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Hund aufs Herz

Hund aufs Herz

Titel: Hund aufs Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gert Haucke
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    Wahllos, weil gut verkäuflich, vermehrt, wird sofort versucht, spezifische Merkmale der Rasse ins Groteske zu steigern: Hat der Hund große Augen, werden sie ihm so groß gezüchtet, daß sie fast aus den Höhlen fallen (Pekinese, Mops etc.), hat er sehr kleine, wie der Bull Terrier, dann werden sie so verkleinert, daß die Lidränder nach innen fallen und die unteren Wimpern gegen die Hornhaut scheuern. «Entropium» nennt das der Veterinär, und als die stämmigen und bis dahin gesunden Bull Terrier Mode wurden, hat man ihnen beiläufig auch eine lipizzanerartige Rammsnase angezüchtet und so aus dem normalen Gebiß einen Vorbeißer gemacht.
    Auch mit Mini-Bull-Terriern hat man es versucht, aber die Ergebnisse waren zur Enttäuschung der Designer eher armselig.
    Dafür ist es gelungen, relativ kurznasigen Rassen die Nase bis auf einen winzigen Knopf in Gesichtsmitte fast ganz wegzuzüchten.
    Hat eine Rasse lange Ohren und gewinnt an Interesse, dann ist damit zu rechnen, daß sich die Ohren binnen weniger Jahre ins Gigantische verlängern, um den Umsatz weiter anzuheizen. Eine Rechnung, die fast immer aufgeht.
    Man traut sich kaum, eine unverzüchtete Rasse zu empfehlen, aus Angst, sie könnte in Mode kommen.
    Zuletzt ist das wohl beim West Higland White Terrier passiert: zunehmende Beliebtheit war umgehend mit dem Versuch gekoppelt, ihn zu verzwergen, hektische Vervielfältigung brachte schwere Hautprobleme (Ekzeme etc.).
    Am sympathischsten sind zweifellos jene Züchter, die sich einer Rasse widmen, weil sie deren gute natürliche Eigenschaften schätzen, die ein bis zwei Würfe im Jahr haben und Schwierigkeiten, die Hunde für wenig Geld in gute Hände zu geben, weil so ein Hund eben nicht «in» ist und es im glücklichsten Fall auch niemals sein wird.
    Der Border Terrier ist so ein Hund.
    Der Cairn Terrier auch, aber leider wird er zunehmend beliebter, und ich will nichts gesagt haben.
    Diese Heerscharen über- und unterproportionierter Hunde sind, wie so manches Widersinnige, eine Erfindung der Neuzeit.
    Schon um 1900 gab es den größten Teil der heutigen Rassen, aber sie waren eben nur groß, nicht riesig, und klein, ohne zu Krüppeln zu verzwergen. Fünf Kilo nach unten und fünfzig Kilo nach oben waren die ungefähre Begrenzung. Heute können Hunde 750 Gramm oder über hundert Kilo wiegen.
    Die kurzköpfigen hatten vor hundert Jahren allemal noch einen Nasenrücken, die langköpfigen immer noch normale Hundeköpfe, die nichts Gurkenartiges aufwiesen.
    Lange Ohren waren mäßig lang, und bei aller Vielfalt konnten noch Gemeinsamkeiten konstatiert werden.
    Der Deutschen liebster Hund, der Schäferhund, sah damals noch sehr wolfsähnlich aus. Seine Züchter legen noch heute großen Wert auf die nahe Verwandtschaft zum Urvater aller Hunde, aber die Ähnlichkeit zu seinem doch so bewunderten Ahnherrn hat man ihm rigoros weggezüchtet:
    Aus dem hochläufigen, geradrückigen grauen Jäger mit den starken Gliedmaßen ist ein relativ gedrungener Hund mit schrägem Rücken geworden, dem die Hinterbeine quasi hinterherlaufen. (Wenn sie das tun! Die Rasse hat mit ihrer nationalsozialistischen Vergangenheit weit weniger Schwierigkeiten als mit der Hüftgelenksdysplasie.)
    So also sieht es aus mit unseren geliebten, gequälten, verwöhnten und verwahrlosten Hunden.
    Besser können die Dinge nicht werden, ohne zunehmende Sachkenntnis der Käufer.
    Angebot und Nachfrage bestimmen auch hier den Markt: Wenn defekte, neurotische Hunde nicht hoch prämiert würden, könnte man sie nicht als Spitzentiere verkaufen.
    Gäbe es eine sachkundige, entschlossene Nachfrage nach gesunden, in allererster Linie nach gesunden Hunden, dann müßten auch gesunde Hunde angeboten werden.
    So einfach ist das, nur: funktionieren tut es nicht!
    Die Hoffnung sollte man dennoch nicht aufgeben. An anderer Stelle hat es ja geklappt: Störanfällige Automobile zum Beispiel sind nahezu ausgestorben!

Die falsche Idylle
    Der kleine Wolf ist gestern acht Wochen alt geworden. Das weiß er natürlich nicht. Mit gespannter Aufmerksamkeit verfolgt er die Rutenspitze des Alpha-Wolfes. Der Rudelführer schläft in entspannter Seitenlage, ruhig atmend. Nur eben die Rutenspitze zuckt in unregelmäßigen Abständen. Wölfchen nimmt Maß und mit einem für seine Verhältnisse kühnen Satz hat er sie erwischt und beißt mit Lust und spitzen Milchzähnchen hinein. Im

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