Hundekuchen zum Frühstück: Roman (German Edition)
Tür in ein anderes Zimmer. Ich sehe mich um und hoffe, dass ich mehr Muffins bekomme. Aber hier gibt es keine. Also esse ich den, den ich in der Hand habe, während sie mit mir redet. Ehrlich gesagt hätte ich den Muffin am liebsten in Ruhe draußen gegessen. Aber es sieht so aus, als sei das nicht möglich.
» Was ist nur mit dir los, Jess? Bist du betrunken?« Die Frau mit der Brille beugt sich zu mir und riecht an mir, also mache ich das auch. Sie riecht nach Minze und ein bisschen nach Kürbis. Wie hält sie es nur aus, so gut zu riechen? Hat sie nicht den ganzen Tag über Hunger? Selbst mit dem Muffin im Mund kann ich nicht aufhören, an ihr zu schnüffeln. Sie riecht sogar besser als Erdbeerjoghurt.
Als ich an ihrem Hals schnuppere, stößt sie mich weg. » Lass das, Jess! Heute ist unser wichtigster Tag im ganzen Jahr, und du kreuzt betrunken hier auf! Oder zugedröhnt oder was auch immer…« An ihrem Hals sehe ich lauter rote Flecken. Ich möchte sie gern streicheln und beruhigen, aber ich habe Angst, dass sie mich beißt.
» Ich kann nicht glauben, was du gemacht hast! Einfach vom Teller eines Gasts zu essen! Mein Gott, Jess, dafür müsste man dich erschießen. Oder wenigstens entlassen! Er ist sozusagen der einzige Gast, den wir haben!«
Ihre Augen sind überall rot, wo sie eigentlich weiß sein müssten. Ob ich sie fragen soll, warum der Mann so lange zum Essen braucht? Wenn er nicht so langsam essen würde, könnte er sich den Streit ums Essen doch ersparen. Ich verstehe einfach nicht, warum Menschen immer so lange kauen. Ich brauche nur drei Bissen für einen Muffin.
Ich esse das letzte Stück und probiere auch das Papier, aber das schmeckt nicht. Die feindseligen Gefühle der Frau mit der Brille schlagen mir auf den Magen. Ich trete von einem Fuß auf den anderen und wünsche mir, dass sie ruhiger wird, damit sich der Knoten in meinem Bauch wieder lockert. Ich hätte nicht erwartet, dass ich so empfindlich auf die Ausstrahlung anderer Menschen reagiere. Wenn ein Hund verstimmt ist, ist er für gewöhnlich so höflich, sich zu verziehen und eine Weile für sich allein zu bleiben, statt andere mit seinem Trübsinn zu belasten.
» Wirst du es schaffen?«, fragt die Frau mit gerunzelter Stirn. » Bitte! Ich brauche dich doch so sehr. Allein kann ich die Arbeit unmöglich schaffen. Für mich ist die Hälfte doch schon viel. Ich gebe zu, ich bin verwöhnt, weil du immer siebzig Prozent erledigst.«
Ich verstehe kein Wort. Irgendwie versucht sie mich für ihre Stimmung verantwortlich zu machen. Das ist verrückt! Ich habe doch nichts Falsches getan, oder doch?
» Hör zu«, sagt sie und lässt die Schultern hängen. » Falls du unbedingt heute zusammenbrechen musst, so hast du jedes Recht dazu. Nach allem, was du hier geleistet hast, hast du es sogar verdient. Tu mir nur den einen Gefallen, und übertreibe es nicht. Okay? Ich will dich auch gern unterstützen und mehr arbeiten als sonst. Denke ich jedenfalls. Kümmere du dich heute wenigstens um die Bude auf dem Festivalgelände, ja? Und einen neuen zweiten Küchenchef brauchen wir auch noch. Der Kaffeestand war doch von Beginn an deine Idee. Erinnerst du dich?«
Sie sieht mich an, als ob sie auf eine Antwort wartet. Aber ich denke, dass ich sie mit dem, was ich bisher gesagt habe, schon wütend genug gemacht habe und will die Sache nicht noch schlimmer machen.
Ich lecke mir die Lippen. » Hm. Ja.«
Ihre Nasenflügel beben und bilden kleine scharfe Ecken, und als sie spricht, knurrt ihre Stimme beinahe… und prompt fühle ich mich ihr gegenüber wie ein Welpe. » Hör zu, Jess. Das ist ganz und gar nicht lustig. Was auch immer du genommen hast– werde endlich normal! Bis dahin kannst du wenigstens die Speisekarten zum Kaffeestand bringen. Ich kann dir nur raten, das nicht zu vermasseln. Sonst bringe ich dich persönlich um. Das schwöre ich.«
Mit diesen Worten lässt sie mich stehen. Eigentlich müsste ich mich jetzt besser fühlen, aber das ist nicht der Fall. Ihre schlechte Laune hängt wie ein Ring um meinen Hals. Dabei habe ich keine Ahnung, womit ich sie so verärgert habe. Sehr verwirrend… Ich wünschte, ich würde die Regeln der Menschen verstehen.
Ich möchte mich setzen und mich ein wenig mit mir selbst beschäftigen. Wenn ich mir die Pfoten lecke, geht es mir immer schnell wieder besser.
Aber heute fühlt sich alles seltsam an. Meine Haut ist glatt und weich. Und sie schmeckt so salzig, dass meine Zunge ganz trocken wird.
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