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Hurra, wir leben noch

Hurra, wir leben noch

Titel: Hurra, wir leben noch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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sagte. Er verstimmte Jakob so sehr, daß dieser bat, ein Telefongespräch führen zu dürfen. Natürlich durfte er. Es dauerte ziemlich lange, bis er zu Dr. Jones zurückkam, und er hatte einige Wünsche, die Dr. Jones sofort erledigen mußte, denn Jakob brauchte gewisse Unterlagen und Berichte – sofort! Sagte er jedenfalls. Er war nun wieder besserer Laune.
    »Also, machen Sie mir das alles fertig, Jones, ja? Tut mir leid, muß aber sein. Ich gehe solange hinunter und unterhalte mich mit Ihrer Freundin – wie heißt sie?«
    »BAMBI« , erwiderte Jones mit einem unguten Gefühl.
    »Wie?«
    »BAMBI. Sie schreibt sich mit lauter Großbuchstaben. Das tun alle Mannequins, wenigstens die guten, bekannten, begehrten.«
    »Aha.«
    »In Wirklichkeit heißt sie Schalke, Brigitte Schalke.«
    »Aha.« Jakob grübelte. »Sagen Sie, war die nicht Fisch? Oder Käse?«
    »Vor einem Jahr«, antwortete Dr. Jones. »Vor einem Jahr hat sie noch Reklame für Fisch und Käse gemacht. Jetzt nicht mehr. Jetzt macht sie in Wäsche …«

27
    »… und das«, sagte BAMBI am Abend des 29. Oktober 1956, »hat mir schon eine Masse Ärger gebracht.«
    Sie warf ihr braunes Haar zurück und zog die Unterschenkel elegant auf der Couch vor dem englischen Kamin unter den Leib. Wirklich eine Wucht, dachte Jakob, diese Beine, diese Beine … BAMBIS Beine halten mühelos den Vergleich mit denen von Jill und Marlene aus – und das will was heißen! Ich bin eben doch ein Bein-Fetischist! (Und ich weiß sogar, was ein Fetischist ist – die Edle hat es mir erklärt.)
    »Ärger, wieso?« fragte Jakob und lächelte gewinnend.
    »Also wissen Sie, Herr Formann, in Deutschland können Sie den langweiligsten Fummel vorführen oder in der blödesten Filmplünne mitmimen, Reklame machen für Brusttee oder Ssahnpulver, reine Wolle, Lopsodent, Nährbier, Nagellack, Konfekt und Konfektion, für die gute Sama, für Senfgurken oder Vorderradantrieb …« Sie sprach sehr ernsthaft und lispelte ein ganz klein wenig, was Jakob begeisterte. Er stellte sich bereits vor, wie … Das ist das Verfluchte bei mir, dachte er: Immer muß ich mir die Hübschen gleich dabei vorstellen! »… aber eines ist ungeschriebenes Gesetz: Niemals in Wäsche machen! Ich ßage Ihnen, ßo wahr ich hier vor Ihnen ßitße, Herr Formann« (wie hübsch sie mit der Zungenspitze anstieß!), »man ßoll’s nicht glauben, aber ßo ist das bei uns: Schon ein Bikini bringt einen oft um. Und der kleinste Bikini ist noch die englische Königinnenrobe im Vergleich mit einer Korsage, besonders einer schwarzen, und wenn die noch ßo ßtabil ist! Ein deutsches Vorurteil, Herr Formann: Wer Wäsche ßeigt, gilt hier als leicht!«
    »Hmhmhm.« Der Rock rutscht immer höher. Macht sie das absichtlich? Klar!
    »Das war bei mir nur gemeine Hetze von Kolleginnen! Ich swöre es Ihnen, und wenn Sie wer weiß was gehört haben, alles Lüge, ich habe nur für
Tisch
wäsche …! Was anderes würde ich schon wegen meinem Charakter nicht. Ich bin nicht leicht. Oder glauben Sie etwa, daß ich leicht bin, Herr Formann?«
    »Um Himmels willen, Fräulein BAMBI , das würde ich mir niemals erlauben zu glauben.«
    »Natürlich«, sprach BAMBI (der Rock rutschte noch höher), ernst und in ihr Thema vertieft, »gibt es auch welche unter uns, die ßrecken vor nichts zurück. ULLA ßum Beißpiel. Miederbranche. Haben Sie ßicherlich schon geßehen, Herr Formann. Mieder jeder Art. Oder nur Beha und Hüftgürtel. Also ich würde ja ßterben! Aber die Honorare ßind die höchsten. Und ULLA trägt ja auch immer ßo einen offenen Morgenmantel. Das entschärft. MAXI macht auch ßo was, und USCHI auch. Sind Freundinnen von mir. Das Solideste, was es gibt!« BAMBI rief erregt: »Überhaupt, wir ßind nicht ßo, wie viele glauben, Herr Formann!«
    »Ich bitte Sie. Sie haben doch nicht nötig, sich zu rechtfertigen, Fräulein BAMBI ! Ich kenne bedeutende Männer, die bedeutende Mannequins verehren. Die meisten von ihnen werden, sagen sie, ihre Freundinnen heiraten! Denken Sie nur an Ernst Wilhelm Sachs oder seinen Bruder Gunter – beide lieben Mannequins! Und Thyssen! Und Karajan!« (Und das schönste Mannequin wird Jakob Formann haben, euch Burschen wird Jakob es jetzt zeigen!)
    »Ja, das ist richtig. Ein Mann von Welt ßieht ßofort unsern Wert. Unsern inneren Wert, meine ich, Herr Formann.«
    »Inneren und äußeren, Fräulein BAMBI . Als ich Sie sah, genügte ein Blick, ein einziger Blick, um zu wissen, daß Sie etwas ganz

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