Ich Stell Mein Herz Auf Sommerzeit
Geschichte einnehmen und das Haus nur noch verlassen, wenn es einen Preis oder eine Ehrung entgegenzunehmen gilt, und alte Amateurfilme als Beweise für meine einstigen Hausfrauentugenden vorgeführt werden. Der Veteran der Waschküche sagt euch ein letztes Lebewohl.«
Mein Mann sagte: »Ehe du gehst: Könntest du den Hund beim Tierarzt abgeben und meine Jacke zur Reinigung bringen?«
Eigentlich hatte ich gedacht, mein Abschied würde mehr Erschütterung auslösen.
Großmuttersehnsüchte
Als Mutter bin ich in eine Art Generationsstrudel – mit Gegenströmung – geraten.
Ich schwimme in den Wassern der Tradition: Mit Achtzehn heiratet man, mit Neunzehn bekommt man sein erstes Kind, mit Einundzwanzig halst man sich eine lebenslängliche Hypothek auf.
Doch auf meinem Weg zur nächsten Generation kam mir eine Strömung der Freiheit und Unabhängigkeit entgegen, die durchaus nicht zu verachten war. Derzeit werde ich von einer Woge weggeschwemmt, in der es heißt: Warum eigentlich nicht erst mit Dreißig oder noch später heiraten?
Ich weiß es selber, ich bin ein personifizierter Widerspruch. Wenn sich meine erwachsenen Kinder nicht gleichzeitig satt essen UND sich einen sieben Jahre alten Gebrauchtwagen leisten können, freue ich mich, daß sie nicht verheiratet sind.
Wenn sie einen halben Wochenlohn für eine Konzertkarte für die Rolling Stones verpulvern, freue ich mich, daß sie nur für sich selbst zu sorgen haben.
Wenn sie eine neue Stufe der Vollkommenheit erklommen haben und das vorher nicht von sich geglaubt haben, bin ich ebenso stolz wie sie.
Doch es gibt durchaus Tage, da brauchen sie nur zur Türe hereinzukommen, und ich weiß wieder, auf welchen Gewässern ich ursprünglich segelte.
»Hallo! Tach, Mami.«
»Es ist Monatsende. Warum schaust du dich nicht nach einem Ehemann um, ehe alle guten Gelegenheiten ausverkauft sind?«
»Du hast doch immer gesagt, für mich sei keiner gut genug.«
»Da kannte ich dich noch nicht so genau. Wie wäre es denn mit dem netten Jungen, der zum Essen Wein bestellte?«
»Der? Der war oberflächlich, gefühlsroh, chauvinistisch, verheiratet und gab damit an, Brandstifter zu sein.«
»Nun ja, kein Mensch ist vollkommen.«
»Von dir hat er übrigens gesagt, du solltest zwanzig Pfund abnehmen.«
»Da hast du ja Glück gehabt, daß du diesem Unhold entgangen bist. Und was ist mit dem anderen netten Kerl, der Barry Manilow liebte?«
»Der meint, IRA ist die Abkürzung für Irische Räuber-Armee.«
»Und der reizende Junge, der noch bei seiner Mutter lebt?«
»Der meint, IRA sei ein Spülmittel.«
»Sei doch nicht so entsetzlich kritisch. Du quälst deine Mutter, willst mir etwas heimzahlen. Liegt es daran, daß ich klein bin und du kleine Menschen nicht magst? Oder hast du mir übel genommen, daß ich morgens nie aufgestanden bin, um dir Frühstück zu machen? Oder warum bist du heute so?«
»Soll ich mal raten, was du heute getan hast, Mom? Du hast irgend jemandes Enkelkind gesehen. Stimmt's?«
Das Kind ist zu schlau zum Heiraten.
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