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Hurra, wir leben noch

Hurra, wir leben noch

Titel: Hurra, wir leben noch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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weitergeht?«
    »Warum soll es denn nicht so weitergehen?« fragte Jakob, ehrlich erstaunt. Der Gedanke, daß es einmal einen Rückschlag geben könnte, war ihm noch nie gekommen.
    »Jake, du weißt, wie gerne ich dich habe! Eben darum mache ich mir doch solche Sorgen um dich!«
    »Um mich muß sich keiner Sorgen machen«, äußerte Jakob.
    Das brachte Misaras erneut in Wut. »Quatsch! Um jeden Menschen muß man sich Sorgen machen! Und bei dir am meisten wegen diesem Luder! Die Mama in Berlin eine Luxusnutte, das Töchterchen natürlich im Internat!«
    »Gott sei Dank im Internat«, sagte Jakob Formann, »und Gott sei Dank in einem hervorragenden. Natascha spricht vier Sprachen fließend, sie hat Manieren – dir gewünscht, mir auch! –, überallhin kann ich sie mitnehmen!«
    Misaras zerrte an seinem Brillenbügel und las mit bebender Stimme wieder von seinem Zettel ab: »Drei Nerzmäntel für die Dame mit den vier Sprachen und den glänzenden Manieren, dir und mir gewünscht, ja? Zwei Chinchillas! Einen Ozelot! Drei Breitschwänze! Einen Jaguar! Mann, dich sollte man ja unter Kuratel stellen! Aktien von den größten internationalen Industrieunternehmen, damit die Lady nur noch mit dem kleinen Scherchen die kleinen Couponchen abschneiden muß immer, wenn die Zeit gekommen ist, sich für die Zettelchen Geld geben zu las …«
    »George!«
    »Ich bin noch nicht fertig!«
    »Doch, du bist fertig. Ich weiß selber sehr gut, was ich diesem Himmelswesen geschenkt habe. Du hältst das Maul, verstanden?«
    Jakob sprach gepreßt, und sein Gesichtsausdruck war so erschreckend, daß Misaras ihn stumm anstarrte. Mit unserem armen Freund war etwas passiert in diesem letzten halben Jahr, das Misaras nicht wußte, das niemand wußte: Er hatte erlebt, was er noch nie zuvor erlebt hatte, nämlich daß eine Frau sich ihm nicht sofort liebend hingab!
    Das hatte ihn seelisch umgehauen! Und er hatte sich in diese Haltung verrannt: Ich habe noch jede ins Bett gekriegt, die ich wollte! Das soll doch mit dem Teufel zugehen, wenn ich diese Natascha nicht auch ins Bett kriege! Doch es dauert eben ein bißchen! Ja – das ist ein ebenso irritierendes wie kribbelndes Gefühl. Geld! Was ist schon Geld? Ich habe es massig! Aber wir wollen doch einmal sehen, ob ich diese Natascha nicht zu einer Schlittenfahrt, zu einer Chinesischen, bekomme, verflucht und zugenäht!
    »Ich meine ja bloß!« jammerte Misaras. »Ich will doch nur dein Bestes, Jake! Wir alle sind voller Sorge, ich und der Wenzel und der Jurij, ja, da staunst du, wie? Der hat mir geschrieben, wie viele Pelzmäntel du in der Sowjetunion für diese Natascha gekauft hast. Hast du denn die Scheiße vergessen, in der du nach dem Krieg gesteckt hast? Kannst du dich nicht mehr erinnern daran, wie schwer du hast schuften müssen, um das alles aufzubauen, was dir heute gehört? Soll es in Bruch gehen wegen einer kleinen dreckigen …«
    »George!« Jakob schoß hoch.
    Misaras winkte ab.
    »Schon gut, schon gut, ich sehe, dir ist nicht zu helfen. Du hast den Verstand verloren.«
    »Ich habe überhaupt nichts verloren«, sprach Jakob voll Würde und Gefühl, »aber du, George, weißt nicht, was das ist: Liebe!«
    »Allmächtiger Vater im Himmel!« Misaras vergrub den Kopf in den Händen.

18
    Jakob Formann kniete vor drei mal dreizehn brennenden Kerzen, die Hände über der Brust gefaltet, angetan mit einem weithin wallenden schwarzen Umhang, der nichts vom blendenden Weiß der zum Frack gehörenden Weste nebst Hemd, Kragen (oh!) und Fliege ahnen ließ. Vor ihm stand, in silbern schimmerndem Gewand, darüber ein leuchtend purpurroter Mantel, die Sehr Edle und Sehr Mächtige Frau Baronin von Lardiac, Edle Frau und Gerichtsherrin von Valtentante, erbliche Palastdame am Hofe von Jerusalem zufolge des Privilegs, verliehen der sehr ruhmreichen Familie Lardiac durch Kaiser Friedrich den Zweiten, späterhin König von Jerusalem.
    Die Edle ließ gerade die flache Klinge eines mächtigen Schwertes auf Jakobs linke Schulter knallen.
    »Aua!« sagte Jakob.
    Die Edle sah ihn strafend an, schlug ihm auf die rechte Schulter und aufs gebeugte Haupt. Dann sprach sie: »Hiermit schlagen Wir dich, Jakob Formann, in Unserer Eigenschaft als Groß- und Heermeisterin des Hohen Christlichen Ritterordens ›Signum Fidëi‹, das heißt ›Zeichen der Treue‹, zum Ritter und zum Ordensmarschall. Erhebe dich, Ritter Jakob!« Ritter Jakob, nunmehr Marschall dieses Hohen Ordens, erhob sich. Die Edle sprach weiter:

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