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Hühnergötter

Titel: Hühnergötter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Lautenbach
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Menschen es waren, die langsam näher kamen.
    Er trödelte an der Flutlinie entlang Richtung Außendeich. Stupste hier und da mit der Fußspitze in ein Knäuel aus Tang und Seegras. Es war nichts darin, was das Bücken lohnte. Konnte ja auch nicht bei dem bisschen labberigen Wind. Obwohl der genau richtig aus Südwest kam. Aber ein Sturm musste es schon sein, am besten so einer, der ganze Bündel aus den zerfledderten Strohdächern vom Seeblick hinterm Deich riss.
    Ab und zu hob er den Kopf, um die Punkte zu beobachten, die längst keine Punkte mehr waren, sondern drei Menschen. Zwei große und ein kleiner dazwischen, der sich plötzlich losriss und Marten entgegenrannte.
    Ronja!, riefen die großen Menschen. Ronja!
    Ronja mit der Teufelsmütze.
    So hießen sie, diese Mützen mit den drei Wollzacken, das wusste Marten. Der mittlere Zacken gehörte in die Stirn. Die beiden anderen rechts und links über die Ohren. Er hatte auch solch eine gehabt und immer genau gewusst, wie er sie aufsetzen musste. Nur waren bei ihm nicht tausend blonde Locken unter dem Rand hervorgequollen wie bei dem kleinen Mädchen, das Ronja gerufen wurde.
    »Bist du auch am Strand?« Sie war aus der Puste vom Rennen. Ihre Stimme klang hell und fröhlich und neugierig zugleich.
    »Mmh«, machte Marten gedehnt. Er legte den Kopf ein wenig schief und sah ihr von der Seite ins Gesicht.
    Auf dem Wangenknochen neben dem linken Auge des Mädchens entdeckte er das Mal. Zwei kleine dunkle Flecken, so dicht beieinander, dass sie sich zu berühren schienen.
    »Du …« Er streckte den Zeigefinger aus, legte die Kuppe sanft auf das Mal und murmelte: »Lewet wittet Seelken.«
    Das Kind wischte Martens Hand beiseite und drehte sich um. »Mama!«, rief es, »der Mann sagt was Komisches!«, und flog mit seinen Locken unter der Teufelsmütze in die weit offenen Arme der Frau.
    Marten Buhrow trollte sich über den Außendeich nach Hause ins Süderende. Mit einem zufriedenen Lächeln schaute er rechts und links in die herbstlichen Gärten. Er sah, dass Fine vorm Haus saß und Leonies Schlaf bewachte. Der Kinderwagen schaukelte leicht. Vielleicht, weil Leonie zappelte, vielleicht, weil Fines rechte Hand genauso wackelte wie die linke mit dem Krückstock. Er winkte Marie zu. Das hatte er lange nicht getan. Jetzt winkte er, weil es ein guter Tag war und Marie lustig aussah, mit blauen und weißen Spritzern im Haar von der Farbe, mit der sie das Häuschen schön machte, in dem früher der Maler gewohnt hatte.

Wir danken allen, die zu diesem Buch beigetragen haben. Unser besonderer Dank gilt Brigitte Jacobsen und Dora Grau, ohne die wir vieles über Hiddensee vielleicht nie erfahren hätten.
     
    Birgit Lautenbach · Johann Ebend

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