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Hurra, wir leben noch

Hurra, wir leben noch

Titel: Hurra, wir leben noch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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in den Tower kommen, übersetzen.«
    »Was übersetzen?« fragte der riesenhafte Neger Jesus Washington Meyer.
    »Keine Ahnung. Bloß: Es ist jetzt niemand beim Eingang.«
    »Na und? Ist es dein Airfield?« Mojshe zuckte die Achseln. »Wahrscheinlich hängt’s mit diesem Drecksbomber zusammen, der da über uns rumkurvt.«
    »Kann schon sein. Nur: Warum kurvt er? Trouble, sage ich euch!«
    »Diese Arschlöcher von Piloten machen mich noch wahnsinnig«, sagte Jesus. »Scheiß auf das ganze Air Corps!«
    »Ja, das ist leicht gesagt«, murmelte Mojshe versonnen.

2
    »Verrückt!«
kreischte Colonel Peter Milhouse Hobson hysterisch, knallrot im Gesicht, die Arme hochwerfend, im obersten Stockwerk des Towers, zwischen drei Soldaten, die vor ihren Radargeräten und Sprechfunkanlagen arbeiteten, hin und her rennend. »Ich werde verrückt, verrückt, verrückt!«
    Zwei der drei Fluglotsen wiesen gleichfalls Zeichen psychischer Störungen auf. Sie bellten in ihre Mikrofone, stotterten und fluchten, und viele ihrer Angaben zur Sicherung des umliegenden amerikanischen Luftraums waren falsch. Die beiden sind schon geschafft, dachte Jakob. Der dritte ist es nicht. Der dritte Lotse saß entspannt auf seinem Drehstuhl und blies Kinderkaugummi rhythmisch zu Blasen auf. Als er Jakob sah, kniff er ein Auge zu. Nanu, dachte Jakob, ein Warmer? Ach nein, sicherlich nur ein normaler Mensch.
    Im Tower lief stets ein Tonband, das auch mit den Telefonleitungen verbunden war. Dieses Band zeichnete alle Gespräche auf für den Fall, daß es zu Unstimmigkeiten, Ungenauigkeiten oder, Gott behüte, einem Unglück kam. Kam es, Gott behüte, zu einem Unglück und gab es dabei, Gott behüte, Verletzte oder gar Tote, so konnte man mit Hilfe des Tonbands jederzeit feststellen, wer woran Schuld trug. Eine äußerst praktische Anlage. Die Luftwaffe der Vereinigten Staaten, der wir an dieser Stelle unseren tiefempfundenen Dank aussprechen, hat uns aus ihren Archiven jenes exemplarische Band zur Verfügung gestellt, das am frühen Abend des 3. November 1946 gerade lief.
    Ton ab! Band läuft.
    »Rufen Hörsching Tower … Hier ist Flug Eins-acht-eins …«
    »Ich verstehe Sie, Eins-acht-eins. Was gibt’s?«
    »Was sollen diese ewigen Warteschleifen, Hörsching Tower? Wir haben hier schon alle den Drehwurm!«
    »Nur noch ein Weilchen, Eins-acht-eins. Wir haben jetzt einen Dolmetscher hier. Es wird sich gleich alles klären. Over!«
    »Gleich klären? Wissen Sie, was Sie mich können, Hörsching Tower? Sie können …«
    »Kein Wort weiter, Eins-acht-eins! Machen Sie sich nicht unglücklich! Colonel Hobson steht neben mir. Hört jedes Wort. Er bringt Sie vors Kriegsgericht!«
    »Kriegsgericht, ha! Ich habe in diesem Scheißkrieg zweiunddreißig Tageseinsätze über deutschen Städten geflogen und lebe noch immer! Glauben Sie, ich habe vor Ihrem Colonel Angst?«
    »Und ich war über Monte Cassino und über Saint Lô und habe vierzig Einsätze überlebt! Glauben Sie, Sie können sich mit mir anlegen, Captain? Sie bleiben auf tausend Meter und drehen noch zehn Minuten Ihre Runden. Over! … Was suchen denn Sie hier?« Die letzten Sätze hatte Colonel Hobson gesprochen.
    »Sie haben mich rufen lassen, Sir.«
    »Ich Sie? Niemals!«
    »Aber ja doch, Sir. Wegen des Bombers, Sir. Ich bin Civilian Guard Jakob Formann!«
    »Ach so. Entschuldigen Sie, Formann. Hahaha! Ist gar kein Bomber!«
    »Sir, das ist eine ›Fliegende Festung‹! Ich bin lange genug hier, um …«
    »Das ist eine umgebaute ›Fliegende Festung‹. Eine als Transporter umgebaute! Verstanden?«
    »Nein, Sir.«
    »Was soll das heißen?«
    »Das soll heißen, daß ich nicht verstanden habe, Sir!«
    »Sie, wenn Sie mir frech kommen, bringe ich Sie …«
    Das Folgende unverständlich, weil Motorengeräusch alles übertönt. Geräusch wird leiser.
    »Hier ist der Captain. Sorry, Gentlemen. Habe auf den falschen Hebel gedrückt. Kann vorkommen. Wird wieder vorkommen, wenn ihr uns nicht bald sagt, was wir tun sollen!«
    »Mann, steck dir doch deinen Hebel in den Arsch!«
    »Ruhe! Der Befehlshabende hier bin ich! Und ich dulde diesen Bordellton nicht!«
    »Hr-rm. Sofern ich mir eine Bemerkung erlauben darf, Sir: Wenn das da über uns ein Transporter ist und kein Bomber, dann müssen die Passagiere doch auch langsam durchdrehen, weil die Maschine immer im Kreis fliegt, Sir!«
    »Ist ja auch schon passiert!«
    »Was ist auch schon passiert, Sir?«
    »Na, was Sie sagen! Sind schon welche

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