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Hundsmiserabel

Hundsmiserabel

Titel: Hundsmiserabel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steffi von Wolff
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Oder zumindest aus achtzig Prozent davon, er war also noch einmal verdünnt worden. Ich frohlockte. Und wie ich frohlockte! Ich gute große Schwester, ich! Vor lauter Begeisterung habe ich dann vergessen, die Kakaomasse zu probieren. »Ist der Kalte Hund jetzt fertig, Staffel?«, wollte Charlotte minütlich wissen.
    »Ja, gleich.« Die Masse war ein wenig dünnflüssig, in der Flasche befand sich schließlich ein Dreiviertelliter, aber es stand doch schließlich so im Rezept. Also habe ich alles noch mal mit Kakao und noch mehr Kokosfett und Puderzucker fester gemacht. Ich Genie, ich!
    Dann endlich – ab in den Kühlschrank.
    Warum habe ich die leere Flasche in den Müll geworfen? Und warum um alles in der Welt habe ich kurze Zeit später den Müll runtergebracht? Hätte ich die Flasche einfach draußen stehen lassen oder den Müll nicht runtergebracht, dann wäre sicher jemandem aufgefallen, was ich getan hatte. Vielleicht war das Schicksal damals.
    Ab fünfzehn Uhr sorgte eine kreischende Kinderschar für mein vorzeitiges Altern, kreisrunden Haarausfall, Tinnitus und den Wunsch, nie eigenen Nachwuchs haben zu wollen. Wenn dreizehn Vierjährige Topfschlagen spielen, hört sich das so an wie eine mittelschwere Atombombendetonation. Wenn ein vierjähriges Kind sich angeblich verletzt hat (was aber gar nicht stimmte, Moritz war nur sauer, weil er beim Schluss von
Die Reise nach Jerusalem
nicht rechtzeitig auf dem Stuhl gesessen hat, und wollte mit seinem Brüllen schlicht Aufmerksamkeit erregen) und man das Gefühl nicht loswird, die laufenden Sirenen eines Notarztwagens wären einem ins Ohr hineinoperiert, hegt man schon den einen oder anderen Mordgedanken. Keins der Kinder war auch nur eine Nanosekunde ruhig. Ich glaube, an diesem Tag wurde das Wort »hyperaktiv« erfunden. Von mir natürlich.
    Um halb sieben sollte der ganze Zauber vorbei sein. Ich sehnte diese Uhrzeit herbei wie eine Eins in Physik. Aber es kam ja noch die Krönung: Gegen halb sechs wurde mein Kalter Hund aufgetischt. Stolz wie Bolle trug ich die Kastenform ins Wohnzimmer und stellte sie auf den Kaffeetisch, was mit Fußtrampeln, Gejodel und Applaus honoriert wurde, auch von meinen Eltern und meiner Oma. Ich glaube, ich bin damals vor Freude rot geworden. Heute werde ich auch rot, wenn ich daran denke, aber aus einem anderen Grund.
    »Den hast du aber toll hingekriegt!« Oma war begeistert. »Den hätte ich nicht besser machen können!« Das war ein gewaltiges Lob, denn normalerweise war meine Großmutter der Meinung, »dass die Jugend heutzutage eh nichts mehr taugt«. Weder zum Kochen noch zum Backen, noch sonst für etwas.
    Mit all meiner Liebe, die ich noch aufbringen konnte, zerteilte ich den Kuchen in gleiche Stücke. Nein, natürlich durfte niemand zu kurz kommen. »Wau wau«, machte Charlotte in einer unglaublichen Lautstärke und fand das wahnsinnig witzig.
    Selbst Oma wollte ein Stück probieren. Meine Eltern und ich haben verzichtet, sonst wäre für die anderen zu wenig da gewesen. Nie werde ich die dankbaren, strahlenden Kinderaugen vergessen, die ehrfürchtig aßen, ja, den Kalten Hund geradezu verschlangen, als hätten sie nie etwas Vergleichbares bekommen.
    Hatten sie ja auch nicht.
    Ich darf an dieser Stelle erwähnen (eigentlich würde der Einschub: »mit vor Stolz geschwellter Brust« passen, aber ich lasse es lieber), dass lediglich Schokoladenkrümel auf den Tellern übrig blieben.
    »Das war aber lecker, Staffel!« Vor Freude hatte Charlotte schon glasige Augen. Meine kleine, süße Schwester. Sie würde doch nicht vor Ergriffenheit anfangen zu weinen? Ich musste ja selbst fast weinen, weil ich mich so perfekt fühlte in diesem Moment. Dieses wundervoll dekorierte Wohnzimmer mit all den weihnachtlichen Dingen, ja, ich hatte sogar Räuchermännchen angezündet, und der wohlige Duft strömte durch die ganze Wohnung. Der hübsch gedeckte Tisch mit den Tannenzapfen und den roten Äpfeln, den Zimtstangen und den mit Nelken gespickten Orangen. Ja, was war ich aber auch gut! Draußen war es klirrend kalt und durch das mit Strohsternen und Krippenbildern verzierte Fenster nahm ich wahr, dass es gerade anfing zu schneien. Es war … es war … es war einfach ein perfekter Nachmittag!
    Charlotte umarmte mich. Dann lief sie wieder an den Tisch zurück. Dabei wankte sie hin und her. Die kleine Seele – das war wohl alles zu viel für sie. Sie drehte sich um und wollte mir wohl noch etwas sagen. Wahrscheinlich ein

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