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Hurra, die Lage wird ernst

Hurra, die Lage wird ernst

Titel: Hurra, die Lage wird ernst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Bell
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inzwischen, aber wehe, wenn ein Paar Schuhe schneller oder leiser über das
Kopfsteinpflaster bis zu unserem Stall tappten! Dann war es jedesmal, als
hätten wir uns gegenseitig in die Schwänze gebissen, so aufgeregt waren wir.
     
    An
diesem verregneten Julitag hatte ich das leise Quietschen des Eisentörchens,
dem einzigen Eingang zum Hof, schon gehört, als alle anderen noch vor sich
hindösten. Aber erst die Schritte, die dann nach einer Weile auf uns zukamen,
machten mich vollends hellhörig.
    Es waren kleine trippelnde Schritte,
klick klack, klick klack. Aber während die anderen nun anfingen, ihren
Veitstanz zu inszenieren, blieb ich ruhig in meiner Ecke sitzen, denn ich hatte
mir seit dem Besuch des letzten Retters eine andere Taktik ausgedacht.
    Ich kannte die Menschen auch damals
schon recht gut und wußte, daß ein allzu übermütiger Hund ihr Herz sehr viel
schwerer zu erreichen vermag als ein stiller, sanfter, bemitleidenswerter.
Darum drückte ich mich fest an die Wand. Ich mußte aussehen wie das
erbärmlichste Häufchen Elend. Der Zweck heiligt schließlich die Mittel, nicht
nur beim Menschen.
    Zwar war ich so aufgeregt, daß sich
mir das Fell sträubte, und nur mit Mühe gelang es mir, meinen Schwanz unter
Kontrolle zu halten, weil er, so schien es mir, wie von alleine zu wackeln
begann. Nur unter Aufbietung meiner ganzen Energie gelang es mir, während der
entscheidenden Minuten meine Rolle durchzustehen. Ich ließ die Ohren hängen, so
tief ich nur konnte, und mein berühmter Dackelblick, dieser hilfeflehende,
schüchterne, ja fast ergebene Augenaufschlag tastete sich langsam von unten her
über die Gestalt des fremden Besuchers. Er glitt von zierlichen blauen Schuhen
über seidenbestrumpfte Beine, wechselte in Kniehöhe auf einen ebenfalls blauen
Rock über und gelangte schließlich über ein eng tailliertes blaues Jäckchen
hinauf zu einem Gesicht, bei dessen Anblick es meiner Schwanzspitze trotz all
meiner gegenteiligen Bemühungen gelang, zwar nur wenig, aber doch freudig zu
wedeln.
    Diese lächelnden Augen, sie sahen
mich an. Wahrhaftig, von der ganzen Meute allein mich. Als sie sich aber
herunterbeugte, die Finger der linken Hand in den Maschendraht hängte und mit
der rechten versuchte, hindurchzufassen, um mich zu locken, war es mit meiner
Beherrschung vorbei. Ich stürmte zu ihr, schnupperte berauscht den Duft von
(wie schon gesagt) Frischfleisch und Anisplätzchen, den diese Hand verströmte,
und war fest entschlossen, nie mehr einen Wurstzipfel zu berühren, sollte sie
mich verschmähen. Denn zu deutlich wurde mir bewußt, daß ich noch keinesfalls
gerettet war.
    Die anderen drängten sich heran,
warfen sich winselnd und jaulend zwischen sie und mich, sprangen gegen den
Zaun, versuchten, ihre Aufmerksamkeit zu erzwingen und gleichzeitig, so wie
ich, die Zuneigung dieses Engels zu erringen.
    »Na, Frolleinchen, haben Se einen
jefunden?« fragte der Wärter, der die ganze Zeit stumm neben ihr gestanden
hatte.
    »Ja«, sagte sie, wies mit ihrem
kleinen Zeigefinger auf mich und fügte lieblich lächelnd hinzu:
    »Den kleinen Traurigen da.«
    »Daß Sie sich da man nur nicht
irren«, grinste der Wärter und schloß endlich die Tür auf.
    So kam es, daß ich an diesem
verregneten Julitag während einer seligen Minute in ihren Armen lag, ihren Duft
in mich aufnahm und ihre zärtliche Hand auf meinem zitternden Fell spürte.
    Dann verfrachtete sie mich auf den
Rücksitz eines Miniautos und kutschierte mit mir durch die Stadt.
    »Wenn ich bloß wüßte, wie du heißt?«
Das schien für sie eine Frage von großer Wichtigkeit zu sein, denn bei jeder
Ampel, an der wir halten mußten, drehte sie sich zu mir um, kraulte mich unter
dem Kinn und sah mich an, als erwarte sie von mir eine Antwort.
    Zu diesem Zeitpunkt aber hätte ich
sie ihr auch dann nicht gegeben, wenn ich gekonnt hätte. Es war mir angenehm,
daß sie nichts von meiner bewegten Vergangenheit wußte, nichts von meinem
Täuschungsmanöver, ja nicht einmal meinen Namen. Sie würde schon einen passenden
für mich finden, so wie ihre Vorgängerinnen) auch stets einen gefunden hatten.
Daß ich dagegen keine Ahnung davon hatte, wo und wie sie lebte, welche
Gewohnheiten sie hatte, mir also trotz meiner üppigen Phantasie nicht
vorzustellen vermochte, was mir an ihrer Seite bevorstand, störte mich
irgendwie. Ich hatte wohl damals so etwas wie einen fünften Sinn. Da ich auf
alle diese Fragen keine Antwort wußte, begnügte ich mich vorläufig

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