Hotel
am anderen die Tür zum Salon, die einen Spalt breit offen stand. Rechts und links führte je eine Tür in die kleine Küche und in ein Schlaf-Wohnzimmer, das gegenwärtig vom Sekretär bewohnt wurde und ihm auch als Büro diente. Die zwei nebeneinanderliegenden Hauptschlafzimmer der Suite waren sowohl durch die Küche als auch durch den Salon zu erreichen, eine wohlüberlegte Anordnung des Architekten, die es heimlichen Schlafzimmerbesuchen ermöglichte, notfalls durch die Küche herein- und hinauszuschlüpfen.
»Warum kann man ihn nicht holen lassen?« Die Herzogin war in der Tür zum Salon aufgetaucht, drei wild kläffende Terrier auf den Fersen, und schoß die Frage auf Peter ab, ohne sich mit Vorreden aufzuhalten. Mit einem Fingerschnippen, das sofortigen Gehorsam erzwang, brachte sie die Hunde zum Schweigen und richtete ihren Blick forschend auf Peter. Er betrachtete das wohlgeformte Gesicht mit den hohen Wangenknochen, das ihm von zahllosen Fotos her vertraut war, und bemerkte, daß die Herzogin auch in salopper Kleidung ihre Eleganz nicht verleugnete.
»Offengestanden, Durchlaucht, ich wußte nicht, daß Sie Mr. Trent persönlich verlangt hatten.«
Graugrüne Augen musterten ihn abschätzend. »Wenn Mr. Trent schon nicht da ist, hätte ich wenigstens seinen Stellvertreter erwartet und nicht einen jungen Mann.«
Peter errötete unwillkürlich. Die Haltung der Herzogin von Croydon war von einer erhabenen Arroganz, die seltsamerweise etwas Anziehendes hatte. Peter fiel dabei ein Foto ein, das er in einer Illustrierten gesehen hatte. Es zeigte die Herzogin, wie sie auf einem Hengst über ein hohes Gatter setzte. Unter Nichtachtung jeder Gefahr war sie völlig Herr der Lage. Bei der Erinnerung daran überkam ihn das Gefühl, als wäre er in diesem Moment zu Fuß und die Herzogin hoch zu Roß.
»Ich bin stellvertretender Direktor. Deshalb bin ich selbst gekommen.«
In ihren Augen schimmerte es belustigt auf. »Sind Sie nicht noch ein bißchen jung für solch einen Posten?«
»Nicht unbedingt. Heutzutage haben viele junge Männer leitende Posten in der Hotelbranche inne.« Er stellte fest, daß sich der Sekretär diskret zurückgezogen hatte.
»Wie alt sind Sie?«
»Zweiunddreißig.«
Die Herzogin lächelte. Wenn sie wollte – wie jetzt –, strahlte ihr Gesicht bezaubernde Wärme aus. Dann war ihr vielgerühmter Charme nicht zu übersehen. Sie mochte fünf oder sechs Jahre älter sein als er, aber um einiges jünger als der Herzog, der fast fünfzig war. Nun fragte sie: »Haben Sie einen Kursus besucht oder so etwas?«
»Ich habe das Diplom der Cornell-Universität – der Hotelfachhochschule. Bevor ich hierher kam, war ich stellvertretender Direktor des Waldorf.« Es kostete ihn Überwindung, das Waldorf zu erwähnen, und fast hätte er hinzugefügt: wo man mich mit Schimpf und Schande davongejagt hat, so daß ich jetzt auf der schwarzen Liste aller Hotelkonzerne stehe und froh sein kann, daß ich hier, in einem konzernfreien Haus, unterkriechen konnte. Aber natürlich sagte er nichts dergleichen, denn mit seiner privaten Hölle mußte er allein fertig werden, auch wenn jemand durch Fragen unwissentlich alte, kaum verharschte Wunden aufriß.
»Das Waldorf hätte einen Zwischenfall wie den von heute abend nie geduldet«, entgegnete sie.
»Falls wir im Unrecht sind, Durchlaucht, kann ich Ihnen versichern, daß auch das St. Gregory so etwas nicht durchgehen läßt.«
»Falls Sie im Unrecht sind? Ist Ihnen eigentlich klar, daß der Kellner meinem Mann die Shrimps Creole über den Anzug geschüttet hat?«
Das war so offensichtlich eine Übertreibung, daß er sich verblüfft fragte, was die Herzogin eigentlich damit bezweckte. Es fiel auch völlig aus dem Rahmen des Üblichen, denn bisher waren die Beziehungen zwischen dem Hotel und den Croydons ausgezeichnet gewesen.
»Ich weiß, daß es eine kleine Panne gegeben hat, die vermutlich auf eine Unachtsamkeit des Kellners zurückzuführen ist. Und ich bin gekommen, um mich im Namen des Hotels zu entschuldigen.«
»Der ganze Abend ist uns durch diese ›kleine Panne‹ verdorben. Mein Mann und ich wollten ihn hier in der Suite verbringen – ganz für uns allein. Wir machten nur einen kurzen Gang ums Viertel und freuten uns aufs Souper, und dann passierte das!«
Peter nickte mitfühlend und ohne sich seine Verwunderung über die Haltung der Herzogin anmerken zu lassen. Es hatte fast den Anschein, als wollte sie ihm den Zwischenfall fest ins
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