Hundekuchen zum Frühstück: Roman (German Edition)
Mom…« Sie schüttelte den Kopf. Als ob es keine Worte gäbe, um ihre Abscheu zu beschreiben. » Es gab Zeiten, da habe ich dich tagelang nicht gewickelt. Die Nachbarn sagten, dass du den ganzen Tag geschrien hättest, aber ich war viel zu betäubt, um dich zu hören. Ich habe schreckliche Dinge gemacht– und das ist nur das, woran ich mich erinnere… Ich habe dich manchmal in den Schrank gesperrt, wenn andere Leute kamen, um zu rauchen oder zu dealen. Ich weiß noch– du musst damals ungefähr zwei gewesen sein–, wie deine kleine Hand unter der Tür hervorkam und nach mir suchte… nach irgenjemandem. Und ich habe so getan, als wärst du nicht da.« Debras Schultern bebten. » Ich werde das mein Leben lang nicht vergessen. Ich hätte nie ein Baby haben dürfen.«
Wow. Das war ja schlimmer als alles, was ich befürchtet hatte. Aber irgendwie auch besser, wenn man so will. Ich dachte immer, dass sie mich nicht haben wollte. Aber ich hätte mir nie träumen lassen, dass sie selbst so große Probleme gehabt hatte. Und dass ich bei Pflegeeltern womöglich besser aufgehoben war als bei ihr. Ich malte mir aus, wie das kleine zweijährige Wesen das Händchen aus dem Schrank streckt, und schauderte. Plötzlich war mir ganz übel.
Debra nahm ihre Tasche auf den Schoß und drückte sie an sich. » Dieser Freund, der Dealer, hatte einen Hund. Ich wollte nett zu ihm sein– ich mochte Hunde schon immer. Aber er hat ihn scharfgemacht, weil er mit ihm angeben und die Leute einschüchtern wollte. Außerdem brauchte er ihn als Wachhund. Er hat ihn nicht regelmäßig gefüttert, sondern ihm immer nur hin und wieder etwas mit der Hand gegeben, um ihn ergeben und vollkommen abhängig zu machen. Mit mir hat er das genauso gemacht, denke ich. Und es hat funktioniert. Der Hund und ich hätten alles für ihn getan.«
Ihre Miene veränderte sich, aber ich konnte nichts daraus ablesen. » Ich habe dich oft mit dem Hund allein gelassen. Ich weiß nicht, was in dieser Zeit passiert ist, aber wenn wir nach Hause kamen, war immer alles in Ordnung. Bis auf ein Mal, da warst du ungefähr zwei. Ich kam nach Hause– ausnahmsweise nüchtern, weil ich kein Geld für neuen Stoff hatte– und fand dich schreiend auf dem Boden, mit Blut im Haar und auf dem halben Gesicht.« Debra hielt inne, und ihr Atem ging schnell. » Ich vermute, dass du die Schubladen aufgezogen und ein paar Kekse gefunden hast und dass der Hund dich angegriffen hat. Er hat dich seitlich am Kopf erwischt und deinen kleinen Arm zerfleischt! Ich hatte solche Angst, dass ich dich den ganzen Weg bis ins Krankenhaus getragen habe. Als die Leute vom Sozialdienst kamen, habe ich dich allein gelassen. Ich habe dich einfach dort gelassen. Ich konnte dich doch nicht wieder mitnehmen. Nicht in dieses Elend. Alles war besser für dich als mein Leben. Alles!«
Debra begann zu schluchzen und suchte nach einem Taschentuch. Ich sprang auf und lief davon. Daher also stammte meine geheimnisvolle Narbe! Kein Wunder, dass ich mich mein Leben lang vor Hunden gefürchtet habe! Vor Wut sträubten sich mir die Haare. Wie konnte sie mich allein zu Hause lassen? Und dieser Hund– mir wurde übel, als ich mir vorstellte, was aus ihm wurde. Hatte Debras Junkie den Hund erschossen? Oder vor die Tür gesetzt? Weil der arme Kerl halb verhungert war, dass er ein kleines Kind wegen eines Kekses zerfleischen musste? Ohhh, ich wollte am liebsten etwas zerschlagen. Etwas zerbeißen. Ich wollte am liebsten nach Hause rennen und die ganze Wohnung zerstören.
Nachdem ich längere Zeit herumgerannt war und zur Bank zurückkehrte, sah Zoë mir bereits entgegen. Debra schluchzte noch immer in ihr Taschentuch. Ich drängte mich ganz nahe an Zoë und legte mein Kinn auf ihren Schoß, damit sie mir das Gesicht und die Ohren streichelte. Ich war sehr aufgewühlt. Ich fühlte mich wie ein Puzzle, das auseinandergefallen war. Vielleicht würde ich ja eines Tages froh sein, dass ich das alles gehört hatte. Aber im Moment hätte ich mir alle Erinnerungen am liebsten einzeln aus dem Kopf gerissen.
Dann hörte ich Zoës Stimme über mir. » Du hattest recht«, sagte sie so plötzlich, dass Debra und ich erschraken. » Du hattest recht, mich aufzugeben. Ich habe nicht gedacht, dass ich so etwas sagen würde, aber es stimmt. Du warst nicht lieb zu dem Baby, und zu dem Hund auch nicht.« Sie vergaß, mich zu streicheln. Als ich aufsah, begegnete ich ihrem liebevollen Blick. Dann beugte sie sich nach vorn und flüsterte
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