Ich kann jederzeit aufhören - Drogen - der gefährliche Traum vom Glücklichsein
Motivation
Das Gehirn ist, wenn man so will, unser persönlicher „Drogendealer“. Es arbeitet mit einer Auswahl an „Drogen“, die offenbar überlebenswichtig sind und ohne die wir uns nicht zu dem entwickelt hätten, was wir sind. Eine dieser körpereigenen „Drogen“ ist Dopamin.
Das „Glückshormon“ Dopamin A
Dopamin (DA) wird gern als „Glückshormon“ bezeichnet, obwohl es kein Hormon ist. Vielmehr wirkt es als Botenstoff zwischen Nerven, wenn es ums Wohlbefinden geht. Wissenschaftler haben herausgefunden, dass das im Körper natürlich vorkommende Dopamin zu einem Belohnungssystem gehört, das uns hilft, unser Leben zu meistern.
Seit seiner Entdeckung in den 1950er-Jahren versuchen Hirnforscher zu ergründen, wie genau dieses Belohnungssystem in unserem Körper funktioniert und welche Bedeutung es für Tiere und vor allem für uns Menschen hat. Offenbar braucht jedes Lebewesen einen Anreiz, um etwas zu tun. Und damit sind nicht nur komplizierte oder besonders anstrengende Dinge wie Wahrscheinlichkeitsrechnung, Langlauf oder Hausaufgaben gemeint. Viele Wissenschaftler gehen heute davon aus, dass Tiere und sogar Menschen nicht einmal essen, trinken oder sich fortpflanzen würden, gäbe es die zusätzliche innere Streicheleinheit in Form einer Portion Dopamin nicht. Das konnten Forscher zum Beispiel bei Fadenwürmern nachweisen. Selbst diese schlichten Gesellen fressen nicht „automatisch“, im Gegenteil: Auch sie verlangen eine körpereigene Dopamin-Belohnung. Verhindern die Wissenschaftler die Dopamin-Ausschüttung im Würmerhirn, lassen die Würmer ihr Lieblingsgericht – Bakterien – einfach liegen.
Zum Glück stellt die Natur aber genau diesen Botenstoff in ausreichendem Maße zur Verfügung: Macht ein Lebewesen etwas, das lebens- oder arterhaltend ist, dann wird dieses Verhalten an das positive Belohnungssystem angeschlossen und mit Glücksgefühlen versüßt. Damit erhöht sich der Anreiz, dieses vorteilhafte Verhalten zu wiederholen. Essen ist für alle überlebenswichtig, deshalb wird jede Nahrungsaufnahme mit Dopamin und damit mit einem guten Gefühl belohnt. Jede Futtersuche und sogar das mühevolle Kauen selbst ist letztlich angetrieben von dem Wunsch nach Glücksmomenten.
Dopamin ist ein sogenannter „Neurotransmitter“, das heißt, es wirkt als Botenstoff bestimmter Nervenzellen. Sie haben ihren Sitz im sogenannten Mittelhirn. Den Kreislauf, der für das Belohnen der unterschiedlichsten Verhaltensweisen zuständig ist, nennen Mediziner mesolimbisches Dopaminsystem .
Wann immer ein Mensch eine aus biologischer Sicht belohnenswerte Tat vollbracht hat, legen die Nervenzellen im Mittelhirn los und bombardieren eine bestimmte Region im Vorderhirn, das viele Koordinationsaufgaben erfüllt, mit Dopamin. Das Dopamin schießt durch die Tentakelfortsätze der Nervenzellen, hüpft von der äußersten Spitze der Tentakel zur nächsten Nervenzelle und dockt dort an einen Rezeptor an. Die Zelle empfängt auf diese Weise die Nachricht „Loben“ und schon werden alle Hebel im Körper in Bewegung gesetzt, damit es der Person gut geht. Hormone werden ausgeschüttet, das Herz schlägt schneller, die Durchblutung wird erhöht und schließlich vergießt man vor Glück sogar Tränen. Nachdem das Dopamin seine Aufgabe als „reitender Bote“ erledigt hat, wird es recycelt und in seine Ursprungszelle zurückgeschafft. Nichts geht verloren. Ein Supersystem, das uns alle Dinge, die zum Überleben notwendig sind, auch noch gern erledigen lässt. Wissenschaftler gehen davon aus, dass dieses Belohnungssystem schon sehr alt ist und eine starke Antriebsfeder für die Entwicklung vieler Verhaltensweisen war.
Offenbar hat es sich aber im Laufe der Evolution herausgestellt, dass allzu glückliche Wesen auch nicht besonders überlebensfähig sind. Vielleicht wären sie zu träge. Sicher ist zumindest, dass zu dem Belohnungssystem im menschlichen Gehirn auch dopaminhemmende Nervenzellen gehören, die jeden Glücklichen selbst nach der größten Euphorie wieder auf den Boden der Tatsachen zurückholen, damit er auf der Suche nach weiteren Glücksmomenten im Alltag immer weiter aktiv bleibt.
Über-glücklich?
Das vielschichtige Motivationssystem im Gehirn, das unser Leben am Laufen hält und unsere Entwicklung fördert, ist zugleich die Eingangspforte für Drogen in unseren Körper. Und diese Pforte lässt sich nicht nur mit einem, sondern mit einem ganzen Sortiment unterschiedlichster Schlüssel und
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