Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hurra, wir leben noch

Hurra, wir leben noch

Titel: Hurra, wir leben noch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
Vom Netzwerk:
reiflicher Überlegung ablehnen.«
    »Und warum?«
    »Herr Formann, das Bundesverkehrsministerium teilt meine Besorgnis, Sie könnten Ihre bereits steuerbegünstigt angelegten Millionen jederzeit wieder aus der Schiffahrt herausziehen und anderswo anlegen.«
    »Hören Sie …«
    »Einen Moment, ja, wenn Sie mich gütigst aussprechen lassen wollen. Ein solches von mir, vom Herrn Staatssekretär und vom Bundesverkehrsministerium in Bonn befürchtetes Verhalten Ihrerseits kann und darf nicht auch noch durch eine Finanzhilfe des Bundes beim Bau eines modernen Passagierschiffs, wie Sie es sich wünschen, sozusagen honoriert werden, Herr Formann. Im Interesse der Bundesrepublik, unserer jungen Demokratie …«
    »Sie … Sie …« Etwas sehr Seltsames geschah: Jakob brachte kein Wort heraus. Um ihn drehte sich alles, rote Schleier wehten vor seinen Augen. Jetzt weiß ich, wem ich alle nur möglichen Schwierigkeiten beim Aufbau meiner Flotte zu verdanken habe!
    Alle nur möglichen Schwierigkeiten hatte man Jakob in der Tat von Anfang an gemacht. Das war ihm so sehr auf die Nerven gegangen, daß er beschlossen hatte, mit Bankgeld zu arbeiten.
    Die Banken boten Jakob zu diesem Zeitpunkt bereits Millionen mit aufgehobenen Händen an: Nimm, großer Jakob, o, nimm doch von uns! (Man bedenke, was die Banken da an Zinsen bekamen! Im übrigen: Zinsen nehmen und den Emporkömmling verachten, das war etwa ihre Grundeinstellung.)
    Warum brauchte Jakob so viele Millionen zusätzlich?
    Nun: Er betrachtete sein See-Imperium als unvollständig, solange ihm ein modernes Flaggschiff fehlte! Indessen, so ein modernes großes Fahrgastschiff kostete an die hundert bis hundertfünfzig Millionen D-Mark. Einen derartigen Betrag besaß Jakob 1956 nicht. Noch nicht. Die Banken hätten ihn liebend gerne zur Verfügung gestellt, aber da war der Arnusch Franzl gewesen, der hatte protestiert: »Bist du deppert, Jakob? Da zahlst du dich ja blöd an Zinsen! Das verbiete ich dir! Da muß die Bundesregierung einspringen!«
    »Muß? Warum muß sie?«
    »Laß mich nur machen«, hatte der Arnusch Franzl gesagt. »Schweineglück, wo wir haben.«
    »
Das
wir haben«, korrigierte ihn Jakob, was die Edle erfreut hätte. »Wieso haben wir ein Schweineglück?«
    »Na, lieber Freund, die ›Andrea Doria‹ ist doch gerade abgesoffen!« hatte der Arnusch Franzl gesagt.
    Die ›Andrea Doria‹, ein italienisches Prachtschiff, war mit dem schwedischen Ozeandampfer ›Stockholm‹ vor der nordamerikanischen Küste zusammengestoßen und gesunken.
    »Und die Italiener haben nicht nur ein Schiff, sondern ein nationales Aushängeschild verloren«, hatte der Arnusch Franzl damals erläutert. »Darauf mußt du jetzt herumreiten, mein Bester. Jedes Land
braucht
nationale Aushängeschilder, wie es so geht im menschlichen Leben.«
    Daraufhin hatte Jakob herzbewegende Briefe an das Bundesverkehrsministerium in Bonn geschrieben: ›… und verweise ich auf die ungeheuer werbende Wirkung, die ein solches Schiff für die gesamte Volkswirtschaft der Bundesrepublik und für unser Ansehen im Ausland haben wird …‹
    Diese süße Lockung hatte er Dutzende von Malen variiert. Natürlich war Klaus Mario Schreiber der Schreiber dieser Lockbriefe gewesen, wozu gab es ihn? Und wer hätte es besser gekonnt?
    Es erwies sich leider, daß nicht einmal ein so guter Schreiber wie Klaus Mario es gut genug konnte.
    Aus Bonn hatte Jakob einen höflichen Brief nach dem anderen bekommen. In allen diesen höflichen Briefen wurde seine Bitte, die Bundesregierung möge so ein Schiff mitfinanzieren, weder positiv noch negativ beantwortet. Dann, plötzlich, schien das Bundesverkehrsministerium sich entschieden zu haben, denn es teilte Jakob (höflich) mit, daß die für die ganze Affäre zuständige Außenstelle, eben die für Seefahrt in Hamburg, den Sachverhalt noch einmal überprüft habe und Jakob doch am 29. Oktober 1956 pünktlich um 17 Uhr beim Leiter dieses Amtes, Herrn Staatssekretär Bredendorff, erscheinen möge.
    Es ist jetzt 18 Uhr am 29. Oktober 1956, und Jakob hat soeben zwar nicht von Staatssekretär Bredendorff, jedoch von dessen Persönlichem Referenten, Herrn von Herresheim, erfahren, daß sein Ersuchen endgültig abgelehnt worden ist. Nach reiflicher Abwägung aller Gründe, die dafür und dagegen sprechen, durch den Herrn Persönlichen Referenten des Herrn Staatssekretärs …
    Jakob Formann hat kapiert. Hier, das sieht ein Blinder, kommt er nicht weiter. Nicht bei diesem

Weitere Kostenlose Bücher