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Ich, die Chronik

Ich, die Chronik

Titel: Ich, die Chronik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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seinem eigenen Blut vollzogen hatte, benommen vom Pflaster erhoben.
    Nona trat neben ihn. Seine Hände waren leer.
    »Wo hast du es hingebracht?«
    »Dort, wo es sie nicht mehr martern kann.«
    »Martern?«
    Landru nickte. Sein Blick schweifte über die Vampire hinweg zu dem Palast, der noch älter war als sie - und nur noch eine glosende Ruine. Keiner der Maya, die diese versiegelte Welt bewohnte, hatte einen ohnehin sinnlosen Löschversuch unternommen. Wasser war ein rares Glut in Mayab - rarer noch als Blut .
    »Ich verstehe immer noch nicht«, hörte er Nonas Drängen auf Erklärungen. »Du behauptest, nicht du, sondern die CHRONIK habe sie in diesen hilflosen Zustand versetzt . Aber wieso spüren du und ich diesen unheilvollen Einfluß, wenn es ihn gibt, nicht? Oder die Leute dort, die angstvoll zu uns herüberschauen?«
    Obwohl Landru eigenen Gedanken nachhing, antwortete er. »Wer sagt, daß ich nichts spüre? Ich fühle es, seit ich dieses Buch aus An-ums Falle geholt habe . Aber ich kann damit umgehen. Du und die Menschen hier, ihr könnt es nicht wahrnehmen, weil euch die Voraussetzungen fehlen. Du warst einmal empfänglich dafür - aber diese Sensibilisierung wurde dir wieder genommen. Du weißt, wann und wo .«
    Nona schwieg.
    Ihr Schweigen bewies, daß das Verstehen einsetzte.
    Landru ging auf die drei Frauen zu, an denen kaum noch etwas die Souveränität erahnen ließ, mit der sie ein halbes Jahrtausend auf dieser Seite der Grenze geherrscht hatten.
    Wie eine Königin sah keine mehr aus.
    »Wo sind die anderen?« fragte er sie, nachdem sie wieder aus eigener Kraft zu stehen vermochten.
    Die Handvoll Aufständischer, die den Anschlag und seine Folgen überlebt hatten, hockten hinter Atitla, Peten und Oriente lethargisch am Boden und hatten ihre rußgeschwärzten Gesichter in den Händen vergraben. Nur der einzige Sehende unter all den Blinden stand noch dort, wo Landru ihn hingestellt hatte.
    »Tot! Sie sind alle ... tot!«
    Atitla antwortete so schnell, daß es auf Landru den Anschein hatte, sie wollte anderen Aussagen zuvorkommen.
    »Wirklich? Ihr wart acht, nun seid ihr drei ... Wollt ihr tatsächlich die Schande eingestehen, eine solche Schlappe zugefügt bekommen zu haben - von Menschen?«
    Auch wenn es so klang: Er wollte ihnen keine Brücke bauen. Es gab keine Entschuldigung für das, was in der kurzen Zeit seiner Abwesenheit dermaßen eskaliert war .
    »Sie - sie werden es bitter büßen!« Peten kreischte fast. »Wir werden ein Exempel an den Elenden statuieren, die das feige Attentat überlebt haben! Wir werden sie öffentlich dafür bezahlen lassen, und nie wieder - nie wieder! - wird ein Bewohner der Stadt es wagen, der Hand, die ihn füttert, zu schaden ...!«
    »Der Hand, die ihn füttert ...«, wiederholte Landru, als grübele er wahrhaftig über dem Inhalt dieses Satzes. »Ist es nicht umgekehrt? Füttern sie nicht euch ...?«
    Bevor Peten noch mehr Unsinn reden und Landrus Geduld überstrapazieren konnte, trat Atitla so entscheiden vor, daß es dem Zürnenden und zutiefst Enttäuschten fast Respekt abnötigte.
    »Hab Erbarmen, Hoher Vater!« Sie senkte das Haupt. »Wir haben versagt! Jämmerlich versagt! Nicht einmal deinen dringlichsten Auftrag haben wir erfüllt . Die Frau, die du mit unserer Hilfe täuschen wolltest, ist dem Überfall dieser ... Krüppel zum Opfer gefallen! Es ist unentschuldbar, auch wenn wir nie erfahren durften, welche eigentliche Absicht du mit deinem Plan verfolgt hast. Und dennoch flehe ich dich auch im Namen meiner Schwestern um Vergebung an! Was geschehen ist, läßt sich nicht wiedergutmachen! Aber wenn du uns die Chance gibst, wollen wir versuchen, künftig all deine Erwartungen zu erfüllen! Bitte, Hoher Vater, dessen Blut uns einst das Leben wiedergab - hab Erbarmen! Wir sind ganz in deiner Hand .«
    Landrus Blick wechselte kurz zu Nona, als wollte er abschätzen, welchen Eindruck Atitlas Gnadengesuch bei ihr hinterließ.
    Doch Nona hielt sich völlig aus der Diskussion heraus. An ihrem Gesicht war abzulesen, daß eigene Sorgen sie quälten. Sie hatte Andeutungen gemacht, aber hier war nicht der rechte Ort, dem nachzugehen.
    Unvermittelt straffte Landru sich. Seine Augen sogen sich an Atit-las Zügen fest. Die Vielhundertjährige gab nicht zu erkennen, was sie beim Anblick des heimgekehrten Kelchmeisters empfand. Sie hütete sich, es zu zeigen.
    »Du bist sehr geschickt mit Worten«, sagte er schließlich, beide Hände zu Fäusten geballt und gegen seine

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