Ich muss dir etwas sagen
die Bedürfnisse meiner Frau mißverstand - falls ich überhaupt
darüber nachgedacht habe -, gelang es mir, ihr das Leben so schwer wie möglich zu machen.
Bomben basteln
Inzwischen weiß ich, daß fast jeder Fehler macht, wenn er
etwas Unangenehmes mitteilen muß. Wenn ich nur diesen
letzten Fehler vermieden hätte, wäre mindestens die Hälfte der anschließenden Probleme gar nicht erst aufgetaucht.
So war ich beispielsweise zu sehr mit der vermeintlichen
Wirkung des wunderbaren Moments der Wahrheit beschäftigt,
um mir überhaupt zu überlegen, wie meine Frau sich wohl
fühlen würde. Trotz meiner Blütenträume sagte sie, daß sie sich von mir verraten fühle, daß ich unsere Nähe zerstört hatte und daß sie mir nicht mehr trauen könne. Und wie reagierte ich
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darauf? Ich wurde böse, statt für sie da zu sein und ihre
Bedürfnisse zu verstehen. Sie schluckte mein Geständnis nicht, wie ich das wollte, also schob ich ihr die Schuld zu. Unsere gegenseitige Enttäuschung und Wut eskalierten - aber eine
simple Wahrheit in eine Bombe zu verwandeln, das war mein
Werk gewesen.
Ein langer Alptraum
Schließlich stand ich da wie ein gemeiner, scheinheiliger
Lügner und meine Frau wie eine hysterische Zicke, die nicht mal eine Kleinigkeit vergeben kann - was wir beide nicht waren.
Meine unbedachte Art, die Wahrheit zu sagen, hatte uns dazu gemacht. Es dauerte mehr als ein Jahr, die Scherben zu
beseitigen, die mein wirres Geständnis verursachte hatte und unsere Beziehung von den Wunden zu heilen, die ich gar nicht erst hätte schlagen müssen. Am Ende waren wir beide geläutert, aber eigentlich dauerte es zu lange und war unnötig.
Dieses Erlebnis hat mich für Jahre davon überzeugt, es sei ein großer Fehler, überhaupt mit der Wahrheit herauszurücken.
Wenn ich nur meinen großen Mund gehalten hätte, dachte ich, hätte sich meine „Beziehung” - oder wie man es auch immer
nennen will zu jener anderen verflüchtigt, und meiner Frau und mir wäre der ganze Schmerz erspart geblieben.
Heute, älter und ein wenig weiser, sehe ich, wie ich die
Wahrheit weit wirksamer hätte äußern können, auch wenn das nicht für jeden und unter allen Umständen das richtige ist.
Dieses Buch kann helfen, die Umstände zu erkennen, in denen es gut ist, die Wahrheit zu sagen.
Die Wahrheit sagen, ohne sie zu sagen
Außerdem gibt es noch eine Alternative, die mir damals nicht mal im Traum eingefallen wäre. Was tun, wenn man eine
Wahrheit sagen möchte, die eigentlich viel zu brisant ist?
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Virtuelle Äußerung heißt der Ausweg aus dieser Situation, und wir werden später noch sehen, wie man sie anwendet und wann sie angebracht ist. Jede unangenehme Mitteilung läßt sich mit einem Paket vergleichen, in dem ein Schatz verborgen ist, eine wichtige Information für beide Beteiligten. Wie gesagt,
befanden meine Frau und ich uns damals in einer schwierigen Zeit. Das Paket meiner Verstrickung enthielt Themen, die
wesentlich für unsere Beziehung waren.
Ich hätte mein virtuelles Geständnis machen können, indem
ich nicht das Wer, Was, Wann, Wo und Wie meiner
Verstrickung beichtete, sondern indem ich meine Gefühle,
Bedürfnisse und Sorgen offenbarte, beispielsweise wie einsam ich mich durch die wachsende Distanz zwischen uns fühlte. Gar nichts zu sagen wäre dumm gewesen. Aber ich hätte eine
Wahrheit sagen können, in bezug auf die wichtigen Themen
unserer Beziehung.
Das Wie und Was der Wahrheit
Seither ist viel Zeit vergangen. Heute weiß ich, es kann fast immer eine positive Erfahrung sein, die Wahrheit zu äußern, egal wie sehr man die Schwierigkeiten des anderen fürchtet, sie anzuhören. Woher ich das weiß? Ich muß meinen Patienten
dafür danken und all den Menschen, die mir ihre Geschichten erzählt haben. Ohne Ausnahme wollten sie mir liebend gerne helfen, herauszufinden, wie man am besten die Wahrheit erzählt, denn sie alle hatten das Leid erfahren, das eine fehlerhaft geäußerte Wahrheit nach sich zieht.
Dieses Buch entspringt der Erfahrung vieler Jahre, in denen ich mich bemüht habe, Männer und Frauen zu unterstützen, ihre Beziehung ehrlicher und zugleich harmonischer zu gestalten.
Viel Informationen erhielt ich von meinen Klienten, aber auch von Mitarbeitern an Instituten, mit denen ich mich beraten habe,
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und von den Leuten, die bereit waren, an der Forschung für dieses Buch teilzunehmen. Die Antworten, die Sie hier finden, entstammen im wesentlichen ihren
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