei danach nicht wieder vollständig überwunden worden, aber dann erinnerte ich mich, wie anders die Beziehungen zwischen Männern sind. Wenn James kaum mit seinem Freund sprach, hieß das nicht, dass sie einander nicht vergeben hatten, was auch immer sie damals auseinandergetrieben hatte.
„Wow, wirklich? Ein Millionär?“
James zuckte mit den Schultern. Seine Finger schlossen sich in meinem Haar zur Faust, ehe er mich losließ und sich wieder an das Kopfteil lehnte. „Der Typ ist ein verdammtes Genie, Anne. Das kannst du dir nicht vorstellen.“
Nein, ich konnte es mir nicht vorstellen. „Das sind ja dann gute Neuigkeiten. Für ihn.“
Sein Blick verfinsterte sich. Er fuhr sich mit der Hand durch das dunkle Haar, das bereits von ersten blonden Strähnen durchzogen war, obwohl der Sommer kaum begonnen hatte. „Ja, aber die Bastarde, die ihn aufgekauft haben, haben entschieden, dass er in dem Unternehmen nicht länger gebraucht wird. Er ist seinen Job los.“
„Braucht ein Millionär Arbeit?“
James’ Blick schien zu fragen, ob ich denn überhaupt nichts verstünde. „Nur weil man nicht arbeiten muss, heißt das nicht, dass man nicht arbeiten will. Wie auch immer, Alex hat die Nase voll von Singapur. Er kommt nach Hause.“
Seine Stimme wurde bei den letzten Worten immer leiser. Er klang beinahe schwermütig, aber der kurze Moment verflog. Dann sah er mich wieder grinsend an. „Ich habe ihn eingeladen, uns zu besuchen. Er hat gesagt, er wird für ein paar Wochen bleiben, während er sein nächstes Geschäft aufzieht.“
„Ein paar Wochen? Hier bei uns?“ Ich wollte nicht abweisend klingen, aber …
„Ja.“ James’ Lächeln war klein und geheimnisvoll, als gelte es nur ihm und nicht mir. „Das wird großartig. Du wirst Alex lieben, Süße, glaub mir.“
Er schaute mich an. Einen Moment lang war er ein Mann, den ich nicht kannte. Er streckte die Hand nach mir aus, verschlang unsere Finger miteinander, ehe er meine Hand an seine Lippen hob und meinen Handrücken küsste. Sein Mund liebkoste meine Haut, und er blickte zu mir auf. Seine Augen waren dunkel vor Aufregung.
Aber nicht meinetwegen.
Ich war Evelyn und Frank Kinneys einzige Schwiegertochter. Obwohl ich von der Familie anfänglich kühl empfangen wurde, als James und ich begannen, miteinander auszugehen, und auch noch, als wir uns verlobten, wurde ich wie eine Kinney behandelt, seit ich eine Kinney war. Evelyn und Frank hatten mich an ihre Brust gedrückt, und damit gehörte ich zum Kinney-Clan. Und wie man im Treibsand versinkt, war ich bald schon so integriert, dass ich kaum entkommen konnte.
Wir kamen alle gut miteinander aus, jedenfalls meistens. James’ Schwestern Margaret und Molly waren ein paar Jahre älter als wir. Sie waren beide verheiratet und hatten Kinder. Ich hatte mit ihnen außer unserem Geschlecht wenig gemeinsam, und obwohl sie sorgsam darauf bedacht waren, mich zu jedem Mädchenabend einzuladen, den sie mit ihrer Mutter machten, standen wir einander nicht sehr nahe. Was aber anscheinend keinen störte.
Natürlich merkte James nicht, wie oberflächlich meine Beziehung zu seiner Mutter und seinen Schwestern war. Für mich war das in Ordnung. Die ganze Fassade war für mich in Ordnung. Die schimmernde Oberfläche, die verhinderte, dass irgendjemand sah, was darunter verborgen lag. Die Untiefen und Wirbel der Wahrheit. Ich war einfach daran gewöhnt.
Und das wäre auch alles nicht so schlimm gewesen, wenn Mrs. Kinney nicht gewisse … Erwartungen hätte.
Wo wir hingingen. Was wir dort machten. Wie wir es machten und wie viel es kostete. Sie wollte alles wissen, aber sie war nicht damit zufrieden,
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