Hot Summer
Er machte es mir leichter, zu gehen.
Angezogen fuhr ich mit beiden Händen durch meine Locken und versuchte, ihnen einen Anschein von Ordnung zu geben. Dann nahm ich Puderdose, Mascara und Lippenstift aus meiner Handtasche und gab mir das Gesicht einer anderen. Ich strich über meine Kleider. Trat zurück.
Wieder schaute ich zu ihm hinüber. Er hatte sich nicht bewegt.
„Lebe wohl, Alex“, sagte ich schließlich. „Ich hoffe, du wirst glücklich sein.“
Er antwortete nicht. Ich wollte von ihm ein Lebewohl hören. Er sollte etwas sagen. Aber er war ein ungezogener Frechdachs, selbst in diesem letzten Moment. Er blickte mich an, nickte halb, halb lächelte er, und sein Verhalten ließ mich fragen, ob ich alles riskiert hatte für ein paar Stunden sinnloser Lust. Ob das alles gewesen war. Ob ich einen Fehler gemacht hatte, als ich herkam.
„Anne“, sagte er, als meine Hand sich nach dem Türknauf ausstreckte.
Ich verharrte, ohne mich umzudrehen.
„Als ich sagte, dass Jamie der Einzige war, der mich je hat verstehen lassen, wie es sein könnte, jemanden zu lieben …“
Ich drehte mich zu ihm um. Sah ihn zum allerletzten Mal an.
„… Er war nicht der Einzige.“
Es gibt nur eines, was ich rückblickend bedaure, wenn ich an jenen Tag denke: dass mein letzter Blick auf Alex von Tränen verwischt wurde.
Behutsam schloss ich die Tür hinter mir und stand im Flur. Ich hielt den Atem an. Dann straffte ich mich und wischte mein Gesicht ab.
Der Strand draußen vor dem Hotel war größer und sauberer als der hinter meinem Haus, aber das Wasser war dasselbe. Kalt und kabbelig saugte es sich bis auf Höhe meiner Knie in den Jeansstoff. Ich war zu ihm gegangen, um ihm Lebewohl zu sagen, und das hatte ich getan. Ich war hergekommen, um ihn loszulassen, und auch das war mir gelungen. Es war nicht das glückliche Ende, das man aus den Märchen kennt, aber es war das Einzige, was wir hatten.
„Sei glücklich“, flüsterte ich dem Wasser zu.
Perfektion ist ein zu hohes Ziel, um es je zu erreichen. Manchmal ist es befriedigender, hart zu arbeiten. Das, was wir beinahe verloren haben, können wir höher schätzen als etwas, an dem wir nie zweifeln. James wartete zu Hause auf mich. Dort hatte ich ein Leben mit ihm. Mit unseren Kindern, wenn wir eines Tages welche hatten. Es war kein perfektes Leben, aber es würde ein gutes sein, wenn wir beide hart daran arbeiteten. Mein Ehemann wartete auf mich, und ich wollte rechtzeitig zu ihm zurückkehren.
In jenem Moment, als ich im Wasser stand und den Wind fühlte, der über mein Gesicht streichelte, hatte ich keine Angst mehr, zu ertrinken.
– ENDE –
Weitere Kostenlose Bücher