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Ich bin dann mal alt

Ich bin dann mal alt

Titel: Ich bin dann mal alt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Pausch , Gert Boehm
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Mensch und Gesellschaft ändern müssen, damit möglichst viele im Alter ähnlich zufrieden und glücklich sind wie die Lindenwirtin.
    Mit dieser Frage setzen wir uns im vorliegenden Buch auseinander. Natürlich nehmen wir nicht in Anspruch, das komplizierte Altersproblem lösen zu können. Aber wir versuchen, Anregungen zu geben und die Menschen zu ermutigen – zu einer verantwortungsbewussten Lebensgestaltung, die schon lange vor dem Renteneintritt beginnen kann und den Menschen im Alter trägt. Um den Weg in die spätere Erstarrung zu vermeiden, sollte ein Mensch bereits im Alter zwischen 40 und 50 Jahren
mit der bewussten Gestaltung seines Lebens beginnen – hin zu einer Spiritualität, die ihn in der späten Abendsonne wärmt. Dieses Umdenken in der Lebensmitte leitet einen Wandel ein, der dem Älterwerden Sinn gibt. Es ist der Aufbruch zu einer Spiritualität, die die Beziehung des Menschen zu sich selbst, zu anderen und zur Schöpfung fördert, die Achtsamkeit und Demut erfordert.
    In vielen Kapiteln des Buches ergänzen wir unsere Gedanken mit Zitaten der Lindenwirtin Josefine Wagner, die ihr gutes Leben oft verblüffend einfachen Weisheiten verdankt, und mit kleinen, oft humorvollen Geschichten aus dem alltäglichen Leben. Wir wollen mit diesen Zitaten und Geschichten zeigen, dass alles Denken und Tun erst dann Sinn macht, wenn es dem Menschen zu einem guten Leben verhilft.
    Hilft das gegen meine geschwollenen Füße?
    Ein junger Mönch bemühte sich, seinen Mitbrüdern fundierte theologische und spirituelle Vorträge zu halten. Es waren etwa 50 Männer, die – aus ihrer Arbeit herausgerissen – mehr oder weniger konzentriert seinen Ausführungen folgten. Dabei fiel ihm einer besonders auf, weil er mit großer Aufmerksamkeit jedem seiner Vorträge folgte und stets sehr konzentriert versuchte, den Inhalt zu verstehen. Es war der alte pensionierte Pförtner des Klosters.
    Eines Tages fragte ihn der junge Mönch, ob er denn mit seinen Gedanken etwas anfangen konnte. »Ja, ja«, meinte der Pförtner, »die Vorträge sind sehr gut – ausgezeichnete Gedanken finde ich in ihnen. Früher habe ich mich selbst mit dem heiligen Augustinus und Thomas von Aquin beschäftigt
– die sind auch gut gewesen. Aber hilft das alles gegen meine geschwollenen Füße?«
    Der junge Mönch war ziemlich betroffen. Sollten denn geistliche Übungen gegen geschwollene Füße helfen?! Oder hatten Freude und Leid, Schmerz und geschwollene Füße vielleicht doch etwas mit spirituellen Übungen zu tun? Manchen selbst ernannten Eliten in Kunst und Wissenschaft mag es wie dem zunächst sprachlosen Mönch ergehen: Sie denken nicht an die geschwollenen Füße der Menschen, weil sie nur um sich selbst kreisen.
    Aber Spiritualität ist nicht akademisch und intellektuell, sondern muss sich in irgendeiner Weise immer auch auf das wirkliche Leben auswirken – bei unserem Pförtner also auf seine geschwollenen Füße. Spiritualität macht den Menschen offen und sensibel, sie schenkt ihm Freude oder Nachdenklichkeit, Glücksgefühle und manchmal auch die schmerzvolle Erkenntnis, dass er sein Leben ändern muss. Es gibt nicht wenige Philosophen, die sich zwar theoretisch tief in Erkenntnisse des Geistes hineingebohrt haben, aber ihr rein verkopftes Denken hatte keine Auswirkungen auf ihr Leben. Im Gegensatz dazu durchdringt eine spirituelle Grundhaltung den ganzen Menschen und all seine Lebensbezüge. Sie wirkt sich gleichermaßen auf seelische, geistige und körperliche Zustände aus. Dies ist also kein lautloser, intellektueller oder abstrakter Prozess, sondern einer, der konkret im Leben spürbar ist.

2
Rhythmen des Lebens
    Ein guter Lebensrhythmus gibt dem Leben des Menschen Stabilität und Sicherheit – und ermöglicht zugleich, dass er seelisch und geistig wachsen kann. Ein Lebensrhythmus ist nichts abgehoben Geistliches, das der Mensch nur nach langer Askese in lichtvoller Entrückung erfährt, sondern schlicht das harmonische Zusammenspiel von Körper und Seele. Dazu gehören der Rhythmus des Atems und des Herzens, die richtige Balance von Wachsein und Schlafen, von Spannung und Entspannung, von Bewegung und Ruhe, von Arbeit und Pause. Auch sinnvolles Essen und ein Leben im Rhythmus der Jahreszeiten geben dem Menschen innere Ausgeglichenheit und Stabilität.
    Diese einzelnen Rhythmen, die im Idealfall zu einem großen Ganzen zusammenfließen, sind natürlich nicht nur im Alter wichtig, sondern in allen Phasen des Lebens. Sie verändern

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