Hundekuchen zum Frühstück: Roman (German Edition)
ihm diese Last aufgebürdet hatte. Wenn ich ihm die Schrift im Sand nicht gezeigt hätte, wäre ihm diese Krise erspart geblieben.
Ich fühlte mich schlecht. Aber eines musste ich Max lassen. Seine Tierliebe war einmalig, und er begeisterte sich wirklich für seinen Beruf. Ich dachte an die vielen Menschen, die ich kannte und die ihren Job hassten. Meine Pflegeeltern waren da keine Ausnahme. Die meisten Menschen schleppten sich– immer mit einem Auge auf der Uhr– durch ihre Arbeitstage, kratzten freie Stunden und Ferientage zusammen, lebten für den Freitag und hassten den Montagmorgen. Ganz selten traf man auf jemanden, dem sein Beruf etwas bedeutete und der liebte, was er tat. Zu hören, wie Max an seinen Fähigkeiten zweifelte, tat mir körperlich weh. Und wenn ich mir bewusst machte, dass ich der Auslöser dieser dunklen Gedanken war, wollte ich mich am liebsten übergeben.
Zum Glück gehen wir spazieren, dachte ich. Während mir mein Gewissen zusetzte, war mein Köper wenigstens durch Bewegung abgelenkt.
Einige Häuserblocks weiter bellte ein Hund. Wir blieben stehen und lauschten. Als es vorbei war, sagte Max: » Ich weiß, dass Hunde uns Menschen verstehen. Das habe ich nie bezweifelt. Allerdings habe ich immer gedacht, dass sie eher verstehen, was wir meinen, als das, was wir sagen. Als könnten sie unsere Absichten spüren. Was Gefühle angeht, sind sie meiner Ansicht nach klüger als wir. Auch ehrlicher. Und viel beständiger.«
Zoë nickte begeistert. » Genauso ist es. Aber die meisten Hunde verstehen keine Worte… nicht alle jedenfalls.«
» Wirklich nicht? Bist du sicher?«
Ungefähr eine Minute lang schwieg Zoë und beobachtete, wie ihr Schatten im Licht der Laterne immer größer wurde. » Mir ging es jedenfalls so. Aber seit ich in diesem Körper lebe, verstehe ich plötzlich alle Wörter und weiß auch, was sie bedeuten. Ich kann sogar lesen!«
Max musste diese Neuigkeit erst einmal verdauen. Seit wir zum Spaziergang aufgebrochen waren, hatte er mich noch kein einziges Mal angesehen. Bei Zoë schien er damit kein Problem zu haben. Lag es daran, dass Zoë wie ein Mensch aussah? Oder machte ihm die Vorstellung zu schaffen, dass ich trotz meines Hundekörpers dachte wie ein Mensch?
Irgendwann stieß er seinen Atem so heftig aus, dass sich in der Nachtluft eine Dampfwolke bildete. » Keine Ahnung. Vielleicht werde ich ja ein besserer Tierarzt, wenn ich denke, dass die Tiere jedes Wort verstehen, das ich sage.« Er sah Zoë kurz von oben bis unten an. » Du bist also… Zoë. Ein Hund.«
» Hmm.« Zoë schlenkerte beim Laufen mit den Armen.
» Hör zu, und nimm es mir bitte nicht übel. Aber woher weiß ich, dass du nicht doch Jessica bist… und nur…«
Verrückt. In der Sekunde, als er die Frage stellte, wusste ich, was er dachte. Was, wenn ich noch immer ich selbst wäre und mir nur einbildete, ein Hund zu sein? Würde das nicht mein seltsames Benehmen vom Wochenende erklären? Eine psychisch gestörte Person konnte durchaus den Menschen das Gesicht ablecken oder mitten in den Hyak Park pinkeln– wenn sie wirklich glaubte, ein Hund zu sein. Genau das dachte er. Und die ganze Welt würde genauso denken. Und genau deswegen, schloss ich messerscharf, hättest du nie ein Wort sagen dürfen.
Zoë lachte. » Oh nein, Dr. Max. Ich bin nicht verrückt, und ich bin auch nicht Jessica. Ganz sicher nicht. Ich war mein Leben lang ein Hund, bis die Sache mit dem Blitz passiert ist. Du hättest mich sehen sollen, als ich aufstehen und zum ersten Mal auf zwei Beinen laufen wollte. Wirklich. Außerdem kann ich dir verraten, dass die menschliche Nase schrecklich ist.«
Ich schüttelte für mich den Kopf. Das waren alles keine wirklichen Beweise. Eine verrückte Person konnte sich das alles einbilden. Und noch viel mehr.
» Kannst du das irgendwie beweisen?«, fragte Max.
» Aber natürlich kann ich das. Es ist doch passiert! Ich weiß nicht, ob so etwas schon jemals davor geschehen ist. Aber du musst doch nur Jessica ansehen. Sie hat keine Ahnung, wie man sich als Hund benimmt.«
Ich antwortete mit einem empörten Blick– auch wenn sich keiner umdrehte und ihn bemerkte.
Wir bogen um eine Straßenecke. Eine Windböe fegte Blätter über die verlassene Straße. Zoë fröstelte und schlang die Arme um sich, als Max plötzlich wissen wollte, wie es passiert war. Sie erzählte ihm, dass wir gerade quer über den Platz gingen, als uns der Blitz traf. » Als ich wach wurde, war mir sehr kalt. Und ich
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