Hurra, wir leben noch
wir diese Zeilen schreiben. In seinem ganzen bisherigen Leben hätte Jakob einem weiblichen Wesen, das ihn so behandelte, eine geknallt und es aufs Kreuz gelegt. Mit Natascha schien ein neues Leben für Jakob begonnen zu haben. Diese Göttin … Wie konnte er es wagen zu erwarten, sie mit schnödem Mammon, plump und brutal noch dazu, zu kirren? Das war eine schwere Krise für Jakob, die da begonnen hatte. Jeder Mann kennt so etwas. Jeder Mann hat sich schon ähnlich idiotisch verhalten. Jeder.)
Jakob sah und hörte, wie Natascha, die Unirdische, mit zartem Ächzen in eine Recamière sank.
»Was haben Sie, um Himmels willen, verehrteste Natascha?«
»Luft …«, stöhnte diese, eine Hand an der Gurgel. »Luft! Ich ersticke! Ich kann hier nicht mehr atmen …«
Jakob rannte los und riß ein Fenster auf.
»So habe ich es nicht gemeint, Jake …«
»Wie denn?«
»Ich kann in diesem Hause nicht mehr atmen! Ich bekomme im Hause dieses Schuftes, der mich so betrogen hat, keine Luft mehr …«
»Na, mich hat der Schuft doch auch betrogen …«
»Er hat uns beide betrogen, Jake. Könnten Sie jetzt in diesem Hause noch leben?«
Jakob war erschüttert.
»Nein!« rief er. »Niemals! Und ich verstehe, was für eine Qual es für Sie sein muß, Natascha!«
»Sie verstehen es. Sie haben Verständnis. Das macht mich glücklich.«
»Wenn Sie glücklich sind, bin ich es …«
»Ach, Jake …«, flüsterte Natascha.
»Natascha?« flüsterte Jake, kniend, ihren Arm streichelnd.
»Sie sind so verständnisvoll, Jake …«
»Natascha! Natascha! Was haben Sie jetzt? Warum weinen Sie?«
»Elevado Avenue«, kam es, kaum hörbar, über ihre schönen Lippen.
»Wie bitte?« Er starrte sie an.
»Nummer siebenfünfzwo.«
»Nummer siebenfünfzwo was?«
»Ist zu verkaufen. Schon lange. Ein wunderbarer Besitz. In Beverly Hills. Gar nicht weit von hier. Das Haus doppelt so groß … Der Park doppelt so groß … Der Swimmingpool dreimal so groß … Das alles gehörte dem genialen Regisseur …« Sie nannte einen Namen, den Jakob noch nie gehört hatte. (Aber das bedeutet nichts, dachte er erschauernd, ich bin eben ein ungebildeter Bauer, immer noch.) »Wenn mir jemand helfen würde, hier fort- und dort hinzukommen … Dieser Schuft Corbett hat mir das Haus da überschrieben … Es gehört mir … Man müßte es verkaufen … Aber ich bin ja so hilflos, Jake, ich weiß ja nicht, was Geld ist, was man damit anfängt, was es bedeutet, ein ganz kleines, dummes Mädchen bin ich …«
Drei Tage später hatte Jakob Formann den Palast 752 Elevado Avenue mit Park, Swimmingpool, einfach allem, auch der kostbaren Einrichtung und den herrlichen Kunstschätzen erworben. Um lächerliche sechsundzwanzig Millionen Dollar. Natascha zog um. Sie fühlte sich etwas besser, aber natürlich war sie noch immer sehr deprimiert und schwach. Jakob durfte sie auf den Mund küssen. Kurz! Ein guter Freund halt …
»Sie sind ein Gentleman, Jake. Eine Kreatur wie Corbett hätte vielleicht die Situation ausgenützt … mehr gefordert … Sie nicht, ich weiß, Sie würden das niemals tun!«
»Niemals, Natascha«, stammelte der glückselige Trottel Jakob Formann (der bislang nie im Leben ein Trottel gewesen war), »niemals würde ich auch nur das geringste fordern, was Sie mir nicht freiwillig zu geben bereit sind … Ich liebe Sie! Das kann mir keiner verbieten! Und es wird die Zeit kommen, Natascha, glauben Sie mir, es wird eine Zeit kommen, da werden auch Sie mich lieben!«
»Ach, Jake, bitte, nicht weiter!« Sie preßte die Finger an die Schläfen.
»Ich schweige schon, Natascha. Ich kann warten. Ich kann ein Leben lang warten …«
»Sie sind so gut, Jake.«
»Ach nein, aber ich möchte es gerne sein, Natascha.«
Gleich nachdem dann die hundert roten Rosen, die Jakob bestellt hatte, abgegeben worden waren, ging er. Es war ihm blendend klar, daß er Natascha durch seine Geschenke doch immer wieder nur in Verlegenheit brachte. Und das wollte er nicht!
In den folgenden Tagen versuchte er dann, die Corbett-Villa loszuwerden. Sie war derart mit Hypotheken belastet, daß er sie lieber gleich den Banken überließ.
17
»… Corbett hat fünf Jahre bekommen, der Funktionär von der Gewerkschaft vier, die Corbett-Fabriken in El Segundo haben sie öffentlich versteigert, und damit so etwas nicht noch einmal passiert, habe ich alle erworben mit deiner Dauervollmacht, und so bleibt mir nur noch festzustellen, daß du das größte und
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