Hundekuchen zum Frühstück: Roman (German Edition)
Man weiß ja nie, was man findet.«
Drei Stunden später hatten wir noch nicht viel gefunden. Auf jeden Fall nichts, was wirklich vernünftig klang. Max hatte sich durch eine Unmenge von Seiten über außerkörperliche Erfahrungen geklickt, bis hin zu Eidechsenmenschen im Kongress, Area 51 Aliens und Bigfoot-Visionen. Gewissenhaft prüfte er Seite für Seite, bis er die Suche schließlich mit einem Seufzer beendete. Ungeduldig trommelten seine Finger auf meinen Computer, bis er sich zu einem neuen Versuch entschloss.
Meine Augen hatten Mühe, sich so lange auf den Bildschirm zu konzentrieren. Irgendwann gab ich auf und rollte mich auf dem Boden zusammen. Ich hätte gerne mein Kinn auf Max’ Füße gelegt, aber ich widerstand diesem Wunsch. Die Lage war für ihn schon schwer genug. Ich sollte mich freuen, dass ich im selben Raum mit ihm sein konnte, und nicht ständig auf mehr hoffen. Schließlich war ich ihm zutiefst dankbar. Seine Nähe, das leise Klicken der Maus und hin und wieder ein leises Gemurmel zu hören, war genauso entspannend, wie dem Regen zu lauschen, wenn man auf den Schlaf wartete. Ihn hier bei mir zu wissen, gab mir bereits ein Gefühl der Sicherheit, und bevor ich wusste, was geschah, war ich eingeschlafen.
Ich schrak hoch, als Max sich dehnte und seine Schultern knacken ließ. Diese herrlichen Schultern… Er sah auf mich hinunter, und im bleichen Lichtschein des Computers trafen sich unsere Blicke. Ich sah ihm an, dass er keine Lösung gefunden hatte. Weder konnte irgendein kluger Wissenschaftler der NASA etwas zu unserem Fall beitragen, noch war er bisher selbst in tiefster Meditation zu einem hilfreichen Ergebnis gekommen. Wir steckten fest.
» Ich habe ein paar Kleinigkeiten gefunden, aber wirklich nicht viel«, flüsterte Max, um Zoë nicht zu wecken. Sie hatte ihr Gesicht in den Kissen vergraben und schnarchte leise. » Eins allerdings: Wenn man dem Internet glauben darf, geschehen solche außerkörperlichen Verwandlungen öfter, als man denkt. Es gibt eine Menge darüber zu lesen. Mag sein, dass vieles davon Unsinn ist, aber irgendwann fragt man sich doch, warum Menschen so viel Zeit damit verbringen, über Erfahrungen zu berichten, die niemals stattgefunden haben.« So, wie er sich mit der Hand über das Gesicht fuhr, war mir klar, dass er sich genau diese Frage gestellt hatte.
» Noch vor einer Woche hätte ich über das meiste, was ich da gelesen habe, nur gelacht. Ich finde es zwar noch immer lächerlich, aber nach eurer Erfahrung… Nun gut.« Er zuckte die Achseln, als wollte er sagen, dass im Vergleich zu mir alle Spinner dieser Erde ganz vernünftig waren. Was vermutlich auch stimmte. » Alle diese Websites haben jedoch eins gemeinsam. Sie berichten alle, dass diese Verwandlungen immer ganz plötzlich stattfinden. Und für die Menschen, die so etwas erlebt haben, ist das Schlimmste, anschließend darüber zu reden.«
Er starrte auf den Bildschirm und spielte mit der Maus. » Es war wirklich hart, das zu lesen. Viele erzählen, dass sie Depressionen hatten und sich umbringen wollten– und dass sie das aber nicht konnten, da sie als Pferde oder was auch immer keine Hände hatten. Wirklich richtig traurig.« Er sah mich an. » Ich hoffe sehr, dass du dich nicht mit solch dunklen Gedanken herumschlägst. Ich meine… Früher in der Highschool hatte ich einmal eine Freundin, die wirklich depressiv war. Es war das Schlimmste, was ich je erlebt habe.«
Ich wollte mehr hören– mehr über das Mädchen und über die Berichte im Internet. Ich leckte meine Lippen und sah ihn so aufmerksam an, wie ich nur konnte.
Max verschränkte die Arme im Nacken, bis seine Ellenbogen sein Gesicht umrahmten. » Es gibt nichts Schlimmeres, als dabei zuzusehen, wie jemand leidet. Das hat mich damals wahnsinnig gemacht.« Er lachte leise. » Und was ist jetzt? Jetzt stehe ich genau an demselben Punkt. Angeblich bin ich ein Mann der Wissenschaft, aber ich habe keine Ahnung, wie ich dir helfen kann. Ich meine, ich wusste zwar schon immer, dass ich nicht einmal die Hälfte dessen heilen kann, was Hunden zustoßen kann. Aber ich hatte nicht damit gerechnet, von so etwas überrumpelt zu werden.«
Wir schwiegen eine Zeit lang, während Max unverwandt in eine Ecke starrte. Ich versuchte, gegen meine Niedergeschlagenheit anzukämpfen. Ich wollte ihn aufheitern und nicht als trauriges Gewicht an seinem Hals hängen. Als eine weitere Frau, der er nicht helfen konnte. Trotzdem wurde ich immer melancholischer.
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