Hundekuchen zum Frühstück: Roman (German Edition)
mir ins Ohr.
» Du hast so viel Liebe in dir. Ich denke, du hattest großes Glück.«
Großes Glück, ja genau. Großes Glück, eine Junkie-Mutter zu haben? Großes Glück, bei Pflegeeltern aufzuwachsen?
Ich stellte mir Debra vor sechsundzwanzig Jahren vor, wie sie als Drogenwrack mit mir ins Krankenhaus gerannt war, während mir das Blut aus der Kopfwunde und dem Arm lief. Mag sein, dass ich wirklich großes Glück gehabt hatte. Meine Pflegeeltern hatten mir zwar nicht alles gegeben, was ich gebraucht hätte. Aber ich hatte immer ein sicheres Zuhause gehabt. Und Kleidung und Essen. Und keiner hat mich je wieder in einen dunklen Schrank gesperrt oder mich mit ein paar Krümeln allein gelassen. Vielleicht hatte ich wirklich Glück gehabt.
Obgleich es das Letzte war, was ich tun wollte, verließ ich die Sicherheit von Zoës Schoß und ging zu Debra. Sie gab einen erschrockenen Laut von sich und fuhr dann mit den Fingern in mein Fell. Mit sanfter Hand streichelte sie meinen Kopf und sah dabei Zoë an. » Ich bin so froh, dass du ein solch wunderbarer Mensch geworden bist. So schrecklich froh!«
Sie stieß einen tiefen Seufzer aus. » Inzwischen nehme ich seit zehn Jahren an einem Programm teil.« Sie sah auf mich hinunter. » Und ich bin seit zehn Jahren clean. Für mich ist das ein Meilenstein. Ich wollte diesen Tag würdigen, indem ich mich endlich mit dir treffe. Du bist meine einzige Tochter– mein einziges Kind. Ich war bei deiner Geburt so jung, und die Jahre danach waren wirklich schwer. Ich möchte… nun, an diesem Jahrestag möchte ich so gern ein neues Kapitel meines Lebens aufschlagen. Ich bin dir zutiefst dankbar, dass du dich mit mir getroffen hast. Du hast ein gutes Herz. Ich danke dir.«
Unser Treffen mit Debra dauerte nicht allzu lange. Nach den vielen Tränen waren wir zu erschöpft, um noch mehr zu reden. Doch ich überraschte mich selbst. Als Debra fragte, ob sie uns wiedersehen dürfe, wedelte ich mit dem Schwanz. Ich hatte gar nicht weiter nachgedacht. Vermutlich war ich der Meinung, dass das nächste Treffen entspannter verlaufen würde. Jedenfalls wollte ich noch viel über meinen Vater und meine Großeltern erfahren und hören, wie Debras Leben verlaufen war. Wie war sie endgültig von den Drogen losgekommen? Was tat sie jetzt? Obwohl sie für mich nicht das war, was man gemeinhin eine Mutter nannte, wollte ich gern, dass sie stolz auf mich war. Natürlich konnte ich ihr als Hund nichts von dem Café oder von Max und meinen Hoffnungen und Träumen erzählen. Aber vielleicht konnte Zoë für mich erreichen, dass Debra ihre Worte noch einmal wiederholte: dass sie stolz auf mich war, weil ich so war, wie ich war.
Debra versprach, beim nächsten Mal auch ihren Hund– halb Basset, halb Dackel– mitzubringen. Nachdem sie gegangen war, konnte Zoë gar nicht aufhören zu lästern. » Der sieht sicher aus wie eine Eidechse«, sagte sie und äffte den Gang eines Komodowarans nach. » Langer Körper, kurze Beine!«
Sie reckte die Arme in die Höhe. » Ich bin froh, dass wir endlich allein sind. Es war ein ganz schön harter Tag… Meine Mom und deine Mom… Außerdem sagen mir die Leute ständig, dass ich noch eine Rede halten muss.« Sie lachte und rubbelte mit dem Glimmerglass-T-Shirt über meinen Bauch. » Warum ist das alles nur so schwierig? Es ist doch unheimlich, dass wir beide im falschen Körper stecken.«
Dem konnte ich nur zustimmen. Hechelnd entließ ich mein Gefühl der Beklommenheit in die Luft.
» Sieh dich doch an. Du bist ein Hund– und möchtest dich am liebsten mit Dr. Max paaren. Und ich bin ein Mensch– und kann überhaupt nichts riechen! Wir müssen sehr, sehr tapfer sein«, sagte sie. » Und wir müssen gut zueinander sein. Selbst wenn wir Angst haben, müssen wir weitermachen– ganz gleich, welch schlimme Dinge zuvor geschehen sind. Zumindest haben wir einander, und das ist auf jeden Fall besser als früher. Bevor ich dich gefunden habe, war ich allein und voller Angst. Aber jetzt bist du meine Freundin. Das ist ein großer Fortschritt.« Unsere Blicke begegneten einander und bildeten eine Brücke zwischen uns. » Ich weiß, dass du mich wirklich liebst, und genauso liebe ich dich auch.«
Ein kleines Glücksgefühl überkam mich. Ich liebte sie wirklich, meine verrückte Zoë. Und es tat mir sehr leid, dass ihre Familie sie verstoßen hatte. Wie Debra es mit mir gemacht hatte. Doch in Zoës Fall war es schlimmer. Ihre Familie hatte sie vermutlich irgendwo
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