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Ich bin dann mal alt

Ich bin dann mal alt

Titel: Ich bin dann mal alt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Pausch , Gert Boehm
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vergütet wird! Ob Caritas, Diakonie oder andere Sozialeinrichtungen: Statt den Helfern vernünftige, angemessen gestaffelte Pauschalen zu zahlen, weil man ihnen vertraut und ihre Arbeit schätzt, unterstellt man ihnen offenbar betrügerische Absichten und zwingt sie zu einem unerträglichen Formular-Aufwand, damit aufseiten der Kostenträger oder des Staates ein Heer von Kontrolleuren alles auf Punkt und Komma nachprüfen kann. Höchste Zeit, dass in diesem System endlich die Schalter von »Misstrauen« auf »Vertrauen« umgelegt werden. Dann hätten die Pfleger wieder mehr Zeit für ihre eigentliche Aufgabe, nämlich die alten Menschen nicht nur fachkundig, sondern auch liebevoll zu umsorgen, ohne dauernd auf die Uhr oder auf den Fragebogen schauen zu müssen. Der oft zitierte Pflegenotstand wäre dann wahrscheinlich mit einem Schlag beendet!

    Posaunist mit starken Backen
    Es ist ein alter Brauch, zum Osterfest rohe Eier auszublasen. Dazu sticht man die Eier oben und unten mit einer Nadel an und pustet kräftig in die kleine Öffnung, damit Dotter und Eiweiß herausfließen. Dann werden die Eier bunt bemalt und mit Fäden an die Zweige eines Strauchs gebunden. In einer Vase im Wohnzimmer oder draußen vor der Haustür kündigt der Osterstrauch den Frühling an.
    Wer selbst schon einmal Eier ausgeblasen hat, weiß, wie anstrengend das ist. Die 43-jährige Margarete, Hausfrau und Mutter, kann ein Lied davon singen. Letztes Jahr taten ihr schon nach dem vierten Ei die Backen so weh, dass ihr Mann Andreas helfen musste. Der sollte nun die 23 restlichen Eier ausblasen. Ein bisschen mürrisch beugte er sich über die Eier, stach eines nach dem anderen oben und unten mit der Stecknadel an und blies und blies und blies. Nach dem elften Ei begann er zu schwächeln. Vor lauter Anstrengung wurde sein Kopf dunkelrot und vor seinen Augen begann sich alles zu drehen. Als er endlich fertig war, erklärte Andreas erschöpft: »Nächstes Jahr soll der Friedrich die Eier ausblasen, dann muss ich mich nicht mehr so plagen!«
    Der Friedrich, ein im Dorf bekannter Mann Mitte 50, hatte mächtig Kraft in den Backen und eine Lunge wie ein Pferd. Seit 32 Jahren war er Mitglied im Posaunenchor. Wenn am Sonntag in der Kirche »Großer Gott, wir loben dich« gespielt wurde, konnte man ihn mit seiner Posaune immer heraushören – so fest war sein Ansatz am Mundstück. War der Friedrich in Form, schaffte er es sogar bis zum hohen C hinauf. Oft musste er die Kirche alleine beschallen, wenn den anderen Posaunisten mitten im Stück wieder einmal die Luft ausgegangen war. Und wenn bei der Beerdigung am offenen Grab »So nimm
denn meine Hände« geblasen wurde, dann hielt der Friedrich seinen Ton so lange, bis es den anderen Posaunisten beinahe schwarz vor Augen wurde. Aus seinem Instrument ließ er immer die herrlichsten Töne erschallen.
    So kam es, dass der Friedrich – der leider seit einiger Zeit arbeitslos war – im nächsten Jahr zur Osterzeit nicht nur bei Margarete und Andreas, sondern bei vielen anderen Familien im Dorf anzutreffen war. Vor ihm türmten sich stets Berge von rohen Eiern, die den Osterstrauch schmücken sollten. Er setzte Ei für Ei wie seine Posaune an die Lippen und presste das rohe Eiweiß und den Dotter gekonnt heraus, sodass sie in einem dünnen Strahl in die Schüssel vor ihm flossen. Der Friedrich ging von Haus zu Haus und wohin er auch kam – alle waren zufrieden. Als Lohn gaben ihm die Dorfbewohner mal ein paar Flaschen Bier oder einen Presssack, mal einen Kuchen und ab und zu auch etwas Geld mit. Auch der Friedrich selbst freute sich – weil er sein Talent nicht nur zum Posaunespielen, sondern auch zum Eierausblasen nutzen und anderen Menschen damit helfen konnte.
    Als echter Posaunist ist der Friedrich halt ein vielseitiger Künstler: Vor Ostern verdiente er sich fortan ein kleines Zubrot beim Eierausblasen – und am Ostersonntag bei der Auferstehungsfeier in der Kirche spielte er wieder für Gottes Lohn.
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    Jeder Mensch ist ein einmaliges Wesen – es gibt keine zwei, die zwischen Geburt und Tod ein völlig identisches Leben führen. Dennoch haben die

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