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Ice

Ice

Titel: Ice Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inka Loreen Minden
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hat. Bring ihn auch diesmal wieder zurück.
    Unruhig tigere ich an der Tür auf und ab, wobei ich seinem Atem lausche. Dann höre ich leise Töne. Er tippt die Zahlenkombination ein.
    »Bin drin, war noch der alte Sicherheitscode«, flüstert er. »Sehe keine Wachen, aber es könnte ein stiller Alarm ausgelöst worden sein. Muss mich beeilen.«
    Meine Daumen sind bereits grün und blau gedrückt. Hoffentlich findet er Mama und Melissa schnell.
    Ich vernehme ein Stampfen, das wohl von der Recyclinganlage ausgeht. In diesem Teil der Stadt, in dem es keine Geschäfte oder Wohnhäuser gibt, war ich nie, weil er grau und laut ist. Dort stehen nur Fabriken.
    »Siehst du sie?«, frage ich, versucht, an den Nägeln zu kauen. Was, wenn sie gefasst wurden?
    »Noch nicht, bin gleich bei den Wertstofftonnen.«
    Am Treffpunkt.
    Plötzlich höre ich verschiedene Stimmen. Die junge muss zu Melissa gehören. »Mama, ist er das?«
    Ich atme tief durch. Er hat sie!
    »Ich hab sie«, erklärt er mir prompt, dann redet er mit meiner Mutter. »Kommen Sie, wir müssen los. Ihre Tochter wartet am …«
    Das Blut rauscht vor Aufregung so heftig durch meine Ohren, noch dazu scheinen die Vögel besonders laut zu zwitschern, dass ich kaum etwas verstehe.
    Mich hält nichts mehr im Schiff. Ich laufe die Stufen nach unten und richte meinen Blick starr auf den Pfad, der im Dschungel verschwindet.
    Wo bleibt ihr denn?
    Ice hat gesagt, dieser Ausgang wird nur ein Mal im Jahr benutzt, wenn die Jungs zur Ritualstätte marschieren. Daher wird hoffentlich niemand vermuten, dass sich dort jemand nach drinnen schleicht.
    Die Minuten dehnen sich ins Endlose, aber als die Vögel verstummen, weiß ich, dass sie gleich bei mir sind.
    Bitte, bitte, bitte … Mein Herzmuskel macht gleich schlapp vor Aufregung, Schweiß läuft über meinen Rücken. Ich will nur noch weg von hier, denn plötzlich fühle ich mich beobachtet, als ob mich tausende Augen aus dem Grün des Dschungels anstarren.
    Schon sehe ich ein schlankes Mädchen mit einem blonden Pferdeschwanz – Melissa läuft auf mich zu. »Veronica!«, ruft sie und grinst.
    »Melli!« Freudentränen brechen hervor. Lachend renne ich meiner Schwester entgegen.
    Sie trägt zwei große Taschen in jeder Hand – wahrscheinlich hat sie ihre ganzen Lieblingsklamotten dabei, die ihr heilig sind – und einen Rucksack auf dem Rücken. Ihre silberfarbene Hose funkelt in der Sonne, ihr weißes Top ist schmutzig.
    »Ice, wo bleibt ihr denn?«, frage ich ins Mikro, während ich Melissa umarme.
    »Gleich da«, antwortet er. »Deine Mutter hat sich den Fuß verknackst. Geht ins Schiff, wir sind nicht mehr allein!«
    Ich schnappe nach Luft. »Warrior?«, frage ich und nehme Melissa die schweren Taschen ab, bevor ich mit ihr ins Shuttle laufe.
    »Nein, Pfeilmenschen.«
    Oh Gott, die Wilden!
    Ich hole meine Pistole, die noch im Cockpit liegt, und stelle mich an die Tür. Melissa befehle ich, in Deckung zu gehen. Dann kommen Ice und Mama aus dem Dschungel. Er hat einen Arm um ihre Hüften gelegt, in der anderen trägt er eine Tasche. Mama humpelt, ihr schwarzer Hosenanzug ist ebenfalls staubig.
    Aus dem grünen Dickicht saust ein Pfeil auf mich zu, der knapp an meinem Kopf vorbeisaust und irgendwo hinter mir im Schiff stecken bleibt.
    Ich gehe neben dem Türrahmen in Deckung und luge daran vorbei, um in den Dschungel zu zielen, sehe aber niemanden.
    Ice und Mama sind endlich am Eingang angekommen. Er wirft die Tasche an mir vorbei ins Shuttle, ich reiche meiner Mutter die Hand und ziehe sie ins Innere.
    Als Ice einsteigen möchte, nehme ich hinter ihm eine Bewegung wahr.
    »Da!« Ich deute über seine Schulter auf den Dschungel. Ein dunkelhäutiger Mann im Lendenschurz tritt auf das Felsplateau. Grüne Streifen zieren sein Gesicht; er hat auch seinen Körper mit Mustern bemalt. Um seinen Hals hängen lange Ketten, in der Hand hält er einen Speer.
    Gerade als Ice sich umdreht, wirft der Buschmann die Waffe auf ihn. Ice reagiert so schnell, dass ich seiner Bewegung kaum folgen kann. Seine linke Hand – in der rechten hält er die Pistole – schießt nach oben und fängt den Speer in der Luft, bevor ihn die metallene Spitze trifft.
    Ich keuche auf; die Augen des Einheimischen werden groß, doch er flieht nicht.
    Ice nimmt die Hand herunter und steigt rückwärts ins Shuttle. Ich bin sicher, er könnte den Mann sofort erschießen oder den Speer treffsicher zurückwerfen, aber er senkt beide Arme.
    Der Buschmann zieht sich in

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