Ich mag dich immer noch, wie du bist - Liebe ist nicht die Antwort, sondern die Frage: Ich mag dich immer noch, wie du bist
in mir ernsthafte Zweifel erregt hatte, ob sie klar bei Verstand ist.
»Ja, ja, ich habe sie auch gesehen«, sagt Dalila. »Und irgendwo hier ist auch Martina.«
Ihre Augen suchen den Raum ab, schweifen über Arbeiter, die miteinander anstoßen und sich unterhalten, bis sie Martina entdecken, die an einem Tisch mit Mary und Daniele sitzt.
Ich winke ihnen zu. Daniele lächelt und winkt zurück.
»Und, was willst du?«, fragt Dalila jetzt.
»Ich weiß es nicht.«
»Aber du musst es wissen«, antwortet sie knapp und entschieden. »Du weißt, dass jetzt der Moment da ist, du weißt, dass du eine Entscheidung treffen musst. Warum willst du das nicht? Warum tust du so, als könntest du nicht über dein Leben entscheiden?«
»Darum geht es nicht. Ich entscheide über mein Leben, aber es gibt einfach zu viele Wege und ich weiß nicht, welchen ich wählen soll. Da ist Alice und meine ganze Vergangenheit, da ist Martina, wir haben noch gar nicht miteinander geredet, und ich weiß nicht, was sie denkt. Außerdem …«
Die Worte bleiben mir im Mund stecken, weil ich in mir zu viele gegensätzliche Gefühle spüre. Sie kämpfen miteinander, versuchen, sich gegenseitig zu ersticken. Ab und zu gewinnt eines die Oberhand, um dann gleich wieder zu unterliegen.
»Außerdem?«, bohrt Dalila nach.
»Außerdem gibt es dich.«
Dalila sieht mich an, ihre Augen glänzen feucht. Sie schließt sie, öffnet sie wieder, dann lächelt sie leicht. »Was ist zwischen uns passiert?«, fragt sie.
»Wie meinst du das?«
»Was war zwischen uns? Was waren wir?«, fragt sie mich wieder und sieht mich ein wenig ungeduldig an. Ich weiß nicht, was ich antworten soll.
»Los, Luca, das zumindest schuldest du mir …«
Mit diesen Worten kommt sie näher, und einen Moment lang spüre ich das gleiche Verlangen wie in San Francisco, in jener Nacht in meiner Wohnung. Meine Gefühle melden sich zu Wort und ich versuche, auf sie zu hören.
»Ich mag dich«, sage ich jetzt. »Du hast mir gleich gefallen, vom ersten Tag an. Du warst ein bisschen so, wie ich gern sein wollte. Ich wollte weg aus Italien, weg von meiner Familie, wollte ein anderes Leben führen, mir einen anderen Weg ausdenken …«
»Aber jetzt führt dich dein Weg hierher.«
»Ich weiß nicht, ob er hier ist. Ich bin hier. Das ist etwas anderes.«
Ein kurzer Knall erregt unsere Aufmerksamkeit. Jemand hat eine Flasche Sekt entkorkt. Wir drehen uns beide um. Mein Vater gießt meiner Mutter und Mary etwas zu trinken ein.
In dem Moment kommt es mir vor, als hätte ich etwas begriffen.
»Weißt du, als ich mit dir zusammen war, musste ich nicht an die Zukunft denken. Also, die war mir egal. Alles geschah nur in dem Augenblick, in dem wir zusammen waren und ich weiß nicht, wie ich das ausdrücken soll, irgendwie genügte das, es war schön, aufregend. Außerdem …«
»Was außerdem?«
»Außerdem fand ich dich hübsch, sogar sehr hübsch … Als ich dich im Lilly Restaurant in diesem Aufzug gesehen habe … Na gut, da hast du mir den Kopf verdreht, das ist doch ganz klar.«
Dalila senkt die Augen und lächelt.
»Du gibst mir ein Gefühl, das ich mag«, fahre ich fort und suche im Chaos meiner Gedanken die richtigen Worte. »Das Gefühl, weit weg von hier zu sein, durch dich fühle ich mich frei. Dann stelle ich mir vor, nach San Francisco zurückzukehren, zusammen mit dir, stelle mir vor, dort zu leben, weit weg von meinem Leben und allem, was hier ist.«
Dalila hört mir schweigend zu. Doch das verlegene Lächeln auf ihrem Gesicht ist verschwunden.
»Das wäre sehr schön«, sagt sie kaum hörbar. »Es wäre sehr schön, wenn es wirklich so wäre. Und ich bin froh, dass du es trotz allem in Erwägung gezogen hast.«
»Was meinst du damit?«
»Ich meine, dass ich deine Bilder vor mir sehe, das Leben, von dem du sprichst, ich sehe deine Sehnsucht, weit weg von allem und jedem zu sein … Ich sehe …«
Dalila verstummt plötzlich, als hätte sie keine Luft mehr. Sie dreht sich um und sucht nach einem Ausweg, aber wir sind ja in dem Videospiel der Maus. Da findet man schwer einen Weg hinaus.
»Was siehst du noch?«
»Ich sehe auch, dass du verliebt bist, und wenn du mehr auf deine Gefühle hören würdest, würdest du merken, dass da gar nicht so viele Türen vor dir sind. Eigentlich ist da nur eine einzige, und die führt nicht zu mir.«
»Woher willst du wissen, dass da nur eine einzige ist? Und dass sie nicht zu dir führt? Was ist der Unterschied zwischen dir
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