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Hurra, wir leben noch

Hurra, wir leben noch

Titel: Hurra, wir leben noch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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forschte jedoch, behutsam wie ein Priester, sofort weiter: »Sind es die Nerven? Das Herz? Wächst Ihnen alles über den Kopf?« Der Herr aus Übersee wollte wieder etwas sagen, doch der Menschenfreund Jakob Formann ließ ihn nicht. »Es gibt Momente – besonders nach einem so arbeitsreichen Leben wie dem Ihren –, in denen möchte man am liebsten in Pension gehen. Nein, nein, nein, so ist es, das habe ich schon oft bei meinen liebsten Geschäftsfreunden gesehen! Und zu denen zähle ich Sie doch, nicht wahr – wirklich nicht nur, weil ich einer Ihrer Großaktionäre bin, sondern aus menschlichen, tief menschlichen Gründen … Niemand«, fuhr Jakob fort und schnurrte dabei fast wie eine Katze, »ist diesem ungeheueren Streß gewachsen, dem Sie, mein Bester, nun schon seit so langer Zeit ausgesetzt sind, nein, nein, nein, ich weiß, was ich rede! Oder arbeitet hier Ihr Unterbewußtsein?
Wollen
Sie Ihren Posten los sein? Der Seele dunkle Pfade, ach ja, ach ja … Wie ich das meine? Nun schauen Sie, mein Bester, es macht den Eindruck, als wäre es so, wirklich … Ein Beispiel: Sie haben zwei Ihrer neuesten Düsenflugzeuge bereits an Deutsche verkauft. Natürlich weiß ich, wer die beiden Herren sind.« (Er wußte es seit einer halben Stunde.) »Sie haben ja eine ›Learstar‹ verkauft an die Herren … Jaja, ich verstehe, man könnte mithören. Aber überarbeitet, wie Sie sind, haben Sie vollkommen vergessen, auch mir eine ›Learstar‹ zum Kauf anzubieten. Das ist kein Vorwurf, mein Freund! Das ist nur Sorge um Sie, die mich so sprechen läßt. Denn wenn einem Mann in Ihrer Spitzenposition eine derartige Gedankenlosigkeit unterläuft, dann muß man doch – und das ist nur Christenpflicht! – besorgt um diesen Mann sein … Entschuldigen? Ich bitte Sie, ich habe doch nichts zu entschuldigen! Und vor allem:
Sie
haben sich nicht zu entschuldigen. Ein so großer Mann … Einer meiner Besten, jawohl! Darum mein Anruf, darum meine tiefe, tiefe Besorgnis: Schaffen Sie es noch? Ist es nicht zuviel für Sie geworden? Wäre es nicht nur human, Sie von so viel schwerer Verantwortung, von so gewaltigen Belastungen zu entbinden? Was für einen schönen Lebensabend könnten Sie noch haben, bedenken Sie das einmal! Ein Haus in Vermont … Golf spielen … Spazierengehen … Das Leben ist doch so schnell vorbei. Nur darum rufe ich an, lieber Freund. Weil mir Ihr Wohlergehen am Herzen, so sehr am Herzen liegt … Bitte? … Was sagen Sie? … Selbstverständlich benötige auch ich eine ›Learstar‹ … Nein, nein, nicht in einem Monat! Wenn überhaupt, dann sofort. Aber das ist für Sie wieder mit soviel Aufwendungen verbunden, daß ich es nicht verantworten kann, wirklich nicht … Bitte? … Sagten Sie, in
zwei
Tagen ist die ›Learstar‹ hier in Hamburg? … Und zugelassen, mit allen Papieren? Übermorgen nachmittag? Fünfzehn Uhr Lokalzeit? Mein Freund, das ist mehr als freundschaftlich, daß Sie das machen wollen, aber ich flehe Sie an, achten Sie auf Ihre Gesundheit …«
    Zwei Tage später, pünktlich um 15 Uhr, landete eine fabrikneue ›Learstar‹ dann in Fuhlsbüttel. Sie war die teuerste damals in Deutschland zugelassene Privatmaschine. Preis: über eine Million Dollar. Jakob zahlte auf der Stelle per Scheck. (Nachdem er drei Prozent Skonto abgezogen hatte.)
    Daß die ›Learstar‹ das Beste und Schönste war, was es im Moment gab, hatte ihm der US -Air-Force-Pilot der T-33 gesagt, mit dem er von Paris nach Hamburg geflogen war. Nun kletterte Jakob in das Innere der luxuriösen Maschine. Beseligt atmete er das Duftgemisch ein: Leder, Metall, Parfum und Benzin. Der Parfumduft kam von BAMBI , die mit nach Fuhlsbüttel gekommen war. (Die Edle war Jakob losgeworden, indem er ihr etwas von einer höchst dringenden Konferenz erzählt hatte.) BAMBI bekam kein Wort heraus, als sie den Salon sah, in dem vierzehn – nicht zu fassen! – Gäste Platz hatten.
    BAMBI trug ein sandfarbenes Kostüm in Christian Diors ›Ligne Fuseau‹, der Spindellinie. Die Jacke hatte einen Gürtel. Nur die Hüften wurden sanft vom Stoff berührt, sonst war alles weich und weit und locker, auch der Kragen der Jacke. Dazu einen Schäferinnenhut, mit Rebhuhnfedern garniert. Als Parfum ›Miss Dior‹. Und eine ›Belle Amie‹-Frisur (mit besonderer Betonung der Stirn durch eine Art Hahnenkamm und großzügige weiche Seitenpartien). Jakob trug ›englisch‹: einen Einreiher aus Tweed, leicht tailliert und mit

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