Hyperspace: eine Reise durch den Hyperraum und die zehnte Dimension ; [Einsteins Rache]
ähnlicher Weise habe sich Faradays Feld als eines der Lieblingsthemen der Natur erwiesen. Felder könnten den Magnetismus und die Gravitation der Milchstraße, die metrische Theorie von Riemann und Einstein und die im Standardmodell entdeckten Yang-Mills-Felder beschreiben. Für die Feldtheorie gelte, daß sie sich als Universalsprache der Teilchenphysik, vielleicht des ganzen Universums, herausgestellt habe. Ohne Frage sei sie die mächtigste Waffe im Arsenal der theoretischen Physik. Alle bekannten Formen der Materie und Energie habe man mit Hilfe der Feldtheorie ausgedrückt. Bestimmte Muster würden also wie die Themen und Variationen einer Symphonie ständig wiederholt. Aber Strings? Die Strings seien offenbar kein bevorzugtes Muster der Natur gewesen, als die Natur den Kosmos entworfen habe. Im All würden wir keine Strings erblicken. Ja, Strings seien nirgends zu erblicken, erläuterte mir mein Kollege.
Doch wenn wir einen Augenblick nachdenken, so erkennen wir, daß die Natur dem String, dem Faden, doch eine Sonderrolle eingeräumt hat und ihn als Baustein für andere Formen verwendet. Das entscheidende Kennzeichen des Lebens auf der Erde ist beispielsweise das fadenförmige DNAMolekül, das die komplexe Information und Codierung für das Leben selbst enthält. Für die Herstellung der Lebenssubstanz wie der subatomaren Materie scheinen Strings wunderbar geeignet zu sein. In beiden Fällen geht es darum, eine große Informationsmenge in einer relativ einfachen, reproduzierbaren Struktur unterzubringen. Das besondere Merkmal eines Strings liegt darin, daß man in ihm große Datenmengen höchst kompakt speichern kann, und zwar so, daß sich die Information reproduzieren läßt.
Für Lebewesen verwendet die Natur den Doppelstrang des DNAMoleküls, der sich abwickelt und identische Kopien seiner selbst bildet. Auch unser Körper enthält Milliarden und Abermilliarden von Proteinfäden, die aus den Bausteinen der Aminosäuren gebildet sind. In gewissem Sinne ist unser Körper ein Gebilde aus Fäden oder Strings – Proteinmolekülen, die unsere Knochen umgeben.
The String Quartet
Gegenwärtig ist die erfolgreichste Version der Stringtheorie die Fassung, die von den Princeton-Physikem David Gross, Emil Martinec, Jeffrey Harvey und Ryan Rohm stammt, manchmal auch das Princeton String Quartet (»Streichquartett«) genannt. Altester in der Gruppe ist David Gross. Während Witten bei Vorträgen anderer Wissenschaftler seine Fragen hinterher mit leiser Stimme stellt, äußert sich Gross bei solchen Gelegenheiten mit einem ganz anderen Organ: laut, dröhnend und herausfordernd. Jeder, der einen Vortrag in Princeton hält, lebt in der Angst vor diesen Fragen, die wie aus der Pistole geschossen kommen und das Problem stets auf den Punkt bringen. Gross und seine Kollegen haben den sogenannten »heterotischen String« vorgeschlagen. Heute hat er unter all den verschiedenen Theorien vom Kaluza-Klein-Typus, die bisher vorgeschlagen wurden, die besten Aussichten, die Naturgesetze in einer einzigen Theorie zu vereinigen.
Gross glaubt, daß es mit Hilfe der Stringtheorie gelingen wird, Holz in Marmor zu verwandeln: »… die Materie als geometrische Struktur darzustellen, und das ist in gewisser Weise genau das, was die String-Theorie tut. Man kann sie jedenfalls so interpretieren, denn speziell die heterotische String-Theorie ist eine Theorie der Gravitation, in der sowohl die Materieteilchen als auch die Naturkräfte in der gleichen Weise wie die Gravitation auf reine Geometrie zurückgeführt werden.« 5
Wie erläutert, ist an der Stringtheorie so bemerkenswert, daß Einsteins Gravitationstheorie automatisch in ihr enthalten ist. Tatsächlich ergibt sich das Graviton (das Gravitationsquantum) als kleinste Schwingung des geschlossenen String. Während die GUTs penibel bemüht waren, jede Erwähnung der Einsteinschen Gravitationstheorie zu vermeiden, verlangen die Superstringtheorien ausdrücklich den Einschluß von Einsteins Theorie. Wenn wir beispielsweise Einsteins Gravitationstheorie einfach als eine Schwingung des Strings behandeln, wird die Theorie widersprüchlich und nutzlos. Ursprünglich hat dieser Umstand Wittens Interesse an der Stringtheorie geweckt. 1982 las er einen Artikel von John Schwarz und erfuhr dort zu seiner Verblüffung, daß die Gravitation sich nur aufgrund von Konsistenzbedingungen aus der Superstringtheorie ergibt. Heute sagt er: »Das war das aufregendste geistige Abenteuer
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