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Ich bin die, die niemand sieht

Ich bin die, die niemand sieht

Titel: Ich bin die, die niemand sieht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Berry
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Mit Zucker natürlich. Warum sollte man daran jetzt sparen?
    Ich suche ihn. Er ist im Dorf und wartet auf die Armee, wie alle die Kämpfer jetzt nennen.
    Ich tippe ihm auf die Schulter. Er erschrickt und wirbelt kampfbereit herum. Als er sieht, dass nur ich es bin, sackt er zusammen. Ich reiche ihm die Schale mit der Blaubeersahne.
    Er sieht mich an, fährt sich über die Augen. Seine Lippen zittern.
    Hinter seinem neuen Schnurrbart entdecke ich das weiche Gesicht, das ich früher gewaschen und geküsst habe.
    Geh nicht, kleiner Bruder, will ich ihm sagen. Bleib hier. Fliehe. Soldat kannst du später noch spielen.
    Er trinkt die Blaubeersahne, leckt sich die Lippen und gibt mir einen Kuss. Ich klopfe ihm auf den Rücken, nehme die Schale und schicke ihn in den Kampf.
    XLVIII
    Du hilfst den Möchtegernsoldaten, sich reihenweise aufzustellen. Dein Gewehr hängt über der Schulter, der Sack mit dem Schießpulver an deinem Gürtel. Du schiebst die bewaffneten Männer umher – woher weißt du, wie man so etwas macht? Du wirkst entschlossen, aber ich erkenne die Sorge in deinen Augen. Ich präge mir deine Gestalt ein, deinen Gang, dein Nicken und die Art, wie du deine Augenbrauen beim Sprechen hebst und senkst.
    Du bist jetzt unser Anführer. Roswell Station verehrt dich. Man achtet nicht mehr darauf, was sich gehört und was nicht: Die Frauen berühren dich und wünschen, du mögest ihre Männer erfolgreich in den Kampf führen. Kann auch ich es wagen? Mein Herz klopft wie wild. Nur ein paar Schritte und ich könnte deinen Arm berühren. Niemand könnte mich heute dafür zurechtweisen.
    Doch da stößt du einen Pfiff aus. Die Männer stellen sich in Reihen auf. Die Frauen verabschieden sich und du führst die Männer fort. Die Frauen schluchzen laut, umarmen einander und gehen zurück nach Hause. Ich renne die Straße hinunter, damit ich meinen Tränen unbemerkt freien Lauf lassen kann.
    XLIX
    Einmal hat Darrel Mutter die Geschichte eines Mädchens vorgelesen, dem Engelsstimmen verkündeten, es müsse ihr Volk vor den Engländern retten. Sie verkleidete sich als Mann und hielt eine flammende Rede. Sie organisierte eine Armee und besiegte die Eindringlinge. Sie tat all das aus Liebe zu ihrem Mutterland. Wegen ihres Muts und ihrer Leidenschaft wurde sie später als Hexe und Ketzerin bezeichnet und auf dem Scheiterhaufen verbrannt.
    Liebe ich dich weniger, als sie ihre Heimat liebte?
    Ich habe keine Worte, um dich zu retten.
    L
    Heute kommen sie. Heute wirst du sterben.
    Heute warten wir auf den Tod.
    Mutter befiehlt mir, den ganzen Vormittag Brennholz zu sammeln. Ich soll Feuer entzünden, Feuer für das Waschwasser und zum Einweichen der Heilkräuter für die Verwundeten. Doch alles Holz in diesem Wald würde nicht reichen, alle Kräuter hätten nicht die Kraft, ein blutendes Herz wieder zum Schlagen zu bringen.
    Und doch müssen wir etwas tun.
    Ich suche nach Feuerholz und freue mich, in Bewegung zu sein. Ich sammle verrottete Baumstümpfe, feucht, schimmlig und voller Käfer. Gut brennen werden sie nicht, aber etwas anderes finde ich nicht. Darrel hat die Axt mitgenommen.
    Die Stadt ist ganz still. Stille ist das einzige, was wir noch haben.
    Die Frauen und Kinder sind fort und jene alten Leute, die zum Reisen in der Lage waren. Die anderen warten in der Schmiede von Horace Bron. Sie ist ihre Festung. Eunice Robinson hat sich mit ihren Schwestern und Cousins im Wald versteckt. Maria ist geblieben. Auch sie ist mutig – oder sorglos.
    Ich schicke meine Gedanken über vier Meilen hinweg zu dir. Hast du dich auf einem Baum versteckt? Oder hinter einem Felsblock? Im Gebüsch? Die Stunden verstreichen nur langsam. Ich verscheuche hin und wieder ein paar Mücken, während ich verzweifelt auf die Reiter warte und fürchte, jeden Moment Boote auf dem Fluss zu entdecken.
    LI
    Ich sammle gerade Äste am Wegrand, als Goody Pruett auf mich zu kommt. Ihr Gesicht ist gegerbt von Wind und Wetter, ihr Rücken krumm wie ein Schäferstab. Sie hat nicht einmal vor den Homelandern Angst. Sie hat vor gar nichts Angst. Nicht einmal vor meiner fehlenden Zunge.
    »Warum bist du noch hier?«, will sie wissen. »Warum bist du nicht mit den anderen geflohen? Goody Pruett ist schon alt, aber du hast noch dein ganzes Leben vor dir.« Sie sagt immer ihren Namen, wenn sie von sich selbst spricht.
    Ich tippe an meine Lippen.
    »Du bist verrückt«, sagt sie. »Lauf los, einen der Wagen wirst du schon einholen.«
    Ich schüttele den Kopf.
    »Deine

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