Ich gab mein Herz fuer Afrika
Schreiseeadler, Hagedasch-Ibis, Dreifarben-Glanzstar, Seidenreiher, Kormoran, Nimmersattstorch.
Doch wie an vielen der schönen Orte, die ich während meiner Recherche besuchte, gab es auch hier dunkle Machenschaften. Ich traf mich mit einem kenianischen Polizeibeamten im Club zum Tee. Nach dem Tee eröffnete er mir, er sei der Meinung, für diese Zeit stehe ihm eine Wiedergutmachung zu. »Sie verdienen doch Geld mit Ihren Artikeln, oder?«, fragte er.
Dass ein Polizeibeamter von Geld sprach, ließ mir das Blut ins Gesicht schießen. Das Gespräch war gekippt, die normale Unterredung endete mit einer Art Erpressung. Ich stammelte ein wenig herum und bedankte mich für seine Hilfe.
»Wenn Sie mit den Geschichten Geld verdienen, sollte ich auch daran verdienen«, sagte er. »Sie sollten mir zweitausend Dollar für die Geschichten geben, die ich Ihnen gerade erzählt habe.«
Laut schlug ich mein Notizbuch zu. Das Gespräch war beendet, und ich hoffte, nun würde nichts Unheilvolles anstehen.
»Haben Sie ein Auto?«, fragte er. Seine vormals gute Laune war einem eiskalten Blick gewichen.
»Ja. Soll ich Sie irgendwo hinbringen?«, fragte ich.
»Nein, ich habe ein Auto. Aber ich habe kein Benzin.«
Ich fragte ihn, wie viel er für eine Tankfüllung brauche.
»Fünfhundert«, sagte er und meinte damit fünfhundert Kenia-Shilling. Umgerechnet waren das 7,45 Dollar – keine große Erpressung. Ich überreichte ihm das Geld mit einem Handschlag und sah zu, dass ich wegkam.
Man darf sagen, dass die polizeiliche Ermittlung, falls es überhaupt jemals eine gab, im Sande verlaufen ist. Bis zum heutigen Tag bleibt der Mord an Joan Root ein Geheimnis, und die Täter sind immer noch auf freiem Fuß.
»Wer auch immer sie umgebracht hat, er hat die Waffe in eine Latrine geschmissen«, erzählte mir eine Frau bei der Gedenkfeier für Joan Root.
»In irgendein Dreckloch in Karagita«, fügte ihr Mann hinzu.
Und von dort aus wurde sie mit den Abfällen des Slums und dem Abwasser der Blumenfarmen in den See geschwemmt, wie alles in Naivasha.
Nachwort
NICHT LANGE NACH meiner Abreise aus Kenia, wo ich für dieses Buch recherchiert hatte, explodierte das Land. Auslöser war eine Präsidentenwahl, die das Volk für manipuliert hielt. Aus der Wut der Wähler wurde ein Blutbad, aus den Protesten wurden Stammeskriege. In Kenia gab es mehr als vierzig unterschiedliche Stämme, die im Januar 2008 in Horden übereinander herfielen. Als Waffe diente ihnen alles, von angespitzten Stöcken und Steinen bis hin zu Pfeil und Bogen sowie Gewehren. Mehr als tausend Menschen wurden getötet; hunderttausende wurden verwundet, vertrieben und waren auf der Flucht. Frauen wurden vergewaltigt. Slums, Kirchen, Läden, ganze Dörfer wurden in Schutt und Asche gelegt, die Bewohner, auch Kinder, wurden bei lebendigem Leib verbrannt. Als die Wirtschaft zusammenbrach, ordnete die Regierung eine Nachrichtensperre an; Touristen wurden evakuiert, die Bereitschaftspolizei marschierte durch die Hauptstadt Nairobi und setzte
Schusswaffen und Tränengas ein, um Aufständische auseinanderzutreiben und Plünderer zu töten.
In und um Naivasha kam es mit zu den schlimmsten Gewaltausbrüchen. Doch als langsam Ruhe einkehrte, rätselte man weiter: Wer hat Joan Root getötet?
Mehr als vier Jahre nach dem Mord an ihr bleiben ebenso viele Fragen wie Antworten. Aber weniger als zwei Jahre nach ihrem Tod gab es etwas Neues in der immer mysteriöser werdenden Angelegenheit. Es begann, als ein britischer Safarianbieter namens Brian Freeman und seine Frau Esther, eine Kikuyu, ein Haus auf einem neun Hektar großen Grundstück in der Nähe von Joans Land mieteten.
Die Freemans hatten das Haus erst kurz vor der Nacht, in der Joan ermordet wurde, bezogen; von ihrem Anwesen aus hörten sie die Schüsse auf Joans Grundstück.
» Wir trauten uns nicht, selbst nachzusehen, was los war«, erzählte mir Esther Freeman später. »Ganz früh am nächsten Morgen kam die Landbesitzerin zum Haupthaus, wo ich mich befand. Sie sagte: ›Die böse Frau ist tot! Sie ist tot!‹ Sie tanzte dabei. Als wäre sie irgendwie erleichtert.« Bis zu diesem Vorfall sei die Landbesitzerin stets freundlich und entgegenkommend gewesen, fügte sie hinzu, »eine höfliche, gute Frau. Deshalb dachte ich mir immer: ›Diese Joan Root muss eine üble Person sein, denn (die Landbesitzerin) ist doch so nett.‹« Brian Freeman hatte zunächst denselben Eindruck. »Sie war ziemlich religiös«, sagte er.
Weitere Kostenlose Bücher