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Der geheimnisvolle Garten: Roman (German Edition)

Der geheimnisvolle Garten: Roman (German Edition)

Titel: Der geheimnisvolle Garten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Dutton
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Townsville, September 1958
    D ie alte Dame im Flugzeug starrte seit einigen Minuten regungslos aufs Meer hinab. Die See war spiegelglatt, nur weiter draußen, wo der Südpazifik vom Riff gebrochen wurde, sah sie, wie unzählige winzige Gischtkronen die Oberfläche der Korallenformation umtanzten. Obwohl nur eine laue Brise wehte, konnte sie Segelboote erkennen. Mindestens fünfzehn, schätzte sie. Ihre Mundwinkel verzogen sich zu einem Lächeln. An einem Tag wie diesem spielte es ja auch keine Rolle, wie lange die Segler von der Insel zum Festland unterwegs waren oder umgekehrt. So ein Segeltörn am Samstag, das war reiner Selbstzweck, recreation. Es dauerte eine Weile, bis ihr das deutsche Wort dafür einfiel: Freizeitaktivität.
    Seltsam, dachte sie, im Englischen schwingt noch so viel mehr mit: recreation, das hieß auch »Wiederherstellung«, »Wiedererschaffung«.
    Sie lehnte sich seufzend in den Ledersitz zurück. Mitte September, Frühling! Sie hätte sich keinen besseren Tag für ihr Vorhaben aussuchen können. Sie schloss die Augen. Durch das Surren des Propellers hindurch vernahm sie gestotterte Funkmeldungen, die immer mit einem Knarzen endeten. Ein Sonnenstrahl, der schräg ins Fenster fiel, ließ rote Lichter hinter ihren Lidern tanzen; wieder verfiel sie ins Dämmern.
    »Miss, möchten Sie einmal einen Blick nach vorne werfen?«
    Die ältere Dame setzte sich auf, fuhr sich über die Augenlider.
    »Oh, sorry, Miss, ich wollte Sie nicht wecken!«
    Der Pilot hob entschuldigend die Hand. Sie lachte.
    »Schon gut, Craig! Ich bin ja nicht zum Schlafen hier. Was gibt’s denn? Sind wir etwa schon da?«
    Craig verneinte mit einer Bewegung seines kantigen Kinns.
    »No, Ma’am, aber schauen Sie mal, Humpbacks! Eine Mutter mit Kalb, gleich da vorne, auf halb zwei!«
    Die alte Frau zog sich in ihrem Sitz nach oben und reckte den Kopf. Sie war plötzlich aufgeregt wie ein Teenager, was in ihrem Alter natürlich lächerlich war. Sie musste über sich selbst lächeln. Die Tatsache, dass sie sich mit ihren achtundsiebzig Jahren noch so begeistern konnte, stimmte sie froh. Es war ein Geschenk. Solange noch dieser Funken in ihrem Herzen glühte, würde die alte Maschine hoffentlich noch weiter Tag für Tag zuverlässig anspringen.
    Sie straffte ihren Rücken, um vollen Ausblick auf die Buckelwale zu haben. Mutter und Kalb tollten ausgelassen miteinander herum, klatschten mit den Schwanzflossen auf die Wasseroberfläche, die sich daraufhin hoch aufspritzend zerteilte. Ihr Spiel zog die Segelboote an, die sich allmählich in sicherem Abstand um die majestätischen Tiere gruppierten.
    »Oh, Craig, das ist wundervoll! Danke, dass Sie mich geweckt haben! Ich kann mich gar nicht erinnern, wann ich das letzte Mal Wale gesehen habe.«
    Craig drehte sich kurz zu ihr um.
    »Na, an den Walen kann es jedenfalls nicht liegen, Ma’am. Die kommen jedes Jahr um diese Zeit zum Kalben in die Bucht.«
    Die Frau nickte wissend und warf einen letzten Blick auf das Spektakel, bevor die Maschine abdrehte und Kurs aufs Riff nahm. In wenigen Minuten würden sie sich über Kap Bowling Green befinden, ihr Ziel lag irgendwo zwischen dem Kap und dem Broadhurst Riff.
    »Ich kann Ihnen leider nicht genau sagen, wo das Wrack liegt, Ma’am. Besser, Sie werfen mal ein Auge aufs Wasser und halten Ausschau!«
    Craig drehte an den Knöpfen über seinem Kopf und schaute dann konzentriert aufs Echolot.
    Sie wusste nicht, wonach genau sie Ausschau halten sollte. Man hatte ihr gesagt, das Wrack läge so tief, dass es aus der Luft gar nicht zu sehen sei. Schließlich hatte sie für teures Geld Craig angeheuert! Sie schluckte einen Anflug von Verärgerung hinunter, atmete langsam aus, beruhigte sich, sah hinaus. Ihre dunklen Augen waren in den letzten Jahren ein wenig wässrig geworden, ihr Weiß durchzogen von einem spinnenfeinen Adernetz. Eine Brille hatte sie trotzdem nie gebraucht. Sie kniff die Lider zu einem Schlitz zusammen und scannte die hellere, silbrig blaue Oberfläche des Wassers, bis ihre Schläfen vor Anstrengung zu pulsieren begannen und sich ein stechender Schmerz hinter ihren Augen breitmachte. Sie kannte das schon; diese Kopfschmerzen überfielen sie mit hässlicher Regelmäßigkeit, seit sie denken konnte. Sie rieb sich kurz die pochenden Seiten, ohne dabei ihren Blick vom Wasser zu wenden. Sie musste weitermachen, das hatte sie der Schwester versprochen, sie war es ihr schuldig.
    Und hatte sie es sich nicht auch selbst geschworen? Sie

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