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Ich musste sie kaputtmachen: Anatomie eines Jahrhundert-Mörders (German Edition)

Ich musste sie kaputtmachen: Anatomie eines Jahrhundert-Mörders (German Edition)

Titel: Ich musste sie kaputtmachen: Anatomie eines Jahrhundert-Mörders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Harbort
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einen halben Kilometer entfernten Rheinwiesen, Sportanlagen und Kinderspielplätze. Auch die Laarer Bürger wurden über Lautsprecherdurchsagen »um Mithilfe« gebeten.
    Es war 18.54 Uhr, als die Polizei den ersten Hinweis erhielt. »Ich glaube, ich habe das Kind gesehen«, mutmaßte ein männlicher Anrufer, »oben auf dem Rheindamm.« Ein Boot der Wasserschutzpolizei raste los, zusätzlich zwei Streifenwagen, ein Hubschrauber überflog das Gebiet. Eine halbe Stunde später kam die Rückmeldung: »Fehlalarm.«
    Um 20.16 Uhr meldete sich telefonisch eine Frau, die ihren Namen nicht nennen wollte. »Ich möchte niemanden verdächtigen«, begann sie schüchtern, »aber in der Nummer 11 in der Friesenstraße, da wohnt ein Mann, gleich unter dem Dach. Da sind schon mal Kinder zu dem gegangen! Ich weiß nicht, ob das wichtig ist …« Der Polizeibeamte wusste es auch nicht, aber er gab den Hinweis weiter. Zwanzig Minuten später hielt ein Streifenwagen in der Friesenstraße. Die Eingangstür von Haus Nummer 11 stand offen. Wenig später schellten die Polizisten in der zweiten Etage; an der Wohnungstür des Mannes, der Tanja am selben Tag längere Zeit beobachtet hatte. Als sich nichts rührte, wurde angeklopft. Es blieb still, und die Beamten zogen ab. Anschließend überprüften sie die Kellerräume des Hauses und der Nachbarschaft – von Tanja keine Spur.
    Als die Dunkelheit eine weitere Suche unmöglich machte, wurde abgebrochen. Petra und Hans Bracht waren erschöpft – körperlich, vor allem aber seelisch. Die Erfolglosigkeit, die Ungewissheit, die Hilflosigkeit, die Unsicherheit, alles kam zusammen. Nichts war mehr so wie vorher. Die Nachbarn spendeten zwar Trost, machten Mut und boten auch für den nächsten Tag ihre Hilfe an. Aber all dies half nicht wirklich. Denn mittlerweile gewann ein Gedanke überhand, und der Eintritt dieser Befürchtung war nun wahrscheinlicher geworden als ihr Ausbleiben: Tanja muss etwas zugestoßen sein! Fraglich war nicht mehr, ob, sondern was passiert war.
    Am Samstagmorgen wurde die Suche gegen 7 Uhr fortgesetzt. Die »Vermisstensache Tanja Bracht« war jetzt auch ein Fall für den Bereitschaftsdienst der Duisburger Kripo. Die Ermittler bewerteten zunächst die Aussagen der Eltern, der Nachbarn, die Berichte der Schutzpolizisten. Es folgten Routine-Recherchen, anschließend eine »Beurteilung der Lage«. Das Ergebnis: Ein Verdacht gegen die Eltern erschien »unwahrscheinlich«, ein Unglücksfall »möglich«, ein Kapitalverbrechen »wahrscheinlich«. Gleichwohl fehlten für alle Hypothesen Beweise. Also mussten zunächst tatsächliche und potentielle Zeugen befragt werden: die Familie Bracht, Verwandte, Nachbarn und alle Bewohner der Friesenstraße. Gegen 9.30 Uhr wurden drei Teams gebildet. Ihr Auftrag: »Verbesserung der Informationslage«.
    Fünf Minuten später meldete sich auf der Kriminalwache des Präsidiums telefonisch Franz Falenski. Der Mann wohnte in der Friesenstraße 11. »Es geht um das vermisste Mädchen, die Tanja Bracht«, begann der 71-Jährige etwas verlegen zu erzählen, »ich hab’ mit meiner Frau lange drüber geredet. Wir sind uns nicht ganz sicher, komisch ist das aber schon …« Der Kriminalbeamte hörte aufmerksam zu, stellte Fragen, machte sich eifrig Notizen. Es ging um ein verstopftes Abflussrohr und einen unbescholtenen Nachbarn, der »etwas Merkwürdiges« in einer Mülltonne versteckt haben sollte. Dann wiederholte Franz Falenski seine Bedenken: »Wir können uns das nicht vorstellen, und wir wollen auch niemanden anschwärzen, aber vielleicht hat das ja doch was mit dem Kind zu tun.«
    Wenige Minuten später erschienen zwei Kriminalhauptkommissare der »Rufbereitschaft« in der Friesenstraße. Sie befragten die Eheleute Falenski und ließen sich die Mülltonne zeigen. Was die Ermittler dort unter Abfällen versteckt fanden, nahm ihnen den Atem. Derartiges hatte keiner von beiden zuvor je gesehen. Doch sie erkannten sofort, worum es sich handelte, woher es stammte. Und sie wussten nun, was zu tun war. Es gab jetzt einen ungeheuerlichen Verdacht – und einen Verdächtigen. Der wohnte im zweiten Stock. Es war der Mann, der Tanja tags zuvor längere Zeit beobachtet hatte. Und der hatte bis zu diesem schwül-heißen Samstagmorgen des 3. Juli 1976 so unauffällig gelebt, als gäbe es ihn gar nicht.
    Um 10.05 Uhr klopften die Beamten an seine Tür. Die Kommissare hatten noch keine konkrete Vorstellung von dem, was sie in der Wohnung vorfinden

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